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Abgeschaltet wird späterArbeitskampf im AKW

Nach der Urabstimmung könnte es beim Energiekonzern Eon nächste Woche zu unbefristeten Streiks kommen. Betroffen wären davon auch Atommeiler im Norden

Gewerkschafter sind streikbereit. Bild: dpa

HAMBURG taz | Der Energiewirtschaft steht ein Streik ins Haus – zum ersten Mal seit 1919. In einer Urabstimmung sprachen sich 91,4 Prozent der in den Gewerkschaften Ver.di sowie Bergbau Chemie Energie (IG BCE) organisierten Beschäftigten des Energiekonzerns Eon für einen unbefristeten Arbeitskampf aus. Nach Ver.di-Angaben werden davon auch die Atommeiler im Grohnde und Brokdorf betroffen sein. „Es ist unser Ziel, mit dem Streik den Konzern wirtschaftlich zu treffen, damit er schnell einlenkt“, sagt Ver.di-Sprecher Christoph Schmitz der taz.

Mit dem Abstimmungsergebnis hätten die Beschäftigten deutlich gezeigt, dass sie bereit seien, für eine Entgelterhöhung von 6,5 Prozent, die befristete Übernahme der Lehrlinge sowie die Verlängerung der Tarifbindung beim Auslagern in Tochterfirmen zu kämpfen, sagte Ver.di-Bundesvorstandsmitglied Erhard Ott am Freitag in Hannover. Dort hat der Arbeitgeberverband für die 30.000 Beschäftigten der Eon-Unternehmen und des Netzbetreiber Tennet seinen Sitz.

Die genaue Streiktaktik für die am Montag beginnenden Streiks ist zwar vertraulich, fest steht aber, dass 23 von Eons Atom-, Gas- und Kohlekraftwerken einbezogen werden sollen. Die Leistung werde in Koordination mit anderen Stromversorgern so gedrosselt, sagt Ver.di-Sprecher Schmitz, „dass Eon gezwungen sein wird, bei anderen Energieversorgern Strom einzukaufen, um seine vertraglichen Verpflichtungen gegenüber den Kunden einzuhalten“. Man werde „nur die Betriebsfähigkeit aufrechterhalten“, um die Sicherheit zu erhalten.

In gekoppelten Strom- und Fernwärme-Kraftwerken soll demnach dafür gesorgt sein, dass die Fernwärmelieferungen an die Haushalte gewährleistet bleibt. „Die Bürger müssen nicht befürchten, dass sie im Kalten sitzen müssen“, sagt Ott. „Auch jetzt hat Eon es in der Hand, einen unbefristeten Arbeitskampf abzuwenden, sofern den Gewerkschaften zu allen Elementen abschlussfähige Angebote unterbreitet werden.“

Wie intensiv die Gewerkschaften werden streiken müssen, ist dabei unklar: „Eine Auseinandersetzung hat es in dieser Schärfe in der privaten Energiewirtschaft noch nicht gegeben“, sagt Berith Jordan vom Ver.di-Bezirk Nord. Gewerkschaftssprecher Schmitz geht davon aus, dass Eon die wirtschaftlichen Folgen „schnell“ spüren werde. Er erinnert an die Atomausstiegs-Debatte: Da hätten die Strom-Konzerne vorgerechnet, dass ein Tag AKW-Stillstand den Betreiber eine Million Euro an Einnahmen kosten würde. Berücksichtige man dazu noch die laufenden Betriebskosten sowie die Kosten für den Strom-Ankauf, sagt Schmitz, „kommt man bei einem Atomkraftwerk schnell auf drei Millionen Euro pro Tag“.

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1 Kommentar

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  • CS
    Cäsi & Stronti

    Bei den saftigen Löhnen und Gehältern in der Energiebranche reicht alle hundert Jahre ein Streik völlig aus. 1919 - 2013 - 2116 ? Streikt bitte diese wundervollen Firmen nicht gleich ganz kaputt, damit in 500.000 Jahren noch einer von den Arbeitnehmern da ist, der weiß, was das für eine komische Scheiße ist, die da immer noch tierisch vor sich hin strahlt, wo die herkommt, und wie man damit sicher umgeht - wenn es schon lange keinen Chef mehr gibt, der Ahnung hat.