AfD-Parteichef Jörg Meuthen: Ein neuer Job in Brüssel?
Der Stuttgarter Fraktionschef könnte ins EU-Parlament wechseln, heißt es in der Partei. In Brüssel hat die AfD noch genau einen Sitz.
Viel spricht dafür, dass Meuthen den Landtag verlassen und in das EU-Parlament wechseln wird. Das erfuhr die taz aus Parteikreisen. AfD-Sprecher Christian Lüth wollte dies am Montag weder bestätigen noch dementieren. Nur so viel: Meuthen werde sich am Dienstag dazu äußern.
Weil die bisherige Europaabgeordnete Beatrix von Storch in den Bundestag eingezogen ist, haben die Rechtspopulisten im EU-Parlament einen Sitz zu vergeben. Gleichzeitig Abgeordnete in Berlin und Brüssel zu sein ist nicht zulässig. Da auch Marc Jongen und Paul Hampel, die als mögliche Nachrücker auf der Europa-Liste der AfD stehen, in den Bundestag eingezogen sind, kommt nun Listenplatz 10 zum Zug: Meuthen.
Der AfD-Chef hatte im Gespräch mit der taz vor zwei Wochen eingeräumt, einen Wechsel von Stuttgart nach Brüssel zu erwägen. Schließlich sei es wichtig, dass die AfD sich dort so gut wie möglich aufstelle.
Die AfD war 2014 mit sieben Sitzen ins Europa-Parlament eingezogen. Doch von diesen ist nur noch einer übrig. Erst verließen Bernd Lucke und seine Anhänger die AfD und nahmen ihre Mandate mit, zuletzt ging Marcus Pretzell, der Ehemann von Frauke Petry. Pretzell will sowohl sein Mandat in Brüssel als auch im Düsseldorfer Landtag behalten.
Mit der Frraktion geht es bergab
Bleibt also nur der eine Sitz, der jetzt vakant ist – und der zu einer Fraktion gehört, mit der es auch noch bergab geht. Von Storch war im Frühjahr 2016 in die EFDD-Fraktion um den britischen Rechtspopulisten Nigel Farage von der Ukip gewechselt. Nach dem Brexit aber wird die Ukip künftig nicht mehr im EU-Parlament vertreten sein, das 2019 neu gewählt wird.
Für den einen AfD-Abgeordneten im Europa-Parlament gibt es also viel zu tun. Das könnte eine Motivation Meuthens sein. Hinzu könnte aber auch kommen, dass sein Job als Fraktionschef im Stuttgarter Landtag alles andere als vergnügungsteuerpflichtig ist. Erst konnte sich der Wirtschaftsprofessor in der Auseinandersetzung um die antisemitischen Ansichten des AfD-Landtagsabgeordneten Wolfgang Gedeon nicht durchsetzen, infolge des Streits spaltete sich die bis dahin 23-köpfige Fraktion. Inzwischen hat sie sich wiedervereint, Gedeon und eine weitere Abgeordnete sind nun fraktionslos. Intern aber herrscht weiterhin Streit.
Zuletzt hatte der Abgeordnete Heinrich Fiechtner einen Rechtsstreit gegen seine Fraktion gewonnen. Diese hatte ihm nach Meinungsverschiedenheiten Redeverbot im Plenum erteilt und ihn aus zwei Ausschüssen abgezogen. Das sei nicht rechtens, urteilte das Landesverfassungsgericht.
Meuthen will auf dem Bundesparteitag Anfang Dezember als Parteichef wiedergewählt werden. Nach dem Abgang seiner ehemaligen Co-Sprecherin Frauke Petry steht er derzeit allein an der Spitze. Zieht Meuthen ins entfernte Brüssel, könnte dies intern seinen Einfluss schwächen – zumal er schon seit einem Jahr nicht mehr Landesvorsitzender in Baden-Württemberg ist. Und die Bundestagsfraktion sich zum eigentlichen Kraftzentrum der Partei entwickelt.
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