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Abschaffung von Paragraf 219aBundestag für Recht auf Information

Der Bundestag hat die Abschaffung des Informationsverbots für Abtreibungen beschlossen. Die Urteile gegen Ärz­t*in­nen werden aufgehoben.

Hat geholfen: Protest gegen den Paragrafen 219a 2019 in Frankfurt Foto: Michael Schick/imago

Berlin taz | Paragraf 219a Strafgesetzbuch ist Geschichte: Am Freitagmorgen stimmten im Bundestag die Fraktionen von SPD, FDP, Grünen und Linken für die Abschaffung des Informationsverbots für Schwangerschaftsabbrüche. Union und AfD stimmten dagegen, es gab keine Enthaltungen. „Es ist Zeit für mehr Vertrauen in Ärztinnen und Ärzte, und Zeit für mehr Informationsfreiheit für Frauen“, sagte Justizminister Marco Buschmann (FDP).

Es ist der vorläufige Schlusspunkt einer etwa fünfjährigen Debatte über die Frage, wer in welcher Form über Schwangerschaftsabbrüche informieren darf.

Angestoßen wurde diese, als im November 2017 die Gießener Allgemeinmedizinerin Kristina Hänel zu einer Geldstrafe verurteilt wurde, weil auf ihrer Webseite stand, dass und wie sie Schwangerschaftsabbrüche durchführt – nach damaliger Rechtslage eine Straftat. Angezeigt hatten sie Abtreibungsgegner*innen, die systematisch das Internet durchforsteten, um Ärz­t*in­nen zu drangsalieren.

Mit der Abschaffung sei „ein wichtiger Schritt zur Informationsfreiheit für Betroffene beim Schwangerschaftsabbruch getan“, erklärte Hänel. Die Medizinerin verfolgte die Debatte zusammen mit anderen angezeigten und verurteilten Ärz­t*in­nen von der Besuchertribüne des Bundestags.

Bis zum Bundesverfassungsgericht

Allzu oft hätten sich ungewollt Schwangere auf der Suche nach Informationen im Netz „durch die irreführenden Seiten der Abtreibungsgegner mit widerlichen Bildern und unsäglichen Holocaustvergleichen quälen“ müssen. Gemeint ist unter anderem die Webseite „Babykaust“, die Abtreinungen mit dem Holocaust gleichsetzt und Ärzt*innen, die diese durchführen, namentlich anprangert.

Gegen ihre Verurteilung zog Hänel durch die Instanzen bis zum Bundesverfassungsgericht. Ihre Verfassungsbeschwerde ist dort anhängig. Nun ist die Politik einer Entscheidung zuvorgekommen: Das am Freitag beschlossene Gesetz sieht eine Aufhebung der ergangenen Urteile vor. Hänel will sich derzeit nicht dazu äußern, ob sie ihre Verfassungsbeschwerde zurückzieht.

Nach Paragraf 219a in seiner ursprünglichen Fassung wurde bestraft, wer „öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften“ seines „Vermögensvorteils wegen oder in grob anstößiger Weise“ Abtreibungen „anbietet, ankündigt“ oder „anpreist“.

Die Große Koalition reformierte das Gesetz Anfang 2019. Es war ein Minimalkonsens zwischen der SPD, die eine Abschaffung wollte, und der Union, die am Paragrafen unbedingt festhalten wollte: Seither dürfen Ärz­t*in­nen darüber informieren, dass sie Abbrüche durchführen. Alle weiteren Informationen aber, etwa zur angewandten Methode, bleiben verboten. Hänel und mehrere ihrer Kol­le­g*in­nen wurden seither erneut verurteilt.

Versorgung verbessern

Außerdem führt die Bundesärztekammer aufgrund des reformierten Gesetzes eine öffentlich einsehbare Liste mit verfügbaren Ärzt*innen. Auf dieser stehen aber bis heute nur 268 Ärz­t*in­nen bundesweit. Das ist gerade mal ein Drittel der ohnehin nur rund 1.100 Einrichtungen im Land. Viele scheuen die Liste aus Sorge vor Diffamierung.

Der Koalitionsvertrag sieht weitere Maßnahmen im Bereich Schwangerschaftsabbruch vor, die unter anderem die mitunter sehr schlechte Versorgungslage verbessern sollen. So sollen Schwangerschaftsabbrüche künftig kostenfrei sein und verstärkt Thema der medizinischen Aus- und Weiterbildung werden. Auch will die Ampel gegen die sogenannte Gehsteigbelästigung vorgehen – also gegen Abtreibunsgegner*innen, die vor Arztpraxen und Beratungsstellen stehen und Beschäftigte wie auch ungewollt Schwangere belästigen und einschüchtern.

Die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen hingegen steht nicht im Koalitionsvertrag, obwohl sowohl SPD als auch Grüne dies in ihren Programmen gefordert hatten. Lediglich eine Kommission soll prüfen, welche Regulierungen außerhalb des Strafrechts möglich seien. Die gleiche Kommission soll auf Druck der FDP auch die Legalisierung von Leihmutterschaft prüfen. Schwangerschaftsabbrüche sind in Deutschland nach Paragraf 218 Strafgesetzbuch grundsätzlich verboten – oder eng gefassten Bedingungen werden sie aber nicht bestraft.

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4 Kommentare

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  • Wie viele Männer geraderaus eine Szenerie malen in der sich Frauen und Gynäkologen irgendwie danach sehnen Werbung fürs günstige Abtreiben zu bekommen damit wir so richtig schön shoppen gehen können - absolut widerwärtige Weltsicht.

    Kann mich auch nicht erinnern jemals "Werbung" für billige und schnelle Vasektomien gesehen zu haben, aber sobald es um Frauen geht kann ja alles passieren, wir sind halt irgendwie einfach dumm und konsumwütig, ist auch garnicht sexistisch gemeint oder so aber dann Pille mit Smarties vergleichen und ähnliche Sprüche klopfen....

    Informationsfreiheit in diesem Bereich bedeutet zum Glück auch das Männer mit solch stumpfen Ansichten sich demnchst einfacher über das Thema informieren können.



    Vielleicht wird dann einigen klar das keine Frau jemals einfach aus Spaß und Konsumfreude Abtreibungen shoppen würde wie andere einen Billigurlaub buchen.

    Geht hier immerhin um einen invasiven Eingriff der auch zu Unfruchtbarkeit führen kann, aber hei was ein Spaß, wie schön zu bewerben mit ellnessversprechen und Rabaten - ich kapiere schlicht nicht woher diese Fantasien kommen.

  • Meine Güte.....



    Bisher wurde die alleinige Information darüber, dass und mit welchen Methoden Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen werden, als "Werbung" gewertet.



    Alle diejenigen, bei denen bei der Vorstellung, wie für Schwangerschaftsabbrüche geworben werden könnte, die Fantasie durchgeht, scheinen betroffene Frauen ja für so blöd zu halten, dass sie gar nicht informiert werden könnten oder besser sollten.



    Abgeschreckt und gehindert sollen sie werden.



    Genau das haben ja die Pariarchatsverteidiger von AfD und CDU so auch im Bundestag zum Ausdruck gebracht, genau wie die hier bisher Kommentierenden......



    Gut, dass damit jetzt Schluss ist!

  • 4G
    49732 (Profil gelöscht)

    Schwangerschaftsabruch 99 Euro. Ab dem dritten Kind 79 Euro.

    Hoffe mal nicht, das das so kommt! Wir werden sehen.

  • "Abtreibung to go!",



    oder die Frage "Wie viel Recht hat eigentlich das ungeborene Kind gegenüber dem Selbstbestimmungswillen der Mutter".



    Wenn Ärzt(innen) informieren finde ich das o.k., wenn sie schreiben dass sie Abtreibungen durchführen finde ich das auch o.k..



    Aber Werben im Sinne der Werbung finde ich nicht o.k.



    So jetzt dürft ihr mit "CIS-Mann" bemalte Steine nach mir werfen.