Abschlussbericht zum Sturm aufs Kapitol: Die Republikaner in der Trump-Falle

Der Untersuchungsausschuss sieht Trump als Urheber des Kapitol-Sturms. Eine Anklage könnte die republikanische Partei auf Distanz zu ihm gehen lassen.

Eine Person mit einer Trump Fahne im US-Kapitol

Erdrückende Beweislast gegen Trump: Szene aus dem US-Kapitol am 6. Januar 2021 Foto: Miguel Juarez Lugo/Zuma Press/dpa

Über 800 Seiten lang ist der Abschlussbericht zum Sturm aufs Kapitol am 6. Januar 2021. Der Untersuchungsausschuss des US-Repräsentantenhauses hat ihn nach rund eineinhalb Jahren Arbeit am vergangenen Donnerstag vorgelegt. In üppiger Detailfülle zeichnet der Bericht nach, was schon bei den öffentlichen Anhörungen deutlich geworden war. Der gewaltsame Angriff eines Mobs auf das Kapitol hatte einen Urheber: den damaligen Präsidenten Donald Trump.

Und der, so stimmte der Ausschuss zwei Tage vor Veröffentlichung des Berichtes in seiner letzten öffentlichen Sitzung, sollte dafür strafrechtlich belangt werden. Das Problem an diesem Bericht ist nicht, dass der Ausschuss unsauber gearbeitet hätte, im Gegenteil. Das Problem ist vielmehr: Wer damals hingeschaut hat, wusste das Ergebnis im Vorhinein, zumal viele der zusammengetragenen Beweise schon beim zweiten Impeachmentverfahren gegen Trump ein paar Wochen nach Ende seiner Präsidentschaft bekannt geworden waren.

Aber das damalige Abstimmungsverhalten der übergroßen Mehrheit der Re­pu­bli­ka­ne­r*in­nen im Kongress gab schon das Schema vor, nach dem die meisten ihrer Wäh­le­r*in­nen auch das Ergebnis des Berichts beurteilen werden. Der Ausschuss ist ihrer Ansicht nach von Anfang an eine Farce der De­mo­kra­t*in­nen und zweier republikanischer Ver­rä­te­r*in­nen (Liz Cheney und Adam Kinzinger, beide im nächsten Kongress nicht mehr vertreten).

Oder, wie Trump selbst es kürzer zu all den Dutzenden Verfahren gegen ihn sagt: „Hexenjagd“. Irgendwelche angeblichen Beweise müssen also nicht zur Kenntnis genommen werden. Mag sein, dass manche in der Republikanischen Partei sich heute, nach den schlecht ausgegangenen Halbzeitwahlen im November, wünschen, sie hätten eine andere Position eingenommen. Dann könnten sie irgendwie aufrecht auf Distanz zu Trump gehen. Haben sie aber nicht, als es darauf ankam.

Genau an dieser Stelle könnte ihnen Joe Bidens Justizminister und Generalstaatsanwalt Merrick Garland mit einer Anklageerhebung helfen. So, wie sich der Abschlussbericht auf Trump fokussiert, könnte ein Verfahren gegen ihn die Rettung für sie sein. Sie könnten sich ganz rechtsstaatstreu auf die Unabhängigkeit der Gerichte zurückziehen und insgeheim auf eine Verurteilung hoffen.

In diesem Fall dürfte er keine öffentlichen Ämter mehr bekleiden, könnte für 2024 nicht kandidieren, und die Partei könnte die Etappe Trump tatsächlich hinter sich lassen. Für den Rechtsstaat ist es ohnehin fast zwingend, bei einer solchen Beweislast auch anzuklagen. Bleibt zu hoffen, dass Garland davor nicht zurückschreckt.

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Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org

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