Tausende protestieren gegen AfD-Parteitag: „Omas gegen rechts“ marschieren mit

Etwa 2.500 Menschen haben am Samstag in Magdeburg gegen den AfD-Parteitag demonstriert. Unterwegs mit dem Protestzug.

Demonstration in Magdeburg mit Protestbanner: Gegenhalten

„Wir müssen dem Rechtsruck etwas entgegensetzen“, sagt einer der Protestierenden Foto: Fritz Engel/Zenit

MAGDEBURG taz | Bereits zwei Stunden vor Beginn der Proteste gegen den Bundesparteitag der AfD sind 13 Polizeiwagen vor dem Magdeburger Hauptbahnhof zu sehen. Es nieselt ein wenig, einige Menschen sitzen in einer Bäckerei gegenüber vom Bahnhof, um nicht nass zu werden. „Entschuldigung, was steht denn da auf Ihrem Banner?“ fragt eine ältere Frau eine andere am Nebentisch. „Omas gegen rechts“ antwortet diese stolz. „Na, das finden wir ja super“, antwortet Erstere und zeigt auf ihre noch deutlich ältere Begleitung. „Sie hat das ja noch alles miterlebt damals. Rechte, die mögen wir nicht“, sagt sie etwas lauter in das Ohr ihrer Nachbarin. Die alte Dame nickt zustimmend.

Es ist Samstag, der zweite und größere Protesttag in Magdeburg. Um kurz vor zwölf Uhr füllt sich der Bahnhofsvorplatz. Gerade standen noch einige Menschen schüchtern unter Bäumen und Bedachungen, doch schnell werden unzählige Regenschirme aufgeklappt, Kapuzen übergezogen und es kann losgehen. „Björn Höcke ist ein Nazi“ steht auf unzähligen Schildern sowie „Stoppt die Brandstifter“ oder „Rassismus ist keine Alternative“.

„Menschen mit unterschiedlichen Meinungen sind hier zusammengekommen, aber alle stellen sich heute gemeinschaftlich gegen die AfD“, ruft jemand von einem der Demonstrationsfahrzeuge durch ein Megafon. Die Linke, Grüne, Jusos, die Antifa, Bündnisse, Vereine und sogar Unternehmen sind nicht nur aus Magdeburg, sondern teilweise aus ganz Deutschland gekommen, um gegen den Bundesparteitag der AfD zu protestieren.

Der Protestzug setzt sich in Bewegung, und die Landeshauptstadt wird so laut und voll, wie es nur selten der Fall ist. Laut Schätzungen des MDR sind etwa 2.500 Menschen vor Ort. Die meisten sind auf dem größeren Protestzug, der einmal quer durch die Innenstadt läuft und am Jerichower Platz unweit des Parteitages der AfD endet. Der zweite kleinere Protestzug wird mit lauter Technomusik als Rave abgehalten und bewegt sich bis in den späten Nachmittag durch die gesamte Stadt. Über den Himmel zieht ein Flugzeug mit dem Banner „Solidarität statt Hetze“.

Einen Tag zuvor kreiste es noch mit der Aufschrift „Scheiß AfD“ über der Magdeburger Innenstadt und den Parteitag. Am Rande der Proteste sieht man immer wieder vereinzelt Menschen, die etwas die Nase rümpfen oder den Ord­ne­r*in­nen deutlich klarmachen, dass sie auf keinen Fall zu dem Demonstrationszug gehören, sondern nur vorbeilaufen möchten. Von richtigen Gegenprotesten fehlt jedoch jede Spur.

„Viel mehr Menschen als gedacht“

Der Regen hat mittlerweile aufgehört und auf einem kurzen Stopp der Demo werden fleißig Anti-AfD-Sticker ausgetauscht, Parolen gesungen und Snacks geteilt. Am Jerichower Platz wird bis in die Abendstunden Krach gemacht, um den Parteitag zu stören. „Ich bin superzufrieden mit der Demo heute“, sagt Vera von der Linksjugend Magdeburg. „Es waren viel mehr Menschen da, als ich gedacht hätte. Es war ein breites Bündnis aus Parteien, aus Gewerkschaften, aus Jugendverbänden und anderen Gruppierungen. Und es ist total schön zu sehen, dass wir auch zusammen funktionieren können“, ergänzt sie. Ihr sei vor allem wichtig, den „Kampf“ gegen die AfD nicht nur im Parlament zu führen, sondern auch auf der Straße.

Zu den Protesten aufgerufen hat das lokale Bündnis Solidarisches Magdeburg. Joschie, der nicht mit seinem echten Namen genannt werden will, ist Teil des Kernteams. Schon seit Monaten bereiten sie sich auf den Parteitag der AfD vor und haben die Versammlung, Kundgebungen und Konzerte auf dem Jerichower Platz organisiert. „Die Proteste sind extrem wichtig. Wir sehen es an den Umfragewerten von der AfD aktuell. Die sind explodiert, auch im Vergleich zu den letzten Jahren“, erklärt Joschie. „Wir müssen dem Rechtsruck und der Faschisierung der Gesellschaft etwas entgegensetzen und zeigen, dass die AfD nicht zum demokratischen-politischen Spektrum zählen kann oder sollte.“ Die Partei stelle ein großes Problem für die Gesellschaft dar.

Dass so viele Menschen gekommen sind, mache ihn „mega happy“. In Städten wie Berlin oder Köln wäre das vermutlich keine Kunst. Für Magdeburg als wenig wahrgenommene ostdeutsche Landeshauptstadt, in der kaum ein ICE hält, ist dieser Tag etwas Besonderes – und ein starkes Zeichen gegen die immer weiter wachsende AfD.

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