Abstimmung über Enteignung: Auf in die nächste Runde
Die Initiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ setzt ihr Volksbegehren fort: Ab dem 26. Februar will sie trotz Corona wieder Unterschriften sammeln.
Am Montag hatten Vertreter der Initiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ und der Koalitionsfraktionen zum zweiten Mal zusammengesessen. Ein erstes Treffen gab es im Dezember. Linkspartei und Grüne hatten zuvor zu erkennen gegeben, dass sie sich mit einer Enteignung anfreunden könnten. Auch die SPD konnte man zwischenzeitlich überraschenderweise so verstehen, als ob sie das nicht ausschließen würde. Daraus schien sich die Möglichkeit zu ergeben, das Volksbegehren nicht weiterführen zu müssen und stattdessen ein entsprechendes Gesetz im Parlament zu beschließen.
Am Montag aber machten die Sozialdemokraten laut Taheri klar, dass sie vor den Treffen nicht Ja zu einem Vergesellschaftungsgesetz gesagt, sondern lediglich Gesprächen mit der Initiative zugestimmt hätten. Man sei zudem zu dem Ergebnis gekommen, dass die Zeit zu knapp sei, sagte Taheri, „da wären noch viele Punkte zu klären gewesen“. Damit es den Volksentscheid aber am Wahltag im September geben kann, was mutmaßlich zu einer höheren Beteiligung führt, muss das Verfahren nun in die zweite Stufe gehen.
Eine möglichst große Beteiligung ist deshalb für jedes Volksbegehren von Interesse, weil es am Tag der Abstimmung nicht allein reicht, mehr Ja- als Neinstimmen zu bekommen: Die Zahl der Befürworter muss zudem mindestens 25 Prozent der rund 2,5 Millionen Abstimmungsberechtigten ausmachen – was rund 625.000 Menschen entspricht.
Linkspartei: SPD zögerte zu lange
Bei der Linkspartei, die in der Koalition die Enteignung am meisten unterstützt, löste die Ankündigung, weiter zu sammeln, keine Enttäuschung aus. „Es ist völlig richtig, wenn die Berliner das direkt entscheiden“, sagte Landeschefin Katina Schubert der taz. Wenn das Parlament das Anliegen an diesem Donnerstag übernommen hätte, „hätte bis zur Wahl ein Gesetz nicht nur erarbeitet, sondern verabschiedet werden müssen, denn das nächste Parlament ist nicht verpflichtet, das wieder aufzunehmen“, sagte sie. „Vor einem halben Jahr hätte man das noch schaffen können, aber die SPD hat das zu lange hinausgezögert.“
Die Initiative will sich auch mit der Frage beschäftigt haben, ob eine Unterschriftensammlung in Coronazeiten angesagt ist – 175.000 Unterstützer zu finden, könnte im Maximalfall 175.000 Kontakte bedeuten. „Das ist ein Problem, aus Pandemiegründen wie auch aus technischen Gründen“, sagt Taheri. Zum einen sind auf der Straße weniger Menschen anzutreffen, zum anderen ist Abstand einzuhalten. Taheri verweist auf ein Hygienekonzept, das in Arbeit sei. Nötigenfalls werde man die Liste zum Unterschreiben mit einer Zange übergeben, um den Abstand zu vergrößern. Die Sammler würden zudem stets mit Maske unterwegs sein.
Das Verfahren wegen der Pandemie zu unterbrechen, wie es jetzt die FDP wie bei ihrem Volksbegehren getan hat (siehe dazu Text unten), sei in der jetzigen Phase rechtlich nicht möglich – dann hätte man wieder ganz von vorne in der ersten Stufe anfangen müssen. Abzubrechen kam nicht infrage: „Man kann in der Pandemie nicht das ganze demokratische System auf Eis legen“, sagt Taheri.
In der ersten Stufe waren wie jetzt bei der FDP binnen sechs Monaten 20.000 Unterschriften zu sammeln. Die Enteignen-Initiative reichte bereits im Juni 2019 rund vier Mal so viele ein, 77.000. Danach stockte das Verfahren, weil die Senatsverwaltung für Inneres sich gut 15 Monate Zeit ließ, um die Zulässigkeit des Anliegens zu prüfen.
Volksentscheid hat mehr Gewicht
Theoretisch könnte die Initiative sich trotz anlaufender Sammlung doch noch mit der Koalition auf ein Gesetz einigen und das Verfahren stoppen – indem sie gesammelte Unterschriften nicht bei der Wahlleitung einreicht. Aus Taheris Sicht ist das ein reines Gedankenspiel: „Dafür gibt es keinen Präzedenzfall“, sagt er und sieht in einem Volksentscheid zudem mehr Gewicht: „Ein Direktvotum bei diesem kontroversen Thema wäre wichtig.“
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