piwik no script img

Abschiebung nach MaliZwei One-Way-Tickets für 82.000 Euro

Deutschland schiebt zwei Malier per Charterflug ab. Die Kosten für den Flug trägt die EU-Grenzschutzagentur Frontex.

Die zwei Männer wurden am 06. Januar 2017 vom Düsseldorfer Flughafen aus nach Bamako gebracht Foto: imago/Ralph Peters

Berlin taz | Die Bundespolizei hat ein Flugzeug gechartert, um nur zwei Männer nach Mali abzuschieben. Der Flug am 6. Januar von Düsseldorf nach Bamako kostete 82.000 Euro.

Dabei griff eine neue EU-Regelung: Die deutschen Behörden brauchten die Kosten nicht zu tragen. Sie wurden von der EU-Grenzschutzagentur Frontex übernommen. Diese verfügt hierfür seit Kurzem über einen Sonderetat von 66 Millionen Euro pro Jahr. Damit soll die Zahl der Abschiebungen erhöht, gleichzeitig sollten Abschiebungen effizienter gepoolt werden. Diesmal jedoch nicht: Andere Bundesländer hätten „keinen Bedarf für Rückführungen nach Mali“ gehabt, so ein Sprecher des sachsen-anhaltinischen Innenministeriums.

Die beiden Männer namens Amadou Ba und Mamadou Drame aus dem Saalekreis hätten zwei Abschiebungen „durch passiven und aktiven Widerstand sabotiert“, so der Sprecher. Dabei hätten sie Bundespolizisten durch Bisse und Tritte verletzt. Das habe eine weitere Abschiebung per Linienflug ausgeschlossen. Die letzten drei Monate verbrachten die beiden in Abschiebehaft.

Im Internet ist allerdings ein Video von der misslungenen Abschiebung am 27. Oktober 2016 mit einer Air France Linienmaschine in Paris zu sehen. Es zeigt, wie Ba von zwei deutlich größeren Polizisten auf seinen Sitz gedrückt wird, während Passagiere den Polizisten „Keine Gewalt“ zurufen. Daraufhin wird Ba aus der Maschine gebracht. Ba lebte seit 13 Jahren in Sachsen-Anhalt, zuletzt war er mit festem Arbeitsvertrag bei einer Hühnchenschlachterei in Merseburg angestellt.

Bei Abschiebungen nach Mali „handelt die Bundesregierung völlig maß- und kopflos“, sagt der Linken-MdB Niema Movassat. Die bisherigen Abschiebeversuche seien „am Protest anderer Fluggäste gescheitert“. Zudem habe die Bundesregierung der malischen Regierung „die Pistole auf die Brust gesetzt, damit diese bei den Abschiebungen kooperiert“.

Aktivisten der NGO Afrique-Europe-Interact (AEI) trafen die Männer nach ihrer Ankunft in Bamako. Diese hätten von schweren Misshandlungen berichtet. „Sie wurden an Fußgelenken, Knien und Händen gefesselt – die Hände zweifach mit Handschellen und Kabelbindern“, sagt Olaf Bernau von AEI. Zusätzlich seien die Oberarme mit einem Gürtel am Körper fixiert worden. In dieser Haltung hätten sie drei Stunden bis zum Abflug warten müssen. Drame habe den ganzen Flug so zugebracht, Ba seien nach einigen Stunden die Fesseln abgenommen worden.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Immer noch viel billiger als ein Leben lang Empfänger sozialer Leistungen in Deutschland.

    • @conny loggo:

      Wenn Sie nach dem Kosten-Nutzen-Verfahren gehen, müssten Sie zumindest mal erläutern, wieso es kostengünstiger sein soll, einen berufstätigen Menschen, der also Steuern und in die Sozialversicherung einzahlt, für diese Summe abzuschieben anstatt ihn weiterarbeiten zu lassen und somit eher noch die Möglichkeit zu bekommen, die Kosten, die er evtl. verursacht hat als Asylbewerber wieder reinzubekommen.

       

      Zumindest in dem Falle des arbeitenden Asylbewerbers war das ein dickes Minusgeschäft, wobei die volkswirtschaftlichen Schäden, die dadurch entstehen, dass er als Arbeitskraft wegfällt, noch nicht mal berücksichtigt sind.

    • @conny loggo:

      Abgesehen davon, dass Ihr Kommentar menschenverachtend ist, genau wie die Praxis, Geflüchtete nach wirtschaftlichem Nutzen zu bewerten: Herr Ba hat in Deutschland in Festanstellung gearbeitet und somit eingezahlt und nichts gekostet.