AfD-Bundesparteitag in Kalkar: Auflagen im Gesicht

600 Delegierte der AfD treffen sich am Wochenende zum Bundesparteitag. Könnte die rechte Versammlung am Bruch der Hygienevorschriften scheitern?

Ein Kühlturm hinter Schranken und Deutschlandfahnen

Reizvolle Gegend: der Freizeitpark am einstigen AKW-Standort Kalkar, in dem sich die AfD trifft Foto: Marcel Kusch/dpa

BERLIN taz | 20 Leute hat das Ordnungsamt Kalkar zum Einsatz an diesem Wochenende zusammengetrommelt, dabei hat das Amt der kleinen Stadt selbst nur drei MitarbeiterInnen. Doch die, das war schnell klar, würden kaum ausreichen, um jene Großveranstaltung zu kontrollieren, die an diesem Samstag ab 10 Uhr im „Wunderland“, einem Freizeitpark am Ufer des Rheins zusammenkommt: der Bundesparteitag der AfD.

Andere Parteien haben wegen Corona ihre Zusammenkünfte verschoben (die CDU) oder digital durchgeführt (die Grünen). Die AfD, in der viele die Schutzmaßnahmen skeptisch sehen oder sie gleich unterlaufen, will allen Gesundheitsrisiken zum Trotz aber einen Präsenzparteitag durchführen. Weil für Parteien in der Coronaverordnung des Landes NRW Ausnahmeregeln gelten, konnte die Stadt die Veranstaltung nicht verbieten.

Und so werden auf dem Gelände des nie in Betrieb gegangenen „Schnellen Brüters“, wo heute ein Freizeitpark samt Kongresszentrum steht, bis zu 600 Delegierte zusammen kommen, dazu JournalistInnen, Sicherheitskräfte, Servicepersonal – und vor der Tür eine Gegendemo mit vielleicht 1.000 DemonstrantInnen.

Die Stadt hat der AfD ein strenges Hygienekonzept auferlegt, zu dem auch eine umfassende Maskenpflicht gehört. Eine Klage der Partei gegen die Maskenpflicht am Platz scheiterte am Freitag vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster. Die Delegierten müssen also, auch wenn sie den Mindestabstand einhalten, eine Alltagsmaske tragen. Die große Frage ist nun, ob sich die AfDlerInnen, die Corona zum Teil für eine „leichte Grippe“ (Paul Hampel) und die Maske für einen „Maulkorb“ (Hansjörg Müller) halten und von denen ein beträchtlicher Teil mit den Corona-Skeptikern von der „Querdenken“-Bewegung sympathisiert, die vorgeschriebenen Hygieneauflagen einhalten wird.

Das Kalkarer Ordnungsamt hat angekündigt, dies scharf zu kontrollieren – und bei massiven Verstößen die Veranstaltung abzubrechen. Dann hätte die AfD nicht nur mehrere Hundertausend Euro in den Sand gesetzt, sondern auch ein Imageproblem: Eine Partei, die im Bundestag und in allen Landesparlamenten sitzt und den anderen Parteien permanent Unfähigkeit vorwirft, sollte doch eigentlich in der Lage sein, einen Parteitag ordnungsgemäß durchzuführen.

Meuthen droht mit Rausschmiss

Um dies zu verhindern, hat die AfD-Spitze sich deshalb im Vorfeld mit einem Schreiben an alle Delegierten gewandt und betont, wie wichtig die Einhaltung der Hygienemaßnahmen sei. Man werde diese auch durchsetzen, sagte Parteichef Jörg Meuthen der taz: „Wenn jemand sich den Hygienebestimmungen verweigert, müssen wir ihn rausschmeißen.“ Es könnte aber sein, dass all dies am Samstagvormittag erst einmal den Parteitag bestimmt – denn ohne Diskussion wird so mancher Delegierter all das vermutlich nicht hinnehmen.

Laut Tagesordnung sollen zunächst die beiden Vorsitzenden sprechen, das zerrüttete Verhältnis zwischen Meuthen und Tino Chrupalla zeigt die tiefe Spaltung der Partei. Dann werden zwei Mitglieder des Bundesvorstands neu gewählt: Ein Nachfolger für den auf Betreiben Meuthens aus der Partei ausgeschlossenen Rechtsextremisten Andreas Kalbitz, der Landeschef in Brandenburg und Beisitzer im Bundesvorstand war, und ein Ersatz für den im Januar zurückgetretenen Bundesschatzmeister.

Zumindest bei der Kalbitz-Nachfolge könnte es zu einer Kampfabstimmung zwischen VertreterInnen der beiden Lager kommen. Die Mehrheitsverhältnisse unter den Delegierten gelten als unsicher – auch weil man nicht weiß, wer wegen Corona doch lieber zu Hause bleibt oder es möglicherweise auch muss.

Inhaltlicher Schwerpunkt soll die Sozialpolitik sein, die Partei will sich unter anderem ein Rentenkonzept geben und über ein „Staatsbürgergeld“ nur für Deutsche debattieren. Doch so weit muss der Parteitag erst mal kommen.

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