Abschiebungen aus den USA: Erst El Salvador, jetzt Südsudan
Die USA bringen Migranten in den Südsudan. Auch wenn sie gar nicht von dort kommen. Ein Gericht will das stoppen.
Am Dienstag landete ein Flugzeug mit mindestens einem Dutzend Migranten aus den USA in Südsudans Hauptstadt Juba, darunter Staatsbürger aus Burma, Myanmar und Vietnam. Ihre Anwälte wandten sich an das US-Bezirksgericht in Massachusetts. Dessen Richter Brian Murphy hatte bereits im April die Trump-Regierung angewiesen, Betroffenen das Recht einzuräumen, ihre Abschiebung anzufechten. Dies ist nun erneut nicht erfolgt. Murphy droht der Regierung und Präsident Trump nun mit rechtlichen Konsequenzen: Die Abschiebung verletzte „ganz klar“ die Verordnung, erklärte er.
Im April hatte eine erste Abschiebung in den Südsudan diplomatische Spannungen ausgelöst. Damals landete in Juba ein Abschiebeflug mit einem Mann an Bord, der sich in den USA als Kongolese mit dem Namen Makula Kintu registriert hatte. Am Flughafen angekommen präsentierte er allerdings einen südsudanesischen Pass. Nach „intensiver Prüfung“ schickten die Behörden ihn zurück in die USA. Er sei kein südsudanesischer Staatsbürger, sondern Kongolese, hieß es.
US-Außenminister Marco Rubio reagierte prompt und drohte, „unmittelbar alle Visa südsudanesischer Passinhaber zu widerrufen und weitere Visa zu verhindern, um südsudanesischen Passinhabern die Einreise in die Vereinigten Staaten zu verwehren“. „Wir werden diese Maßnahmen überprüfen, sobald der Südsudan uneingeschränkt kooperiert.“
Niederlande verhandeln mit Uganda
Unter diesem Druck lenkte die südsudanesische Regierung ein. „Im Geiste der bestehenden freundschaftlichen Beziehungen“, so Südsudans Außenministerium, werde der Kongolese eben in Juba aufgenommen, so die Erklärung.
Millionen Südsudaner sind in den vergangenen 30 Jahren wegen der Konflikte in ihrem Land in die USA ausgewandert und schicken von dort aus Geld zurück, um Familien zu Hause zu unterstützen – eine wichtige Einkommensquelle für das arme und krisengeschüttelte Land.
Uganda hingegen ist das größte Flüchtlingsaufnahmeland in Afrika. Derzeit beherbergt der ostafrikanische Staat rund 1,8 Millionen Menschen, die vor allem aus den umliegenden Ländern geflohen sind. Seit Oktober verhandelt die niederländische Regierung mit Uganda über einen Deal. Minister Reinette Klever, zuständig für Außenhandel und Entwicklungshilfe, war nach taz-Informationen mehrfach in die Hauptstadt Kampala, um mit Flüchtlingsminister Hilary Onek zu sprechen. Die Niederlande wollen Migranten abschieben, die von ihnen keinen Asylstatus erhalten haben.
Nach taz-Informationen bot Klever an, die Entwicklungshilfe für Uganda zu erhöhen, um die Versorgung der Migranten in Flüchtlingslagern zu finanzieren. Doch Ugandas Regierung zögert. Ein solcher Deal könnte andere Länder ermutigen, ähnliche Forderungen zu stellen, erklärte das Flüchtlingsministerium der taz.
USA wollen 100.000 Dollar pro Abgeschobenen zahlen
Ruanda hatte 2022 ein solches Abkommen mit Großbritannien geschlossen, das die neue britische Regierung jedoch wieder aufhob. Dennoch dient es als Vorlage für ähnliche Vereinbarungen. Ruandas Außenminister Olivier Nduhungirehe bestätigte bei einer Pressekonferenz in Ungarn Gespräche mit Trumps Regierung: „Allerdings stehen wir noch ganz am Anfang und können keine Details nennen.“
Ein internes Dokument der US-Botschaft in Ruandas Hauptstadt Kigali, das US-Medien veröffentlichten, zeigt, dass Ruanda einen bilateralen Dialog anstrebt, um ein Abschiebeprogramm für Drittstaatsangehörige zu entwickeln.
Bereits ein Migrant aus den USA ist in Kigali eingetroffen. Dies bestätigt ein ebenfalls geleakter diplomatischer Drahtbericht vom 22. April. Dabei handelt es sich um einen irakischen Staatsbürger namens Omar Abdulsattar Ameen. Er hatte ursprünglich 2014 mit seiner Familie in den USA Flüchtlingsstatus erhalten. 2018 – in der ersten Amtszeit Trumps – wurde dann sein Haus in der Stadt Sacramento gestürmt. Bei einem anschließenden Verfahren wurde er als „Terrorist“ und „Mitglied“ des „Islamischen Staats“ (IS) gebrandmarkt. Seitdem droht ihm die Abschiebung in sein Heimatland Irak, was Anwälte stets zu verhindern versuchten. Jetzt ist er stattdessen in Kigali gelandet.
Und das ist wohl erst der Anfang. Das geleakte Dokument nimmt Bezug auf eine „Wunschliste“, um mindestens zehn weitere Migranten nach Ruanda auszufliegen. 100.000 US-Dollar will die US-Regierung pro Person für deren Unterbringung, Sozialdienstleistungen und Arbeitsvisen pro Person bezahlen. Ruandas Regierung sowie die US-Botschaft in Kigali schweigen sich auf taz-Anfragen dazu jedoch aus.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Arbeitszeitbetrug-Meme
Arbeitgeber hassen diesen Trick
Neue EU-Sanktionen gegen Russland
Zuckerbrot statt Peitsche
Indischer Schriftsteller Pankaj Mishra
„Gaza hat die westliche Glaubwürdigkeit untergraben“
Trump und Putin am Telefon
Nichts als Floskeln
Wisente in Deutschland
Riesen hinter Gittern
Bundesanwaltschaft nimmt Jungnazis fest
Tatvorwurf: Terror