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Adblockerkampagne deutscher MedienSchaut auf diese Anzeigen!

Spiegel Online, faz.net, Zeit Online und andere rufen LeserInnen auf, Werbung zuzulassen. Die User reagieren gespalten.

Biologischer Adblocker: Einfach nicht hinsehen. Bild: dpa

Werbung nervt. Meistens. Im Internet haben User einen Weg gefunden, sie zu umgehen: Adblock-Programme verhindern, dass auf den Hunderten von Seiten, die wir täglich aufrufen, Werbung angezeigt wird. Das Problem: Werbung ermöglicht überhaupt erst die Existenz vieler Seiten, die sich über die Erlöse finanzieren.

Weil die Einbußen durch Adblocker steigen, haben große Medienportale wie Spiegel Online, zeit.de und sueddeutsche.de nun eine erste Offensive gestartet, die an die Moral der LeserInnen appelliert. „In eigener Sache: Schalten Sie bitte den Adblocker ab!“, heißt es zum Beispiel auf Spiegel Online.

Rund ein Viertel aller Werbeeinnahmen gehe dem Portal wegen Adblockern verloren. „Das gefährdet unser Geschäftsmodell“, sagt Rüdiger Ditz, Chefredakteur von Spiegel Online. „Unsere Redaktion arbeitet nahezu 24/7 im Schichtbetrieb. Es ist ja nicht so, dass wir von Luft und Liebe leben.“

Die Reaktionen sind gemischt: Unter dem Aufruf tummeln sich Leserkommentare, die sich an der lästig aggressiven Internetreklame stören oder sogar anbieten, freiwillig für einen werbefreien Zugriff zu bezahlen. Gegen Bezahlung auf Werbung zu verzichten hält SpOn-Chefredakteur Ditz für keine Alternative: „Überall gibt es Werbung, auch im Spiegel“ – obwohl auch der nicht kostenlos erhältlich ist.

Den Seitenrand erdulden

Kompromisslösungen, wie ein Programm von Adblock Plus, das bestimmte „akzeptable“ Werbung zulässt, greifen für ihn zu kurz: „Ich begrüße es, dass die Macher von Adblock Plus inzwischen das Problembewusstsein haben“, lobt Ditz, dennoch lasse das Programm keine standardisierten Werbeformate zu, die auf Spiegel Online üblich seien. „Wir müssen mit Adblock Plus weiter ins Gespräch kommen“, sagt er. Weitere Entwicklungsmöglichkeiten schließt er nicht aus: „Das Internet als Medium steckt noch in den Kinderschuhen.“

Ein bisschen Werbung am Seitenrand zu erdulden, um dem Medium seiner Wahl nicht die Grundlage zu entziehen – das scheint ein akzeptabler Deal. Was jedoch nicht in dem Aufruf steht: Wenn es um Nutzerrechte im Internet geht, liegen Datenschutz-Probleme nicht weit. „Über die Werbung wird das Surfverhalten der Nutzer ’getrackt‘, also verfolgt. Das wollen viele Nutzer aus Datenschutzgründen nicht akzeptieren“, warnt Matthias Spielkamp, Redaktionsleiter des Urheberrechtsportals iRights.info.

Indem Seiten Werbeflächen zur Verfügung stellen, gewähren sie den Werbekunden also zugleich Zugriff auf die Nutzerprofile ihrer Leser. Rüdiger Ditz reicht den schwarzen Peter weiter: „Tracking ist im Web weit verbreitet: Bei Facebook, Google, das ist den Wenigsten bewusst. So ist das Geschäft. Ich wünschte auch, dass es anders wäre.“

Bandbreite sparen mit Adblockern

Dass Verlage ihr Finanzierungsmodell ausgerechnet mit Verweis auf Firmen rechtfertigen, deren Umgang mit Daten sie selbst kritisieren, ist erstaunlich. Michaela Zinke, Projektmitarbeiterin der Verbraucherschutz-Website „Surfer haben Rechte“, moniert die fehlende Transparenz: „Die Weitergabe der Daten erfolgt ohne Einverständnis der Leser.“ Zumal nicht klar sei, wer diese Daten verwertet. Deshalb fordert sie: „Unternehmen müssen dahin kommen, andere Finanzierungsmodelle zu finden.“

Und es stellt sich ein weiteres Problem: „Liebe Verlage, euch ist schon klar, dass #Adblocker massiv Bandbreite sparen? In Zeiten von #Drosselkom kann sich nicht jeder Werbung leisten“, twitterte Frank Rieger, Sprecher des Chaos Computer Clubs. Tatsächlich kommt es durch die neuen Telekom-Tarife – bei denen mehr Datenverkehr mehr kostet – dazu, dass Nutzer dafür bezahlen, sich Werbung ansehen zu dürfen, denn auch die muss schließlich zwischengespeichert werden.

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21 Kommentare

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  • Irgendwas läuft schief in den Köpfen der Verantwortlichen. Und bei der Werbebranche insgesamt.

    - Wenn ich Menschen gegen ihren Willen mit aggressiver Werbung beschieße, dass ihnen buchstäblich Hören und Sehen vergeht - was soll das bringen? Glaubt irgendwer, dass die den beworbenen Kram dann kaufen? Oder überhaupt mitkriegen, wofür da geworben wird?

    Eher das Gegenteil dürfte der Fall sein.

  • W
    Waage

    Das ich diesen breitgetretenen und Werbeinserentengeteuerten Magerquark bei Spon neuerdings ohne Werbung (Quer)lesen kann ist doch klasse!

    Ich habe mir auch vorgenommen bei Ausnahmegenehmigungen eisern zu sein. Bei Spiegel und FAZ sowieso, allein bei der ZEIT überlege ich noch.

     

    Die Jungs und Mädels beim Spiegel können ja ne Paywall einrichten wie bei der taz. Wenn mir ein Artikel besonders gefallen hat lasse ich eben was springen, ab und zu auch nur so wegen der alten Anhänglichkeit und weil es so eine Zeitung wie die taz einfach geben muss.

     

    Beim Spiegel bin ich mir inzwischen nicht mehr sicher.

  • H
    Hans

    @Blocker:

    Wie geil. Ich frag mich immer, wie die Leute ohne Adblock und Co das Internet überhaupt ertragen. Ich würd ja wahnsinnig werden bei dem ganzen geblinke und fliegenden Bannern. Gräuslich.

  • W
    werner

    "clearly" funktioniert auch gut. Das nutze ich, wenn ich mal einen längeren Artikel in Ruhe/konzentriert lesen will, denn das geblinke am Rand lenkt doch deutlich mehr ab, als die Werbung in Printmedien.

  • C
    Claudia

    Eine Werbebild am Rand finde ich genau so in Ordnung wie ein Werbebild in einer Zeitung/Zeitschrift. Der Grund, warum ich den Adblocker installiert habe, sind nervtötende Animationen und Videos. Wenn ich aus meinem Feedreader mehrere Meldungen in neuen Tabs öffne und plötzlich irgendwo was anfängt zu tröten und zu quatschen, muss ich erstmal suchen, wo das herkommt. Und beim Lesen nervt das Gezappel am Rand einfach zu sehr.

     

    Kein Verlag käme (hoffentlich) auf die Idee, den Mechanismus aus Dudel-Geburtstagskarten in eine Zeitschrift einzubauen, damit beim Aufblättern einer bestimmten Seite plötzlich eine Werbung herausgeplärrt wird. Warum soll ich sowas im Web ertragen?

  • BI
    Bertram in Mainz

    Mein Werbeblocker für Radio und Fernsehen: Eine Uhr mit Stundenpiep. Die wird so gestellt, dass sie 10-20 Sekunden vorgeht, und so platziert, dass der Piep gut zu hören ist, ohne zu stören. Es gibt auch Armbanduhren mit Stundenpiep. Ein Westminster-Gong, wenn man den mag, erfüllt denselben Zweck.

     

    Nachrichten im Radio oder Fernseher immer erst nach dem Piep einschalten! Falls ich mal zu früh einschalte, merke ich immer, welchen Mist ich mir sonst erspare.

     

    Tipp für den Werbeblock im ZDF ca. 19.19 Uhr: In 3-sat kommt das Wetter direkt ohne Werbung dazwischen. Beide Versionen sind nicht ganz gleich. Man kann ja dann zurück zum ZDF schalten, um die Wetterfrau noch mal zu sehen ;-)

  • H
    Harald

    SPON soll unaufdringliche Werbung vertreiben? Das ist mir neu. SPON war der Grund, warum ich einen Addblocker installiert habe, denn das Flashgeflimmer war entgültig unerträglich geworden, seit dem die Banner links neben dem Text angezeigt wurden und ich sie nicht mehr durch eine Anpassung des Browserfensters überdecken konnte.

     

    Nachrichten sollten wenigstens lesbar bleiben!

  • RB
    Rainer B.

    @ Sancho P

     

    Richtig! Wird die Werbung unterdrückt, so wird dies dem Server ohne mein Einverständnis mitgeteilt. Wenn das kein Schnüffeln ist, wo fängt dann Schnüffeln an.

     

    Ich trage übrigens Seiten, von denen Werbung kommt in die Hosts-Datei ein. Die Werbung läuft dann einfach ins Nirwana.

     

    siehe z.B. hier:

    http://someonewhocares.org/hosts/zero/

  • M
    mikat

    @ISNM

    Ich habe den blocker für Spiegel Online auch deaktiviert und als erstes kam Bierreklame -da bin ich natürlich dabei geblieben...

  • F
    Fipps

    @Blablablubb: INFOnline ist ein Service, der für IVW und AGOF die "Page Impressions" zählt. Dabei wird nichts getrackt. Das ist nur ein Instrument um zu zählen, wieoft eine bestimmte Seite aufgerufen wird. Diese Zahlen bilden einen Teil der sogenannten "Mediadaten". Wer als Webseitenbetreiber einem anderen zeigen möchte, wie frequentiert die eigene Seite ist, der braucht solche Zahlen (von einer externen, zertifizierten und anerkannten Stelle) und INFOnline ist dafür die Adresse in Deutschland.

     

    Aus persönlicher Erfahrung kann ich sagen, dass die hyper-bürokratisch und sehr sehr korrekt arbeiten. Ich bin kein Mitarbeiter und stehe in keiner Verbindung mit denen. Deren ivwbox ist aber bei meinem NoScript und bei AdBlock Plus erlaubt, weil es den Seitenbetreibern & Hostern hilft, z.B. ausreichend Hardware und Bandbreite im RZ vorzuhalten.

    Das außerdem anhand dieser Mediadaten der Preis für Werbung auf den Seiten bestimmt wird, ist mir recht. Je teurer die Werbung, die ich nicht sehe, desto besser. Die Seitenbetreiber profitieren davon, wenn vor allem INFOnline viele Page Impressions misst. Auf Seiten, die Ihr mögt, solltet Ihr das zulassen. Die zählen nur, tracken aber nicht.

  • DM
    dat Maddin

    Es reicht mir schon, dass ich w,enn ich durch Berlin laufe mit, dieser unsäglichen INSM Kampagne zugemüllt werde und jetzt soll ich spon zu liebe mich auch noch von denen im Internet hirnwaschen lassen? Adblock bleibt und ghostery auch.

     

    dat Maddin

  • UZ
    und zu

    Schön, daß Sie SPIEGEL ONLINE lesen! Die SPON-Redaktion bietet Ihnen die wichtigsten Infos aus den Sachgebieten Eilmeldung, Drama-Eskalation, DDR-Sex und Klickstrecke. Dafür braucht man eigentlich nur eine Dpa-Flatrate, ein Notebook und zwei Praktikanten. Doch SPIEGEL ONLINE genügt das nicht: Allein die Frisur von Silke Burmester beschäftigt vier Hairstylisten und eine Hochbaufirma, das Gehirn von Matthias Mattusek muß aufwendig am Leben gehalten und Sibylle Berg mit experimentellen Drogen vollgepumpt werden. Das alles kostet.

     

    Sie können auf SPIEGEL ONLINE gut verzichten. Aber es gibt Menschen, die davon leben müssen. Um diese Menschen aus ihrer schrecklichen Abhängigkeit zu befreien, bitten wir Sie, beim Verkehr mit SPIEGEL ONLINE einen schützenden Adblocker zu verwenden. Adblocker können helfen, die Verbreitung von STI (spiegel-transmitted idiocy) einzuschränken. Sollte Sie SPIEGEL ONLINE einmal überredet haben, es "ohne" zu machen, gehen Sie bitte sofort zu einem Spezialisten. Wenn Ihnen erst eine Fleischhauer-Brille im Gesicht wuchert, ist es zu spät! Mach's – aber mach's mit Adblocker!

     

    (Quelle: www.titanic-magazin.de)

  • O
    Oliver

    "Gegen Bezahlung auf Werbung zu verzichten hält SpOn-Chefredakteur Ditz für keine Alternative: „Überall gibt es Werbung, auch im Spiegel“ – obwohl auch der nicht kostenlos erhältlich ist."

     

    Ja, und das stört mich in dem auch. Allerdings blinkt sie nicht, ändert nicht die Hintergrundfarbe und kann keine Schadsoftware in meiner Zeitung installieren sowie nicht mein Leseverhalten protokollieren.

     

    Aber die Aussage vom SpOn-Chefredakteur ist bezeichnet: Da gibt es Leser - mich eingeschlossen - die BEZAHLEN möchten. Freiwillig. Für den Inhalt. Und ihn ungestört ohne Werbung und Überwachung lesen möchten. Und das wird ABGELEHNT.

     

    Es geht also nicht darum, Geld von den Lesern zu erhalten. Es geht auch nicht darum, die Redakteure zu bezahlen. Es geht darum, maximalen Profit zu erzeugen. Das kann man am Besten, indem man die Leser ausspioniert und sie mit flackernden Bannern nervt, die vom Inhalt ablenken.

     

    Geht sterben!

  • I
    INSM

    Ich hab mich von dem Text oben auf der Seite des SpiegelOnline dazu verleiten lassen, den Adblocker für SpiegelOnline freizuschalten. Drücke F5 (Seite nue laden) und das erste, was ich sehe ist eine Bannerwerbung des INSM gegen Steuererhöhungen.

     

    Würg, brech, uaarrrgh - schnell weg von der Seite, Adblocker wieder eingeschaltet und so bleibtz dann jetzt erstmal.

  • SP
    Sancho P

    @Rainer B: Nur zur Erläuterung: keiner sucht nirgendwo nach Adblockern. Es funktioniert nach dem Prinzip, die Adblocker-Warnung von der Werbung zu überdecken. Wird die Werbung unterdrückt, erscheint der Text.

     

    (ich verwende übrigens AdBlock Plus)

  • B
    Blocker

    Adblock bedankt sich auf bei Twitter für diese grandiose Werbung. Anscheinend haben viele User vorher garnicht gewusst, daß es Werbeblocker gibt.

     

    https://twitter.com/AdblockPlus/status/334256274273345536

  • F
    fhirsch

    Werbung am Rand ist völlig ok. Aber bitte keine nervigen Popups (erst recht nicht mit Sound, weil sonst das ganze Büro beschallt wird, nur wenn man einen Zeitungsartikel aufruft)!

     

    Tracken lasse ich mich nicht, benutze ebenfalls ghostery.

  • RB
    Rainer B.

    Ich wüsste nicht, auf welcher Rechtsgrundlage Webseiten auf meinem PC nach Adblockern schnüffeln dürften. Es passiert aber ständig und illegal. Wenn ich Ähnliches bei Spiegel Online etc. veranstalten würde, stände morgen die Polizei auf der Matte.

  • H
    Hans

    Komisch,

    bei Filmen funktioniert das auch.

    Ich hab keinen Bock mir Filme im Fernsehen anzusehen, weil mich die Werbung dazwischen nervt. Was mach ich. Ich kauf mir das Ding uaf DVD oder leihe es.

     

    Freiwilliges Zahlen á la taz ist meines Erachtens die beste Methode um den Nutzern am besten zu begegenen.

  • B
    Blablablubb

    Laut Ghostery nutzt taz.de

    AdSpirit (Werbung)

    etracker (Analyse)

    INFOnline (Analyse)

     

    Ich wäre froh wenn ihr diese Tools nicht mehr einsetzt. Piwik wäre doch eine Alternative und eure Werbung könntet ihr doch auch selber hosten. Dann würde ich mein AdBlocker auch auf taz.de deaktivieren, davor aber ganz sicher nicht.

  • N
    neubau

    Ich habe einen Adblocker mit maximal restriktiver Blockierfunktion. Ich nutze außerdem Ghostery, um nicht getrackt zu werden (bzw. so wenig wie möglich). Ich möchte meine Ruhe haben. Und wenn man dann sieht, was auf SPON so alles beworben wird... ich lese auch kein SPON. Journalismus hat Aufmerksamkeit verdient, Propaganda sollte man komplett blockieren!

     

    http://www.nachdenkseiten.de/?p=17243#h18