Kommentar Rechtsruck in Frankreich: Aufwachen, Monsieur Le President!
Hollande kann in der Debatte um die Homoehe zeigen, dass er für ein fortschrittliches Frankreich steht. Tut er es nicht, kann er einpacken.
J etzt kann der französische Staatspräsident verhindern, dass Frankreich ernsthaft nach rechts abdriftet. Hollande hat jetzt die Chance, die Sozialisten doch noch als links zu profilieren. Paradoxerweise liefern ihm die reaktionärsten Kreise diese Steilvorlage.
Sie machen aus der Homoehe eine Grundsatzfrage: Der Fortbestand der Familie, ja, der menschlichen Zivilisation stehe auf dem Spiel. Die pseudochristlichen Warnungen und Mahnungen verbergen dabei nur notdürftig die eigentlichen Motive: homophobe Vorurteile und die Ablehnung jeder sexuellen Freiheit.
Auch für Hollande und Frankreichs Linke muss es jetzt ums Prinzip gehen: den Kampf gegen die jahrhundertealte Diskriminierung und Verfolgung von gleichgeschlechtlichen Paaren.
ist Frankreich-Korrespondent der taz.
Die Einmischung der Bischöfe und ihrer noch weiter rechtsstehenden religiösen Alliierten muss zurückgewiesen werden. Geben sie bei dieser Reform nach, verrät die regierende Linke die Grundwerte der Revolution und der Aufklärung, auf die sich die Republik beruft.
Hollande kann bei der Debatte über die Homoehe zeigen, dass er – im Unterschied zu Sarkozy und der zwischen extrem rechten und liberalen Positionen schwankenden UMP – der französischen Gesellschaft ein fortschrittliches Antlitz geben will. Genau dafür ist er gewählt worden.
Diese Reform eignet sich wegen der klaren Fronten besser als seine anderen 60 Wahlversprechen, um Profil zu gewinnen - und vor allem: Sie kostet (noch) nichts. Hollande hat also fast freie Hand – was im Umkehrschluss bedeutet: Er kann ein eventuelles Einknicken nicht mit finanziellen Sachzwängen rechtfertigen. Geht Hollande jetzt nicht gegen den Rechtsdruck vor, dann können er und seine Partei einpacken und nach Hause gehen.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alleingang des Finanzministers
Lindner will Bürgergeld kürzen
Putins Brics-Gipfel in Kasan
Club der falschen Freunde
Deutsche Asylpolitik
Die Hölle der anderen
Kritik an Initiative Finanzielle Bildung
Ministeriumsattacke auf Attac
Linke in Berlin
Parteiaustritte nach Antisemitismus-Streit
Investitionsbonus für Unternehmen
Das habecksche Gießkannenprinzip