piwik no script img

AfD droht mit Klage gegen Hannovers OBKlartext unerwünscht

Die Stadt Hannover hat die AfD als rechtsextrem bezeichnet. Nun fordert die Partei eine Unterlassungserklärung vom grünen OB Belit Onay.

Immer Ärger mit der AfD: Hannovers grüner Oberbürgermeister Belit Onay im Februar 2021 Foto: dpa | Ole Spata

Hamburg taz | Die AfD rechtsextrem nennen – das darf fast jeder, der oder die eine Meinung kundtun möchte. Eine Ausnahme bilden Minister und Bürgermeister, weil sie Hoheitsträger sind. Die Konsequenzen des Neutralitätsgebots bekommt nun der Oberbürgermeister von Hannover, Belit Onay von den Grünen, zu spüren.

Ein Pressesprecher der Stadt hatte die AfD im Gespräch mit der Neuen Presse als „rechtsextrem“ bezeichnet. Da die Pressestelle dem Oberbürgermeister direkt unterstellt ist, hat der Kreisverband der AfD Onay nun aufgefordert, eine Unterlassungserklärung abzugeben. Die Äußerung sei ein „dreister Verstoß gegen das Neutralitäts- und Sachlichkeitsgebot“, schreibt die AfD in einer Pressemitteilung.

Bereits vor der Beschwerde der AfD hatte es Ärger gegeben. Ende Juli hatte der Oberbürgermeister alle Fraktionsvorsitzenden aus dem Rat der Stadt eingeladen – auch den der AfD. Nachdem SPD und CDU sich öffentlich darüber beschwerten, wurde die AfD wieder ausgeladen. Es habe sich um ein Versehen gehandelt, sagte die Pressestelle der Stadt. Im Rahmen dieser Erklärung fiel auch der Satz, der Oberbürgermeister arbeite „selbstverständlich nicht mit Rechtsextremen zusammen“.

Ob nun eine Unterlassungserklärung des Oberbürgermeisters folgen wird, blieb bis Redaktionsschluss offen. Falls nicht, werde die AfD Klage erheben, heißt es in der Pressemitteilung der Partei.

Ein Oberbürgermeister ist gegenüber der Öffentlichkeit und der Presse immer im Dienst

Ulrich Karpen, Professor für Staats- und Verwaltungsrecht

Nach Einschätzung des Staatsrechtlers Ulrich Karpen von der Universität Hamburg stehen die Chancen der AfD in diesem Fall gut. Der Grund: „Ein Oberbürgermeister ist gegenüber der Öffentlichkeit und der Presse immer im Dienst“, sagt Karpen. Onay müsse sich deshalb immer an das Neutralitätsgebot halten.

Das Gleiche gelte für seinen Pressesprecher: „Ein Bürgermeister kann sich nicht immer selbst äußern, daher ist sein Pressesprecher an die gleichen Pflichten gebunden“, sagt der emeritierte Rechtsprofessor. Denn die AfD als Ganzes wurde bisher nicht als rechtsextrem eingestuft – zumindest nicht vom Verfassungsschutz.

Das Deutsche Institut für Menschenrechte (DIMR) in Berlin veröffentlichte Anfang Juli eine Studie, die die AfD als rassistische und rechtsextreme Partei einordnet. „In der Programmatik der Partei sind Positionen verankert, die sich eindeutig als rassistisch und rechtsextremistisch klassifizieren lassen“, sagt Hendrik Cremer vom DIMR. Dazu gehöre, dass Menschen allein aufgrund der Tatsache, dass sie Muslime sind, als Gefahr betrachtet würden, oder dass sich Leistungen aus der Rentenversicherung auf Deutsche beschränken sollten.

Die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags schreiben zum Thema Neutralitätsgebot für Hoheitsträger: „In der Demokratie des Grundgesetzes muss sich die politische Willensbildung von unten nach oben, also vom Volk zu den Staatsorganen vollziehen.“ Da Äußerungen von Hoheitsträgern größeren Einfluss haben, bestehe die Gefahr einer „Umkehrung des Willensbildungsprozesses“.

In der Vergangenheit gab es bereits einen ähnlichen Fall. So hatte sich der Düsseldorfer Bürgermeister Thomas Geisel (SPD) 2017 auf der Internetseite der Stadt gegen eine Demonstration der rechtspopulistischen „Dügida“-Bewegung positioniert, dem lokalen Ableger der Pegida. Das Bundesverwaltungsgericht sah hier das Sachlichkeitsgebot verletzt und erklärte die Aktion für rechtswidrig.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • "Eine Ausnahme bilden Minister und Bürgermeister, weil sie Hoheitsträger sind."

    Nein, denn die sollen ja auch nicht lügen.

    Wir alle wissen das es fast unmöglich ist mit unseren Gesetzen eine extreme rechtsnationale Partei, wie es die AFD nun einmal ist, zu verbieten. Und da es aus diesem Grund nie die rechtliche Feststellung geben wird das es Rechtsextreme sind, müssen deswegen ja nicht alle aufrechten Bürger das leugnen.

    PS: an die Braunhemden: beweist doch mal das Gegenteil. Alleine mit dem Volksverhetzer Gauland heute im Bundestag unmöglich.