AfD-Richter Jens Maier: Rechtsextremist behält Staatsknete
2022 musste der völkische AfD-Richter Maier in den vorzeitigen Ruhestand. Das Dienstgericht Leipzig entschied nun: Pensionsansprüche darf er behalten.
Seit Jahren ist der aus Bremen stammende Maier Sachsens Justizministerium ein Dorn im Auge. In der jetzigen Klage hatte das Ministerium ihm eine „schuldhafte Verletzung von Dienstpflichten“ in seinem früheren Richteramt vorgeworfen. Unter anderem bezieht sich die Disziplinarklage auf Äußerungen Maiers vom April 2017. Darin soll er über die Gewalttaten des norwegischen Terroristen Anders Breivik unter anderem öffentlich geäußert haben, dieser sei „aus Verzweiflung zum Massenmörder“ geworden – angesichts Einwanderung von „Kulturfremden“ und einer „Vermischung“ der Kulturen.
Zudem soll Maier über die ZDF-Journalistin Marietta Slomka auf seiner offiziellen AfD-Facebook-Seite geschrieben haben: „GEZ abschaffen, Slomka entsorgen!“. Dadurch habe Maier gegen das Mäßigungsgebot und die Verfassungstreuepflicht verstoßen, hieß es in der Klagebegründung. Maier hatte in der mündlichen Verhandlung die Vorwürfe zurückgewiesen.
An seiner Radikalität bestehen allerdings nie so wirklich Zweifel: Maier bezeichnete sich selbst als „kleiner Höcke“ und galt als einer der radikalsten Vertreter des völkischen AfD-Flügels. Seine verständnisvolle Aussage über den norwegischen Rechtsterroristen Breivik soll er einer Veranstaltung des extrem rechten Magazins Compact getätigt haben. Ein Video des Auftritts ist allerdings spurlos verschwunden. Bei einem Auftritt im Ballhaus Watzke forderte Maier in einer Rede 2017 zudem eine Abkehr von Mischvölkern und dem angeblichen „Schuldkult“ in Bezug auf die NS-Aufarbeitung. Seiner Gesinnung und der autoritär-nationalradikalen AfD ist Maier treu geblieben: Kürzlich tauchte Maier auch auf Fotos zusammen mit dem wegen Rechtsterrorverdacht festgenommenen AfD-Lokalpolitikers Kurt Hättasch auf.
Journalist hat Mitschrift nicht mehr
Befragt wurde am Donnerstag vor dem Dienstgericht auch der Journalist, der 2017 über Maiers Breivik-Zitat berichtete. Der hatte über die Rede Maiers in einem Beitrag im Internetauftritt des Vorwärts berichtet. Er berichtete davon, dass er die Veranstaltung und damit auch die Rede Maiers in einem Livestream verfolgt und unter anderem die Rede wortwörtlich mitgeschrieben habe. Deshalb seien die von ihm in dem journalistischen Beitrag von April 2017 zitierten Äußerungen Maiers auch so gefallen.
Über seine Notizen von der Rede Maiers verfüge er nicht mehr, da er seinen Computer und damit auch darauf befindliche Dateien bei einem Arbeitgeberwechsel habe zurückgeben müssen. Danach habe er mehrfach versucht, das Video des Livestreams zu erhalten, sei dabei aber erfolglos geblieben. Dem Gericht fehlten ohne das Video der Äußerungskontext. Das Zitat allein hätte so nicht sachgerecht bewertet werden können.
Maier, der bei der Verhandlung selbst vor Ort war, warf dem Journalisten vor, er habe mit seinem Beitrag einen Skandal herbeischreiben wollen. Der Journalist erwiderte, er habe eine solche Absicht nicht gehabt.
Für Skandale hat Maier allerdings schon selbst ausreichend gesorgt: Bereits vor seinem Einzug in den Bundestag 2017 vermischte er seinen Beruf mit seiner politischen Einstellung und griff als Richter in die Wissenschaftsfreiheit ein: So tätigte Maier 2016 einen Beschluss zugunsten der NPD und untersagte dem Forscher Steffen Kailitz vom Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung, über die rechtsextreme Partei zu schreiben, dass diese „rassistische Staatsverbrechen“ plane, obwohl es selbstredend genügend Belege dafür gibt und die Äußerung unter die Meinungsfreiheit fällt. Das Skandalurteil wurde später nach einem Widerspruch aufgehoben und die NPD-Klage im April 2017 endgültig abgewiesen.
Ebenfalls wurde der AfD-Richter 2019 zu einer Geldstrafe verurteilt, weil von seinem Twitter-Account Noah Becker rassistisch beleidigt wurde. Maier behauptete, dass ein Mitarbeiter den Tweet geschrieben hatte, musste an Becker aber dennoch ein Schmerzensgeld von 7.500 Euro zahlen.
BGH bestätigte vorzeitigen Ruhestand
Nachdem Maier 2021 für die AfD Sachsen den erneuten Einzug Bundestag verpasst hatte, wollte er wieder als Richter arbeiten. Normalerweise haben Beamte als ehemalige Abgeordnete einen Anspruch auf Rückkehr – und auch das für Staatsdiener geltende Mäßigungsgebot ruht während des Mandats. Dennoch war Maier mit seiner besonderen Radikalität und auch Aussagen außerhalb seiner direkten Tätigkeit als Bundestagsabgeordneter ein besonders krasser Fall.
Das sächsische Justizministerium erkannte den Rückkehranspruch Maiers 2022 zunächst an, strengte nach aber zehn Tage nach seiner Rückkehr ans Amtsgericht Dippoldiswalde sofort ein Disziplinarverfahren an, um eine „schwere Beeinträchtigung der Rechtspflege“ abzuwenden – zuvor hatte auch ein zivilgesellschaftlicher Aufschrei erheblich Druck gemacht.
Nach einer Hauptverhandlung im Dezember 2022 bestätigte das sächsische Dienstgericht den Rausschmiss Maiers. Begründung: Maiers Tätigkeit als Obmann des rechtsextremen AfD-Flügels sowie seine zahlreichen radikalen Äußerungen während Wahlkampfauftritten und in Reden. Durch Maier als Richter würde die Justiz in hohem Maße Schaden nehmen. Er wurde vorzeitig in den Ruhestand versetzt, seine Bezüge aber behielt er.
Im Oktober 2023 bestätigte auch der Bundesgerichtshof das Berufsverbot für den „kleinen Höcke“. Richter müssten „jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes“ eintreten. Das sei mit seiner Tätigkeit als Obmann des AfD-Flügels nicht gegeben.
Seine Tätigkeit als Obmann war ihm im jetzigen Disziplinarklageverfahren aber nicht zur Last gelegt. Es sei damit nicht Gegenstand des Verfahrens geworden, hieß es in einer Mitteilung des Dienstgerichts.
Maier hatte seit 1992 für die sächsische Justiz gearbeitet. Erneut für den Bundestag kandidieren will Maier aus gesundheitlichen Gründen nicht, wie er mittlerweile bekannt gab. (mit dpa, epd)
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