piwik no script img

AfD in BerlinWir bleiben mal ganz sachlich

Warum man die AfD immer gleich verurteilt, anstatt ihr mal zuzuhören? Na gut, versuchen wir es mal anders!

Die Berliner AfD am Donnerstag im Abgeordnetenhaus Foto: dpa

Eine Chance für die AfD-Fraktion am Donnerstagmorgen: Der Raum für die Pressekonferenz im Abgeordnetenhaus ist voll besetzt, Kameras klicken um die Wette. Wenn die AfD ein „Konzeptpapier zur Verbesserung der Sicherheitslage und zur Abwehr von Terror in Berlin“ vorstellt, dann ist die Aufmerksamkeit eben groß, und die Freude darüber bei den Veranstaltern ebenso.

Moment! Wird das hier schon wieder so ein spöttelnder Text, ein Machwerk arroganter HauptstadtjournalistInnen, die die ganz normalen Sorgen der Bevölkerung nicht ernst nehmen und sich auf ihre Vorurteile verlassen, anstatt sich erst mal in Ruhe anzuhören, was die Berliner AfD zu sagen hat? Bloß nicht! Verlassen wir also die Metaebene und hören einfach zu, was die Vertreter der AfD fordern.

Sehr wichtig ist uns eine bessere Kriminalitätsstatistik. Die Nationalität von Tätern muss erfasst werden. Moment, das wird sie schon, sagen Sie? Hm.

Aber das reicht uns noch nicht: Wenn man sagt, Bettlerbanden sind rumänisch, dann stellt man alle Rumänen unter Pauschalverdacht. Besser sagt man, das sind Sinti und Roma.

Was gewonnen ist, wenn man 12 Millionen Sinti und Roma statt 19 Millionen Rumänen unter Pauschalverdacht stellt, fragen Sie? Ach, wir wissen doch, die kulturellen, also eben gewisse Prägungen … – na, Sie wissen schon.

Weil bestimmte Ethnien mehr Straftaten begehen, muss die Polizei die mehr im Auge behalten. Also, wenn ich weiß, dass die Georgier mehr Einbrüche begehen, und dann habe ich hier Georgier, die einreisen, dann behalte ich die eben im Auge.

Auf welcher Rechtsgrundlage, wollen Sie wissen? Also wirklich, wir wissen doch alle, dass bestimmte kulturelle Neigungen, also eben die ethnischen … – na, Sie wissen schon.

Überhaupt, ethnisches Profiling: sehr wichtig, das sage ich bewusst! Menschen bestimmter Herkunft muss man im Auge behalten. Ob das bedeutet, Menschen nur aufgrund ihrer Hautfarbe zu kontrollieren? Nein, so möchte ich das nicht verstanden wissen, aber es ist doch so, dass bestimmte, kulturelle, also eben ethnische … – na, Sie wissen schon.

Auch sehr wichtig: Verdächtige Moscheen müssen lückenlos überwacht werden. Was sagen Sie, was der Verfassungsschutz für verdächtig hält, überwacht er schon? Hm.

Aber Moment, wir haben hier noch eine sehr wichtige Sofortmaßnahme: Predigten in Moscheen dürfen nur noch auf Deutsch gehalten werden, solange die Verbreitung von Hassbotschaften nicht ausgeschlossen werden kann. Auf welcher Rechtsgrundlage? Ach, Sie immer mit Ihrer Rechtsgrundlage. Gut, die gibt es jetzt so nicht. Aber fordern kann man das ja wohl mal.

Und überhaupt, halten wir uns nicht mit Kleinkram auf! Das Land Berlin muss einen temporären Aufnahmestopp für alle Flüchtlinge erlassen! Was die Kollegen in Brandenburg dazu sagen? Also bitte, bleiben wir doch bei Berlin, das ist unser Zuständigkeitsbereich. Und wir können noch viel größer denken: Die europäischen Außengrenzen müssen gesichert werden! Wie, das fällt jetzt aber nicht in die Berliner Zuständigkeit? Ach, was soll’s!

Wirklich, der AfD immer mit diesen Vorurteilen zu begegnen, das ist doch schade. Wenn man sich einfach mal anhören würde, was die zu sagen haben, dann würde man schon merken, dass, also eben … – na, Sie wissen schon.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Ja genau, Artikel verhindern. Ich habe durchaus aufmerksam Ihren ganzen Kommentar durchgelesen, aber die letzten fünf Worte sind irgendwie hängen geblieben.

    • @Konrad Ohneland:

      Das sollte eine Antwort auf Hanksson werden, das muss mal in aller Klarheit gesagt werden.

  • "Na gut, versuchen wir es mal anders!" - leider hält das Artikelchen (gut ein Drittel dürfte wohl auch eher Zitat als Artikel sein, wenngleich die Autorinnen sich nicht die Mühe machen, sie als solche zu kennzeichnen) nicht, was es eingangs verspricht.

     

    Es wird wohl niemand erwarten, dass sich eine Redakteurin selbstständig mit den (durchaus existenten) Rechtsnormen, die Grundlagen und Grenzen polizeilicher Ermittlungsarbeit vorgeben, befasst. Könnte man (terminus technicus ist: Recherce), muss man aber nicht.

    Aber wenn man schon einen weitgehend recherchefreien Text abliefert, dann sollte man sich zumindest nicht auch noch entblöden, das gewollte Ergebnis ("AfD ist pfui") durch Verdrehung der Tatsachen herbeizureden. "Auf welcher Rechtsgrundlage? Ach, Sie immer mit Ihrer Rechtsgrundlage. Gut, die gibt es jetzt so nicht. Aber fordern kann man das ja wohl mal." Ja NATÜRLICH kann man das! Was glauben die Damen Gürgen und Hertzke eigentlich wie a) Gesetze zustande kommen, b) was die Aufgaben der Fraktionen im Gesetzgebungsverfahren sind. Zumindest rudimentärste Kenntnisse der Staatsorganisation hätten dieses Elaborat verhindern können.