Abkommen schränkt Handel ein: Frösche können weiterquaken
Südeuropäische Wasserfrösche werden millionenfach aus Teichen und Seen der Türkei und Albaniens gefischt. Nun wird der Handel eingeschränkt.
Südeuropäische Wasserfrösche dürfen nicht mehr einfach so gefangen und zu Froschschenkeln verarbeitet werden. Auf der Artenschutzkonferenz in Samarkand haben die Mitgliedsländer des Abkommens CITES beschlossen, die Tiere auf dem Anhang II zu listen. Das heißt, dass Länder wie die Türkei, Albanien oder Aserbaidschan künftig nachweisen müssen, dass der Bestand an Wasserfröschen bei ihnen nicht gefährdet ist, bevor sie Exportgenehmigungen an Händler ausstellen.
Diese südosteuropäischen Länder liefern nach Europa, neben asiatischen Ländern wie Indonesien, Vietnam oder Thailand. Die Europäische Union hat laut Handelsdaten der Statistikbehörde Eurostat zwischen 2011 und 2020 rund 43.000 Tonnen Froschbeine eingeführt. Das entspricht in etwa 2 Milliarden Fröschen und macht die EU zum weltweit größten Froschbein-Importeur. „Die Entscheidung von Samarkand ist ein großer Erfolg für den Arten-, aber auch für den Umweltschutz“, sagt Sandra Altherr von der Artenschutzorganisation Pro Wildlife, „mit der neuen Einstufung muss der Handel auf ein nachhaltiges Maß zurückgeführt werden.“
In der EU sind Frösche schon durch die FFH-Richtline streng geschützt und dürfen nicht aus der Natur entnommen werden. Froschschenkel, die auf Tellern in Frankreich, in der Schweiz, in Rheinland-Pfalz und dem Saarland landen, stammen also mit großer Wahrscheinlichkeit aus Albanien, der Türkei oder Indonesien. Dort werden die Tiere mit Netzen oder Reusen in riesigen Mengen aus Seen und Teichen gefischt, lebendig zerteilt und ihre Schenkel dann nach Europa verkauft.
„Ganze Bestände sind zusammengebrochen“, sagt Altherr, „und wenn die Frösche fehlen, vermehren sich die Insekten explosionsartig.“ Die Folge sei ein vermehrter Pestizideinsatz, so die Umweltaktivistin. Dieser Zusammenhang ist in Indien und Bangladesch seit den 1990er Jahren gut untersucht: Nachdem dort massenhaft Frösche für den Export als Froschschenkel gefangen wurden, stieg der Pestizideinsatz in Reisfeldern deutlich.
Wild- oder Zuchttier?
Die überwiegende Menge der in Europa verkauften Frösche sind Wildfänge. Allerdings werden in China, Vietnam oder Thailand auch Frösche in Aquakulturen gezüchtet und nach Europa exportiert. Problem: Rein optisch unterscheiden sich gezüchtete Tiere nicht von Wildfängen. Die Zollbehörden können also nicht einfach feststellen, ob es sich bei der importierten Waren um Wild- oder Zuchttiere handelt.
Die Biologin Carolin Dittrich von der Universität Dresden forscht unter anderem zu Amphibien. Sie hat eine Methode entwickelt, mit der sich feststellen lässt, ob Froschschenkel von in der Natur gefangenen oder in Farmen gezüchteten Tieren stammen.
Dazu untersucht sie die Komposition von Stickstoff-Isotopen im Fleisch der Tiere. „Je variabler die Isotope des Stickstoffs sind, desto eher stammt das Tier aus der Wildnis, weil es viele unterschiedliche Insekten gefressen hat“, sagt Dittrich. Zuchtfrösche in Farmen hingegen würden eher eintönig mit Pellets ernährt und zeigten deswegen auch eine geringere Variabilität der Stickstoff-Isotope.
Allerdings gilt für Frösche aus Farmen, wie etwa für Lachse aus Lachsfarmen in Norwegen: Weil eine große Anzahl von Tieren auf kleinem Raum gehalten wird, breiten sich leicht Krankheiten aus. Der Einsatz von Medikamenten ist also vergleichsweise hoch. „Am besten wäre es, auf Froschschenkel zu verzichten“, schlussfolgert Dittrich.
Verzichten müssen Händler und Konsumenten auch künftig auf legal gehandeltes Horn von Nashörnern. Am vergangenen Wochenende hatten die CITES-Mitgliedsstaaten beschlossen, Nashörner, Giraffen und Okapis weiterhin streng zu schützen. Der Antrag Namibias, das Horn von Nashörnern wieder kontrolliert handeln zu dürfen, wurde abgelehnt. „Das hätte Wilderei und illegalem Handel Tür und Tor geöffnet – wir sind sehr froh, dass dies mit großer Mehrheit abgelehnt wurde“, sagt Daniela Freyer von Pro Wildlife.
Auch die Naturschutzorganisation WWF hatte sich gegen einen kontrollierten Handel ausgesprochen – weil in den Hauptkonsumentenländern keine ausreichenden Kontrollmechanismen bestünden, um die eingeführte Ware auf ihren legalen Ursprung zu überprüfen.
Alle Entscheidungen, die bislang in den Fachkomitees gefällt wurden, können auf der Sitzung des Plenums während der letzten Tage der Konferenz noch geändert werden. Die Mehrheit für den Schutzantrag der Frösche allerdings war so groß, dass er nicht mehr infrage gestellt werden dürfte. „Das ist ein Riesenerfolg, den wir sehr feiern“, sagt Altherr, „und doch ist es nur der erste Schritt, denn auf der nächsten CITES-Konferenz in drei Jahren wollen wir dies auch für die Frösche aus Südostasien erreichen.“
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