AfD im Abgeordnetenhaus: „Der Tonfall ist rauer geworden“
Präsidentin Seibeld mahnt zu sachlicherer Debatte im Landesparlament. Grüne Kritik an Justizsenatorin Badenberg, die keinen AfD-Verbotsantrag will.

In einem Parlament dürften und sollten deutliche Worte fallen, gestand die Präsidentin im Gespräch mit der taz und anderen Medien zu – „die parlamentarische Auseinandersetzung hat jedoch Grenzen“. Beleidigende, strafrechtlich relevante Äußerungen und persönliche Diskreditierungen sollten tabu sein. „Wer gegen die parlamentarischen Gepflogenheiten verstößt, muss mit einer Rüge oder Ordnungsmaßnahme rechnen“, sagte Seibeld. Konkrete Formulierungen, die zu Rügen oder Ordnungsmaßnahmen führen, seien nicht definiert, zumal Sprache einem Wandel unterliegt.
Bei der Entscheidung über Ordnungsmaßnahmen gebe es einen weiten Ermessensspielraum, der die konkrete Situation und die Stimmung in der parlamentarischen Debatte berücksichtigt. „Am Ende geht es nicht um die Verhängung von Ordnungsrufen, sondern darum, wieder zu einer sachlichen Debatte zurückzukommen“, sagte Seibeld. Die AfD-Fraktion hatte sich mehrfach gerichtlich gegen Ordnungsmaßnahmen zu wehren versucht. Bei der Plenarsitzung am 28. März war kurz vor Sitzungsende ein AfD-Abgeordneter nach mehreren Ordnungsrufen von der Sitzung ausgeschlossen worden. Das war in dieser Wahlperiode zuvor nicht vorgekommen.
„Eine wehrhafte Demokratie muss in der Lage sein, sich vor Verfassungsfeinden zu schützen – das gilt auch für Verfassungsorgane wie das Abgeordnetenhaus von Berlin“, so Seibeld. Grundsätzlich müsse man die Resilienz der Verfassungsorgane ins Auge fassen und gegebenenfalls verbessern.
Über Pro & Contra eines Verbots der AfD diskutieren aus linker Perspektive Ricarda Lang, Angela Furmaniak, Thorsten Mense und Lukas Wallraff – am Mittwoch, 28.05.2025, 19:30 Uhr, in der taz-Kantine.
Der Eintritt ist frei, aber eine Platzreservierung erforderlich. Bitte nutzen Sie dafür das Reservierungstool von Pretix hier.
Die Veranstaltung wird auch Live gestreamt auf dem youtube-Kanal der taz.
🐾 Ricarda Lang ist ehemalige Vorsitzende des Bündnis 90/Die Grünen und Bundestagsabgeordnete.
🐾 Angela Furmaniak ist Rechtsanwältin und als Strafverteidigerin im Polizei- und Versammlungsrecht tätig. Sie ist im Vorstand des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins (RAV), der die Initiative „AfD-Verbot Jetzt!“ mitträgt.
🐾 Thorsten Mense ist Soziologe, Autor und als Journalist unter anderem für jungle World und Konkret tätig.
🐾 Lukas Wallraff ist seit 1999 bei der taz – zunächst im Inland und im Parlamentsbüro, jetzt in der Zentrale, und hatte zuletzt seine Skepsis zum AfD-Verbot beschrieben.
🐾 Lotte Laloire moderiert diesen taz Talk. Sie ist taz-Redakteurin und schreibt außerdem für Medien wie nd (Neues Deutschland), Tagesspiegel oder jungle World.
Grüne fordern bei Landesparteitag AfD-Verbotsantrag
Seibelds Parteifreundin, Justizsenatorin Felor Badenberg, hat sich bislang dagegen ausgesprochen, die Hochstufung der AfD zur Basis eines Verbotsantrags zu machen. Dies tauge nicht als Werkzeug für ein mögliches Verbotsverfahren gegen die Partei, war von ihr jüngst zu hören. Badenberg war vor ihrem Wechsel in die schwarz-rote Landesregierung Ende April 2023 Vizechefin des Bundesamts für Verfassungsschutz in Köln.
Bei den Grünen sorgt ihre Haltung für Verärgerung. Badenberg solle „endlich konsequent gegen Rechtsextremismus vorgehen“, sagte der Berliner Landesvorsitzende Philmon Ghirmai auf einem Parteitag am Samstag. „Leiten Sie ein Verbotsverfahren ein“, forderte er die Justizsenatorin auf. Das Gutachten selbst ist noch nicht offiziell veröffentlicht, aber etwa über das Politik-Magazin Cicero einsehbar.
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