AfD und Muslime: Reden hilft
Am Montag will sich AfD-Chefin Petry mit dem Zentralrat der Muslime treffen. Sie folgt einer klugen Einladung und spaltet die eigene Partei.
Jetzt zeigt sich, wie klug es war, die AfD zum Gespräch einzuladen: Die Einladung von Aiman Mazyek war souverän. Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime machte deutlich, dass er nicht zulassen will, dass die Rechtspopulisten die Debatte über den Islam in Deutschland an sich reißen – und so über die Köpfe der Betroffenen hinweg diskutieren.
Ein kluger Schachzug war es auch, weil er die Partei damit in eine Zwickmühle bringt. Denn der rechtsnationale Flügel der AfD möchte keine Gespräche führen, sondern „diese Lobby mit allen Mitteln bekämpfen“, wie es ihr Thüringer Hardliner Hans-Thomas Tillschneider unverblümt formuliert.
Offiziell behauptet die AfD ja, sie habe nichts gegen Muslime, sondern nur gegen den Islam. Doch in der Realität bleibt von dieser Wortklauberei wenig übrig, denn ihr völkischer Flügel lässt wenig Zweifel daran, dass er Muslime grundsätzlich nicht als gleichberechtigt anzuerkennen bereit ist – egal, wie religiös oder liberal sie sind.
Am Montag wird sich Parteichefin Frauke Petry in Berlin mit Mazyek treffen, während ihre Vorstandskollegin Alice Weidel in letzter Minute einen Rückzieher gemacht hat und dafür vom rechten Flügel bejubelt wird.
Religionsfreiheit für Muslime unter Bedingungen?
Daran lässt sich ablesen, wie gespalten die Partei ist. Und in den Ländern zeigt die AfD ihr wahres Gesicht. In Baden-Württemberg etwa verweigerte die Fraktion der neuen Landtagspräsidentin Muhterem Aras demonstrativ den Applaus, als diese in ihr Amt gewählt wurde. Ihre Abgeordnete Christina Baum nannte die Wahl der grünen Finanzexpertin einen Affront und ein „klares Zeichen“ für eine angebliche „Islamisierung Deutschlands“.
Dabei hat sich Aras nie über ihre Religion definiert und gehört der Minderheit der Aleviten an, von denen sich viele gar nicht als Muslime betrachten.
In Erfurt will die AfD den Bau einer Moschee mit Minarett verhindern, den die Ahmadiyya-Gemeinde dort in einem Gewerbegebiet in einem Vorort der Landeshauptstadt anstrebt, und arbeitet dabei eng mit dem lokalen Pegida-Ableger in Thüringen zusammen. Dass die Ahmadiyya-Bewegung eine friedliche und absolut gesetzestreue Strömung ist, deren Anhänger in ihrem Herkunftsland Pakistan von Fundamentalisten als „Abtrünnige“ angefeindet und verfolgt werden, solche Feinheiten interessieren Thüringens AfD-Chef Björn Höcke nicht.
Er fordert, die Religionsfreiheit für Muslime an Bedingungen zu knüpfen und den Bau von Moscheen grundsätzlich von Volksabstimmungen abhängig zu machen. Die baden-württembergische AfD-Chefin Alice Weidel fordert auf ihrer Facebook-Seite sogar dazu auf, die Ahmadiyya-Gemeinde insgesamt zu verbieten.
Grundgesetz als Geschenk
Ein Treffen von Frauke Petry mit Aiman Mayzek wird an diesen verhärteten Fronten nichts ändern, und das Ergebnis steht schon von vornherein fest. Petry wird auch danach behaupten, der Islam sei nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Und Mazyek wird erwidern, es sei vielmehr die AfD, deren Vorstellungen der Verfassung widersprechen, und ihr Rassismus vorwerfen.
Trotzdem kann ein solches Treffen ein Mittel sein, um all den Lügen, Verleumdungen und Halbwahrheiten der AfD etwas entgegenzusetzen. Wie man in so ein Treffen mit AfD-Politikern geht, hat unlängst die integrationspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Cemile Giousouf, vorgemacht.
Sie ist die erste muslimische Abgeordnete ihrer Partei im Bundestag, unlängst traf sie zu einem Streitgespräch mit AfD-Chefin Frauke Petry zusammen. Zur Begrüßung brachte sie ihr ein kleines, aber symbolträchtiges Geschenk mit: das Grundgesetz. Darin wird auf die Menschenwürde und die Religionsfreiheit verwiesen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Netzgebühren für Unternehmen
Habeck will Stromkosten senken