Abtreibungen in Polen: Neue Richtlinien, kein neues Gesetz
Polens Regierung legt neue Richtlinien für Abtreibungen vor. Es ist ein erster kleiner Schritt, aber nicht der von Donald Tusk versprochene große Wurf.
Diese hatten vor allem unter der Regierung der Partei für Recht und Gerechtigkeit (PiS), auch wenn sie im Einklang mit dem Gesetz handelten, rechtliche Konsequenzen zu fürchten.
Polen hat derzeit in Europa eines der restriktivsten Abtreibungsgesetze. 2020 hatte ein Urteil des Verfassungsgerichts die geltenden Regelungen noch weiter verschärft. Ein Abbruch ist nur im Falle von Inzest oder Vergewaltigung erlaubt oder wenn das Leben der Schwangeren in Gefahr ist. Dennoch konnten Frauen auch beim Vorliegen dieser Indikationen nicht sicher sein, medizinische Hilfe zu bekommen. Seit 2020 sind mindestens sechs Schwangere gestorben, weil ihnen eine Abtreibung verweigert worden war.
Die strikte Handhabung des Abtreibungsrechtes brachte nach dem Urteil landesweit Millionen Frauen auf die Straße. Vor allem ihnen hatte 2023 während des Wahlkampfes die damalige Oppostion unter Donald Tusk und seiner liberalen Bürgerplattform PO versprochen, die bestehende Gesetzeslage zu liberalisieren.
Liberaleres Abtreibungsgesetz nicht in Sicht
Doch damit ist es, knapp ein Jahr nach Tusks Amtsantritt, nicht weit her. Mit ein Grund dafür ist Tusks konservativer Koalitionspartner Dritter Weg – ein Bündnis aus der zentristischen Partei Polen 2050 und der Polnischen Bauernpartei (PSL) – ein erklärter Gegner der Reform. Im Juli dieses Jahres scheiterte ein Gesetzesentwurf, der Hilfe für zu einer Abtreibung entschlossene Frauen entkriminalisiert, im Parlament.
Bis zu den nächsten Wahlen werde es im Sejm keine Mehrheit für eine legale Abtreibung im wahrsten Sinne des Wortes geben. „Wir sollten uns nichts vormachen. Wenn wir das Gesetz nicht ändern, werden wir die Realität ändern“, sagte Tusk Ende August.
Schätzungen zufolge werden in Polen jährlich zwischen 80.000 und 93.000 Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen, davon lediglich einige Hundert legal, wie einem Bericht von Health Policy Watch vom August 2024 zu entnehmen ist. Die meisten Frauen wenden sich zwecks Informationen über die Beschaffung von Abtreibungspillen oder Behandlungsmöglichkeiten an Nichtregierungsorganisationen.
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