Ärger bei Frankreichs Linken: Die Mehrheit bröckelt
Die „Linksfront“ aus Kommunisten und Linkspartei geht auf Distanz zu den Sozialisten. Bei den Grünen wachsen die Zweifel an der Regierungsbeteiligung.
PARIS taz | Es steht nicht gut um die linke Mehrheit in Frankreich. Vor sechs Monaten hatte man noch begeistert gefeiert, dass die Linke erstmals in der Nachkriegsgeschichte überhaupt in beiden Kammern des Parlaments über eine Mehrheit verfügte. Doch jetzt zeigen sich deutliche Risse. Und zumindest im Senat ist diese Mehrheit nur noch virtuell.
Kommunisten (PCF) und Linkspartei, die wesentlich zum Wahlsieg des Sozialisten François Hollande beigetragen haben, haben der Regierung schon wiederholt die Gefolgschaft verweigert. Wenn sie an der Seite der bürgerlichen Opposition Nein sagen zu den Gesetzesvorlagen der rot-grünen Koalition, bedeutet dies eine deutliche politische Schwächung. Zwar kann die Opposition mit ihrem Veto die Beschlüsse letztlich nicht verhindern, wohl aber stark verzögern.
Die „Linksfront“ aus Kommunisten und Linkspartei, die sich nicht offiziell der rot-grünen Koalition angeschlossen hat, fühlt sich jedenfalls zu keiner Loyalität verpflichtet. Dies erst recht, wenn aus ihrer Sicht die Regierung in ihrer Politik zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen nach rechts abdriftet und die angestammte Wählerklientel vor den Kopf stößt.
Jean-Luc Mélenchon von der Linkspartei rechtfertigt seinen Oppositionskurs so: „Die Einheit der Linken, das ist der Kampf gegen die Unternehmerschaft, aber François Hollande will davon nichts wissen.“ Und statt sich im Parlament nur der Stimme zu enthalten, sei es allemal „plausibler“, Nein zu sagen.
Gemeinsam mit der Rechten gegen die Regierung
Die Senatoren der Linksfront haben darum Ende Oktober an der Seite der rechten Opposition eine Regierungsvorlage zurückgewiesen, die nach Einkommen abgestufte Tarife für den Stromverbrauch einführen sollte. Die Argumente der radikalen Linken waren zwar nicht dieselben wie von der konservativen Rechten oder dem bürgerlichen Zentrum, aber die Nein-Stimmen wurden zusammengezählt und ergaben eine Mehrheit gegen die Vorlage der Regierung. Jetzt haben dieselben Linken in derselben Weise den Haushaltsplan durchfallen lassen. Das war ein Affront für die Sozialisten.
Nach einer Aussprache mit Premierminister Jean-Marc Ayrault am Donnerstagabend bestätigte PCF-Chef Pierre Laurent die Divergenzen: „Wir sind derselben Meinung zum Zustand, in dem die Rechte uns das Land hinterlassen hat. Aber hinsichtlich der Lösungen gehen unsere Ansichten stark auseinander.“
Hinter dem Aufbegehren des PCF steht auch die bittere Erinnerung an 1981, als der siegreiche sozialistische Kandidat der vereinten Linken, François Mitterrand, seine kommunistischen Partner durch die Regierungsbeteiligung bis zur Bedeutungslosigkeit geschwächt hatte.
Als ob die Regierung nicht ohnehin schon genug Ärger zu ihrer Linken hätte, beginnen nun auch die grünen Partner von Europe-Ecologie-Les Verts (EELV) an der Koalition zu rütteln. „Was tun wir in dieser Regierung“, fragte ihr Fraktionschef im Senat, Jean-Vincent Placé. Er hält die Regierungsbilanz für „eher mager“ und stellt die Beteiligung der beiden grünen EELV-Minister offen infrage.
In Wirklichkeit ist das Murren in den Reihen von Europe-Ecologie-Les Verts vor allem Ausdruck wachsender parteiinterner Meinungsverschiedenheiten. Staatspräsident Hollande meinte darum unbeeindruckt, ein Regierungsaustritt der Grünen erscheine ihm „möglich, aber nicht wünschbar“. Der Sprecher der Sozialisten, David Assouline, meinte hämisch, Placés plötzliche Bedenken über die Regierungsverantwortung rührten wohl daher, dass dieser keinen Ministerposten bekommen habe. Die Stimmung auf der Linken war schon mal besser.
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