AfD-Fraktion in Berlin: Der erste geht schon von Bord
Der wegen seiner rechtsextremen Vergangenheit umstrittene Abgeordnete Kay Nerstheimer verzichtet auf die Mitgliedschaft in der AfD-Fraktion.
Schon kurz nach der Wahl ist der Berliner AfD-Fraktion der erste Abgeordnete verloren gegangen. Der wegen der früheren Mitgliedschaft in einer rechtsextremistischen Gruppe umstrittene Kay Nerstheimer habe bereits am Dienstag seinen Verzicht auf die Mitgliedschaft in der AfD-Fraktion erklärt, teilte die Partei am Mittwochabend mit.
Nerstheimer hat in Lichtenberg eines der fünf Direktmandate für die Rechtspopulisten geholt. Er soll dem Abgeordnetenhaus künftig als unabhängiger Abgeordneter angehören – „voraussichtlich“, wie Parteisprecher Ronald Gläser, ebenfalls Abgeordneter, erklärte. Die rechtspopulistische AfD war bei der Wahl auf 14,2 Prozent gekommen. Ihre Fraktion hat mit dem Austritt Nerstheimers noch 24 Abgeordnete.
Am Montag hatte der AfD-Landesvorsitzende Georg Pazderski bestätigt, dass Nerstheimer 2012 Mitglied der „German Defence Leage“ war. Die Gruppe gilt als rechtsextremistisch und islamfeindlich. Als die Organisation 2013 ins Visier des Bremer Verfassungsschutzes geraten sei, so Pazderski weiter, habe Nerstheimer seine Aktivitäten für die Gruppe allerdings schon beendet gehabt.
Dennoch schlug die braune Vergangenheit Nerstheimers nach der Abgeordnetenhauswahl am Sonntag hohe Wellen. Die AfD-Fraktion, die sich am Dienstag und Mittwoch konstituiert hat, dürfte über den Verzicht des Rechtsaußens deswegen nicht unglücklich sein. Sollte Nerstheimer gänzlich auf sein Direktmandat verzichten, würde ein AfD-Kandidat von der Landesliste nachrücken. Ob gegen Nerstheimer auch ein Parteiausschlussverfahren läuft, ist weiterhin unklar. Nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung will sich der AfD-Bundesvorstand bei seiner nächsten Sitzung im Oktober mit dem Fall befassen.
Auch ohne Nerstheimer gehören der Fraktion politisch äußerst rechts einzuordnende Mitglieder an: Gläser etwa arbeitete als Redakteur für die Rechtspostille Junge Freiheit, ein Sprachrohr der Neuen Rechten. Andreas Wild aus Zehlendorf hatte erklärt, Flüchtlinge sollten in Bretterverschlägen auf „ein paar Quadratkilometern Heide“ untergebracht werden. Thorsten Weiß wiederum pflegt enge Kontakte zu Partei-Rechtsaußen Björn Höcke, derzeit AfD-Fraktionschef in Thürigen. Gunnar Lindemann hat in Marzahn-Hellersdorf mehrfach an rechtsextremen Aufmärschen teilgenommen.
Zum Fraktionschef der AfD-Fraktion wurde Pazderski gewählt, stellvertretende Vorsitzende sind Kristin Brinker, Karsten Woldeit und Ronald Gläser. Parlamentarischer Geschäftsführer ist Frank Hansel.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Spardiktat des Berliner Senats
Wer hat uns verraten?