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AfD-Parteitag in RiesaAfD will EU-Parlament abschaffen

Die Rechtspopulisten beschließen ihr Programm für die Europawahl. Die Parteispitze bemüht sich um Mäßigung – setzt sich aber nur zum Teil durch.

Beatrix von Storch fordert in Riesa von ihrer Partei: „eine Tonspur runter“ Foto: dpa

Riesa taz | Alexander Gauland gab am Sonntagmorgen beim Europa-Parteitag im sächsischen Riesa die Marschrichtung vor. Inhaltlich und stilistisch. In seiner ­kurzen Rede forderte der AfD-Parteichef die Delegierten – auch mittels Verweisen auf Niet­zsche, Bismarck und Franz Josef Strauß – bei der Entscheidung über das Europa-Wahlprogramm zur Mäßigung auf.

Dabei verzichtete er, anders als sonst, auf medienwirksame Provokationen. „Ich glaube, es ist nicht klug, in so einer Situation mit einer Maximalforderung in die Wahl hineinzu­gehen“, sagte Gauland mit Blick auf mögliche Verwerfungen rund um den Brexit. Ein chaotischer Austritt Großbritanniens könne auch WählerInnen in Deutschland beeinflussen. Ziel der AfD sei nicht, die Europäische Union abzuschaffen, sondern „auf den Kern zurückzuführen“.

Damit sprang Gauland seinem Co-Vorsitzenden Jörg Meuthen bei, der eine Änderung zum Leitantrag der Programmkommission eingebracht hatte. Meuthen wollte unbedingt die Forderung streichen, dass Deutschland aus der EU austritt, falls sich diese nicht innerhalb von fünf Jahren sehr radikal im Sinne der AfD verändert. Nach kontroverser Debatte verabschiedeten die Delegierten einen Kompromiss in Meuthens Sinn. Im Wahlprogramm heißt es jetzt, ein Austritt sei notwendig, sollte die EU nicht „in angemessener Zeit“ reformiert werden. Eine deutlich dehnbarere Formulierung als die ursprüngliche.

Gleich darauf aber verschärften die Delegierten den Leitantrag – und damit eine jener notwendigen Veränderungen. So ist jetzt nicht mehr Ziel, das EU-Parlament zu verkleinern und seine Kompetenzen größtmöglich zu beschneiden. In ihrem Wahlprogramm fordert die AfD nun dessen ersatzlose Abschaffung.

Zähes Wahlverfahren

Die Delegierten tagen bereits seit Freitagmittag. In den ersten beiden Tagen hatten sie in einem sehr zähen Verfahren und mit zahlreichen gänzlich aussichtslosen Bewerbungen weitere sieben KandidatInnen für die Europawahl aufgestellt.

Darunter sind Thorsten Weiß (Platz 14), ehemaliger Chef der Jungen Alternative in Berlin und Mitglied im dortigen Abgeordnetenhaus, und der sachsen-anhaltische Landtagsabgeordnete Hans-Thomas Tillschneider (Platz 19), bislang Sprecher der Patriotischen Plattform. Beide haben gute Kontakte zur rechtsextremen Identitären Bewegung und stehen am äußersten rechten Rand der Partei.

Auf der Liste stehen aber auch KandidatInnen, die innerhalb des AfD-Spektrums als gemäßigt gelten. Spitzenkandidat ist Jörg Meuthen, er wurde bereits Mitte November auf einem ersten Europa-Parteitag in Magdeburg gewählt. Nach der Programmdebatte, wollen die Delegierten bis Montagabend weitere Listenplätze besetzen. Das Ziel sind 40, was angesichts der fortgeschrittenen Zeit aber unrealistisch ist.

„Eine Tonspur runter“

Inhaltlich bemühte sich die Parteispitze in Riesa sehr um einen gemäßigten Ton. Man müsse „eine Tonspur runter“ sagte die Bundestagsabgeordnete Beatrix von Storch. Es gehe darum, bürgerliche WählerInnen zu erreichen. Nicht nur Gauland, auch Meuthen und der sächsische Landeschef Jörg Urban, der Spitzenkandidat für die Landtagswahl im Herbst werden will, hielten sich zurück.

Die AfD sei eine „Volkspartei“ geworden, sagte Urban, „in der sich liberale Patrioten genauso engagieren wie sozial engagierte Patrioten“. Damit zielte er wohl auch auf den Austritt von Partei-Rechtsaußen André Poggenburg ab, der am Rande des Parteitags heftig diskutiert wurde.

Am Samstag begleiteten Proteste den Parteitag. Nach Polizeiangaben versammelten sich mehrere hundert Menschen vor der Halle, die Veranstalter schätzten die Teilnehmerzahl auf 1.300 bis 1.500.

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9 Kommentare

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  • EU-Parlament ist eine reine Abnickbude. Formell und verfahrenstechnisch.

    • @agerwiese:

      Zu einer solchen Einschätzung kann nur kommen, wer sich nie die Mühe macht, die Prozesse im Eurpopaparlament zu folgen. Das liegt zu einem Teil daran, dass Europa medial darauf reduziert wird, was bei den in Szene gesetzten Auftritten des Ministerrats hinter verschlossener Tür und für die Öffentlichkeit nicht einsehbar beschlossen wird. Wenn man das Parlament abschafft, ist die Demokratie in Europa am Ende.

      • @Gerhard Roth:

        Doch die Mühe habe ich mir gemacht und gerade deswegen komme ich zu solchem Schluss. EU-Parlament hat z.B. kein Initiativrecht - das liegt fast ausschließlich bei einem höchst undemokratischen Organ: der Kommission. Die Abstimmungen im Parlament erfolgen oft in Sekundenschnelle und deren Ergebnis wird oft genauso schnell "optisch" ausgewertet.

  • 9G
    91672 (Profil gelöscht)

    Mit 'Eine Tonspur runter' meinte Frau von Storch warscheinlich damit zurück zu den Grundlagen des Deutschseins und zum deutschen Bürgertum. Und zum 'Ton', wie sich ein echt Deutscher äußert. Der tiefe Baß ist warscheinlich ihr Ziel, wo auch 'die bürgerlichen Wähler' sitzen und auf die AfD warten.

    • @91672 (Profil gelöscht):

      ich verstehe eine tonspur runter als message an die (viel zu vielen) extrem- und ultrarechten in ihrer partei, damit sie auf dem parteitag nicht so irre sachen fordern wie ´alle moslems ausweisen´ oder ´aus der EU austreten´. weil ganz so irre schaetzt sie wohl auch nicht das gros der 15-20% waehlerschaft der so-called buergerlichen ein.



      hat aber scheinbar nix genuetzt.

  • Ein Parlament abschaffen, das klingt nach weniger Demokratie. Man kann durchaus Demokratiedefizite beim EU-Parlament bemängeln - wie z.B. Ungleichheit der Wahl. Ohne das Parlament wird es jedoch undemokratischer. Ohne EU-Parlament gingen wir zurück in die Zeit, in der das EU-Parlament bedeutungslos war. Damals entschied der Ministerrat alles. Die Exekutive hatte in Europa legislative Befugnisse. Die Entscheidungen waren nachher für die nationalen Parlamente bindend.



    Das wäre nicht das Ende der Demokratie, aber eine deutliche Machtverschiebung zur Exekutive. Meistens fordern dies Präsident*innen, die ihre Macht ausweiten wollen. Dass eine Oppositionspartei dies fordert, sollte uns zu denken geben: Wer als Opposition das Parlament nicht schätzt, wird es als Regierende sicher auch nicht tun.

  • Die gute v.Storch möchte auch auf Kinder an den Grenzen schießen lassen. Was darf es denn noch sein?

  • Schön, dass man/frau schon vorab den Autor des Artikels kennt. Dieser Artikel von Fr. Orde ist sachlich und nüchtern , ohne das übliche TAZige Andersdenkendebasching. Danke.



    Mit der Forderung die EU auf Kerninteressen zu schrumpfen, wird die AfD auftrumpfen. Soviel steht fest. Ottonormalbürger nervt die EU mittlerweile.

    • @lulu schlawiner:

      Und deswegen soll die Kommission erhalten, aber das einzig einigermaßen demokratisch gewählte Gremium auf EU-Ebene abgeschafft werden. Wenn Ottonormalbürger von Demokratie genervt wäre, könnte man ihm auch nicht mehr helfen. Ich glaube aber, Sie liegen mit Ihrer Einschätzung falsch.