AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung: Geschenk für Erika Steinbach
Die AfD-nahe Parteistiftung hält sich mit Blick auf Fördermittel ideologisch gerne bedeckt. Eine Webseite von „Correctiv“ will das nun ändern.
Wer etwas über die personelle Zusammensetzung der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung wissen will, wird auf deren Website kaum fündig. Das Kuratorium ist dort nicht abgebildet, ebenso erfährt man über die politischen Hintergründe der handelnden Personen eher wenig – ideologische Einordnungen gibt es keine.
Verwunderlich ist das nicht. Die Stiftung, die aktuell auf eine Beteiligung an staatlichen Fördermitteln pocht, dient einer rechtsextremen Partei, die es mit Fakten und Transparenz nicht genau nimmt. Auch weil sie staatliche Fördermittel beantragt hat, will sie sich selbst verharmlosen – und macht das auch mit Intransparenz.
Ein wenig Licht ins Dunkel bringt seit Dienstagmorgen eine Website unter der Domain desideriuserasmusstiftung.de. Das gemeinnützige Medienhaus Correctiv hat die Adresse gesichert, um dort Informationen über die politischen Strömungen und das Personal der Stiftung zu veröffentlichen. So wird sichtbar, wer über bis zu 25 Millionen Euro jährlich verfügen könnte, falls die Stiftung Fördermittel erhält.
Kritiker*innen sehen in der politischen Ausrichtung der Stiftung und ihrer Personalpolitik Gründe, sie nicht zu finanzieren. Die neue Website sammelt bekannte Informationen über die Zusammensetzung und soll als Plattform dienen, um weitere Details zu veröffentlichen, die die Stiftung lieber verschweigen würde.
Hinlänglich bekannt ist bereits die Vorsitzende Erika Steinbach. Die einstige CDU-Politikerin, die selbst aus einer Vertriebenenfamilie kommt, hetzt seit einem guten Jahrzehnt vor allem gegen andere Flüchtlinge, sieht Deutschland auf dem Weg in den Totalitarismus. 2021 trat sie der damals schon radikalisierten AfD bei.
Gartenparty mit rechtsextremem Netzwerker
Im Mai 2025 soll Steinbach laut Correctiv eine Gartenparty veranstaltet haben, an der auch der rechtsextreme Netzwerker und Zahnarzt Gernot Mörig teilnahm. Mörig gilt als Drahtzieher des Potsdam-Treffens, bei dem sich AfD-Politiker sowie bekannte Rechtsextremisten über einen Masterplan „Remigration“ beraten haben. Steinbach hetzte zudem gegen den später ermordeten CDU-Politiker Walter Lübcke und ließ Mordaufrufe unter ihren Posts unkommentiert.
Weniger bekannt sind andere Vorstandsmitglieder wie der Vizevorsitzende Joachim Keiler. Dieser ist Beisitzer des AfD-Mittelstandsforums, das 2021 in einer Kampagne antisemitisch konnotierte Verschwörungsmythen über den „Great Reset“ verbreitete. Keiler ist Vizelandesvorsitzender der AfD Sachsen, die der Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextrem“ einstuft.
Auch die Vita des Schriftführers Thore Stein wirft Fragen auf: Er ist der Schwiegersohn von Gernot Mörig, sitzt als Abgeordneter im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern und tritt in Podcasts des rechtsextremen Vereins „Ein Prozent“ auf. Der Verfassungsschutz sieht in ihm einen Netzwerker des rechtsextremen Vorfelds. Im Landtag vergleicht Stein geschichtsrevisionistisch die drohenden ukrainischen Gebietsverluste an Russland mit den deutschen „Gebietsverlusten von 1945“.
In sozialen Medien wirbt Stein für den von Martin Sellner propagierten Begriff „Remigration“, dessen Konzept das Bundesverwaltungsgericht als verfassungsfeindlich einstuft. Zudem gehört er der pflichtschlagenden Alten Breslauer Burschenschaft der Raczeks an, die für ihre Verbindungen zur extremen Rechten und zur rechtsradikalen Deutschen Burschenschaft bekannt ist.
Absichtlich intransparent: das Kuratorium
Undurchsichtiger wird es dann beim Kuratorium. Karlheinz Weißmann, Mitbegründer des extrem rechten Instituts für Staatspolitik und einer der langjährigen Ideologen der völkisch-nationalistischen neuen Rechten, saß 2021 dem Kuratorium vor. Danach nahm die Stiftung die Zusammensetzung des damals rechten großen Gremiums von der Website, Änderungen sind seither allerdings nicht bekannt geworden.
Dass Weißmann der Vorsitzende war oder ist, verdeutlicht jedenfalls ideologische Grundtendenzen des Kuratoriums: Er soll die BRD als „Staat linksgrüner Gesinnungstherapeuten“ bezeichnet und für „politische Mimikry“ plädiert haben, um Anschlussfähigkeit zu wahren und „im Zweifel eher verfassungskonform“ aufzutreten. Demokratischen Pluralismus würde Weißmann ablehnen, sich stattdessen an autoritären Vordenkern des Nationalsozialismus wie Carl Schmitt oder auch NS-Apologeten wie Armin Mohler orientieren.
Correctiv vermutet zudem, dass der als prorussischer Aktivist geltende Jurij Kofner Mitglied der Stiftung ist. Dieser ist Mitarbeiter eines AfD-EU-Parlamentariers und wurde an der Moskauer MGIMO-Universität ausgebildet, einer Kaderschmiede des russischen Außenministeriums. Er weist Vorwürfe zurück, ein „Russland-Lobbyist“ zu sein.
Bevor der Erasmus-Stiftung die Zusammensetzung des Kuratoriums von ihrer Website nahm, waren dort rund 30 Personen vertreten. Darunter befanden sich der Werteunion-Politiker Max Otte, die ins Verschwörungsspektrum abgedriftete ehemalige DDR-Bürgerrechtlerin Angelika Barbe, der AfD-Bundestagsabgeordnete und Russlandreisende Rainer Rothfuß, der AfD-Mitgründer und Ökonom Joachim Starbatty sowie der AfD-Anwalt Ulrich Vosgerau.
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