Abkommen auf der Kippe: Irans neues Atom-Selbstbewusstsein
Teheran dreht an der nuklearen Eskalationsschraube. Überwachungskameras der IAEA werden abgebaut, mehr Uran angereichert als gestattet.
Teheran/Berlin dpa/afp | Der Iran hat nach einer Resolution der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) die Spannung im Konflikt um sein Nuklearprogramm deutlich erhöht: Am Donnerstag wurde mit dem Abbau von 27 Überwachungskameras der IAEA in mehreren Atomanlagen begonnen, wie IAEA-Chef Rafael Grossi in Wien bekannt gab. Außerdem kündigte Teheran den Betrieb weiterer Zentrifugen zur Anreicherung von Uran an.
Der Gouverneursrat der IAEA hatte den Iran am Mittwoch zur vollen Zusammenarbeit mit den Inspektoren der Behörde aufgerufen. Von den 35 Ländern in dem Gremium stimmten nach Angaben von Diplomaten nur China und Russland dagegen. Am Donnerstag bezeichnete das Außenministerium in Teheran die Resolution als „hastig“ und „unausgeglichen“.
„Wir befinden uns in einer sehr angespannten Situation“, sagte der IAEA-Chef. Die internationalen Verhandlungen zur Rettung des Atomabkommens mit dem Iran stünden still, und bei der Klärung offener Fragen zum iranischen Atomprogramm habe es keine Fortschritte gegeben. Nach der Entfernung der 27 Kameras würden noch etwas mehr als 40 ähnliche IAEA-Geräte im Land in Betrieb bleiben.
Teheran erzeuge „weniger Transparenz, mehr Zweifel und größere Unsicherheit“. Wenn dieser Schritt nicht binnen drei bis vier Wochen revidiert werde, wäre das „ein Todesstoß“ für das Atomabkommen von 2015, das die Beschränkung des iranischen Nuklearprogramms und die Aufhebung westlicher Sanktionen vorsah, warnte Grossi bei einer Pressekonferenz.
IAEA warnt vor möglicher Atombombe
Die IAEA hatte zuvor gewarnt, dass der Iran nur noch wenige Wochen benötige, bis er genug Ausgangsmaterial für eine Atombombe produziert habe. Teheran betont immer wieder, Nukleartechnologie nur für friedliche Zwecke zu nutzen.
Angereichertes Uran wird unter anderem als Brennstoff in Kernreaktoren verwendet. Iran hat aktuell 43 Kilogramm Uran bis zu einem Reinheitsgrad von 60 Prozent angereichert. Für Atomwaffen ist ein Niveau von etwa 90 Prozent erforderlich.
Über das iranische Atomprogramm wurde monatelang in Wien verhandelt, auch unter deutscher Beteiligung. Die Diplomatie zur Rettung des Abkommens von 2015 steckt jedoch fest. Die neuerliche Beschränkung des Atomprogramms ist fast ausverhandelt.
Doch Teheran fordert, dass US-Sanktionen gegen die politisch und wirtschaftlich einflussreichen Iranischen Revolutionsgarden aufgehoben werden und dass die Einstufung als Terrorgruppe durch den früheren US-Präsidenten Donald Trump rückgängig gemacht wird. Washington will jedoch weiter Druck auf diese Einheiten ausüben, die in verschiedene Konflikte wie beispielsweise in Syrien, im Irak und im Jemen verwickelt sind.
Israel sieht seine Sorgen bestätigt
Irans Erzfeind Israel begrüßte die IAEA-Resolution. „Der Iran hat einmal mehr gezeigt, dass er sowohl den regionalen Frieden als auch den Weltfrieden bedroht“, sagte Verteidigungsminister Benny Gantz. Am Mittwoch hatten auch Russlands Präsident Wladimir Putin und Irans Präsident Ebrahim Raisi zu dem Thema telefoniert. Die Zusammenarbeit unabhängiger Staaten könne den „illegalen Druck“ des Westens neutralisieren, hieß es anschließend vom Präsidialamt in Teheran.
Deutschland, Frankreich und Großbritannien haben den Iran vor weiteren Schritten gewarnt, die eine Wiederbelebung des Atomabkommens gefährden könnten. Teheran müsse die „nukleare Eskalation“ einstellen und „dringend die auf dem Tisch liegende Vereinbarung“ zu dem Abkommen annehmen, erklärten die Außenministerien der drei Länder am Donnerstag. Die Zeit dafür werde immer knapper.
Leser*innenkommentare
Mustardmaster
Der Besitz von Nuklearwaffen ist nun mal die beste Garantie für Souveränität des Landes und Kontinuität des Regierungssystems. Aktuell beweist das die Ukraine: Mit Atomwaffen wäre das nicht passiert!
Apropos Ujkraine:Es setzt sich ,zumindest innerhalb der deutschen Forenlandschaft immer mehr die Ansicht durch,das Waffen Leben retten . Das gilt für die Atombombe natürlich noch im viel größeren Maße. Der Kalte Krieg hat ja eindeutig bewiesen,das das "die Bombe" die beste Friedensgarantie ist und Millionen bis Milliarden von Leben bewahrt hat.
Wenn du den Frieden willst ,rüste für den Krieg. Also macht der Iran doch alles richtig!
( Achtung: In Teilen des Beitrages ist Sarkasmus vorhanden.Nicht inhalieren.)
h3h3y0
@Mustardmaster Die Ukraine beweist, dass Autokraten mit Atomwaffen machen können, was sie wollen. Deshalb will Iran auch welche.
cuba libre
Mir war und ist völlig klar, dass man den Mullahs nicht trauen kann. Die wollen - "whatever it takes", die Atombombe haben. Damit können sie dann die Welt erpressen, wie es Russland und N-Korea momentan tun.
Ich bin sicher und froh, dass die Israelis sich das nicht lange anschauen werden.
Wie blöd kann man sein?
O.F.
@cuba libre Ich erinnere gerne daran, dass die USA das JCPOA gebrochen haben, nicht die iranische Regierung (über die man auch ohne den orientalistische Ressentiments bedienenden Kampfbegriff "die Mullahs" sprechen kann). Übrigens dürften auch die illegalen Sanktionen und Kriegsdrohungen gegen die islamische Republik, die als NPT-Unterzeichner ein unveräußerliches Recht auf ein ziviles Atomprogramm hat, unter die Kategorie Erpressung fallen.
h3h3y0
@O.F. "ein ziviles Atomprogramm"
Deshalb baut Iran an Reketen, welche nukleare Sprengköpfe transportieren können und droht mit Urananreicherung, welche für diese nuklearen Sprengköpfe benötigt wird.
shantivanille
@cuba libre Nun, der Iran wird die Bombe sowieso in Kürze haben, und das Abkommen war von vornherein nichts weiter als ein Aufschub.
Mehrere iranische Führer hatten Israel die die atomare Vernichtung angedroht, zuletzt sagte Chameini die Zerstörung Israels bis 2040 voraus. Seitdem sind in den größeren Städten Irans digitale Uhren installiert, die die verbleibende Spanne bis bis 2040 anzeigt.
Iran liegt hervorragend im Zeitplan. Das schafft er. Sogar ohne Bombe.
Iran hat rund um Israel mehrere Terrorgruppen installiert, die den Konflikt dort am Köcheln halten und einen Stellvertreterkrieg führen.
Israel ist ausgesprochen duldsam mit Iran. Das Problem ist, dass der Westen nicht richtig mitzieht und Israel sogar noch kritisiert.
Iran hat längst die größte Raketenarmada im Nahen Osten aufgebaut. Die reichen auch bis Zentraleuropa.
tomás zerolo
Danke, Trump!