AfD-Politiker verwendet falschen Titel: Der unbekannte Professor
Gunnar Beck, Kandidat der AfD bei den Wahlen für das EU-Parlament, schmückt sich mit akademischen Titeln, die er nicht hat. Das ist eine Straftat.
Beide Bezeichnungen sind offenbar falsch: An der SOAS-Universität in London, wo Beck unterrichtet, wird er als Reader geführt – ein Rang, der sich nicht mit dem deutschen Titel eines Professors gleichsetzen lässt, wie das nordrhein-westfälische Wissenschaftsministerium bestätigte.
Im Wikipedia-Eintrag zu Beck fand sich außerdem die kurz vor seiner Nominierung hinzugefügte Angabe, die Universität Sussex habe ihn 2016 zum Professor ernannt – laut Angaben der englischen Hochschule hat Beck dort nicht einmal gearbeitet.
Auch die Bezeichnung „Fachanwalt für Europarecht“ führt in die Irre. Die Bezeichnung Fachanwalt ist berufsrechtlich geschützt und setzt eine Weiterbildung in einem von 23 festgelegten Bereichen voraus. Europarecht gehört nicht dazu.
Vorwurf Rechtsbruch
Beck könnte sich strafbar gemacht haben: Der „Missbrauch von Titeln, Berufsbezeichnungen und Abzeichen“ ist eine Straftat. Britta Haßelmann, parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, warf Beck am Dienstag Rechtsbruch vor.
Der Verfassungsblog hatte bereits am Wochenende über den Fall berichtet, am Dienstag wurde er dann zuerst vom Deutschlandfunkaufgenommen. Beck verteidigt sein Verhalten in einer Stellungnahme: Es sei üblich, dass Menschen mit der Berufsbezeichnung Reader im Ausland den Titel Professor verwendeten. Er habe „juristisch einwandfrei und inhaltlich richtig gehandelt“.
Auf der Website der AfD wurde die Bezeichnung Gunnar Becks am Dienstag dennoch von „Prof. Dr. Beck“ in „DPhil Barrister-at-Law Gunnar Beck“ geändert. Bastian Behrens, Pressesprecher der AfD, erklärte dazu auf taz-Anfrage, es sei auch vorher „alles völlig korrekt“ gewesen, da der Professor lediglich als Berufsbezeichnung, nicht jedoch als akademischer Titel gemeint gewesen sei.
Die Formulierung „Prof. Dr.“ sei jedoch „ärgerlich, sozusagen etwas falsch, weil sie ein bisschen den Eindruck erweckt, es könnte sich um einen Titel handeln“. Das sei aber nur durch einen „Kommunikationsfehler“ entstanden.
Korrektur nicht mehr möglich
Eine Korrektur der Angaben zu Beck auf den Wahlunterlagen, wo er ebenfalls als Prof. Dr. Gunnar Beck geführt wird, ist nach Angaben des Bundeswahlleiters nicht mehr möglich.
Möglicherweise könnte der Wirbel um Beck auch für Probleme an seinem Arbeitsplatz sorgen. Angehörige der als eher links geltenden Londoner SOAS (School of Oriental and African Studies) diskutierten am Dienstag auf Twitter, warum das College überhaupt einen AfD-Politiker beschäftigt.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alles zur Bundestagswahl
Lindner und die FDP verabschieden sich aus der Politik
Wahlsieg der Union
Kann Merz auch Antifa?
Totalausfall von Friedrich Merz
Scharfe Kritik an „Judenfahne“-Äußerungen
FDP bei der Bundestagswahl
Lindner kündigt Rückzug an
Wahlergebnis der AfD
Höchstes Ergebnis für extrem Rechte seit 1945
Bundestagswahl 2025
Mehr gewollt und links verloren