Abgeordnetenhauswahl 2026: Berlins SPD lässt es ordentlich krachen
Mit Steffen Krach soll 2026 ein für die Partei unbelasteter Kandidat das Rote Rathaus zurückerobern. Seine Ideen für die Hauptstadt? Vorerst unklar.

Für den tief zerstrittenen Landesverband ist die Nominierung des 46-Jährigen ein Befreiungsschlag. Mit Krach verbindet sich die Hoffnung, die am Boden liegende SPD aus dem Tal der Tränen zu führen. Zwar kommt er von „außerhalb“, doch im hauptstädtischen Politikbetrieb ist er kein Unbekannter. Bis zu seinem Wechsel nach Niedersachsen 2021 war er in der Berliner Landesregierung sieben Jahre lang Staatssekretär für Wissenschaft. Er gilt als integer, zugewandt, smart. „Vor allem aber ist er unbelastet, er hat uns das mit Schwarz-Rot nicht eingebrockt“, sagt ein prominentes Mitglied des linken SPD-Flügels.
Gerade „das mit Schwarz-Rot“ belastet viele Genoss:innen in der Hauptstadt. In Umfragen dümpelt die SPD bei gerade mal 14 Prozent, hinter der führenden CDU und der starken Linken, aber auch noch hinter den Grünen. Ein Absturz, den linke Parteikreise der Koalition mit der CDU zuschreiben. Und vor allem einem Namen: Franziska Giffey.
Die Ex-Bundesfamilienministerin, ehemalige Regierende Bürgermeisterin und derzeitige Wirtschaftssenatorin hatte der einst erfolgsverwöhnten Dauerregierpartei SPD als Spitzenkandidatin bei der Berliner Wiederholungswahl im Februar 2023 nicht nur ein historisch schlechtes Ergebnis von 18,4 Prozent beschert. Sie übergab danach auch ohne Zwang das Rote Rathaus an den Wahlsieger CDU und drängte die SPD in die Rolle der Juniorpartnerin. Dabei hätte es für eine Fortsetzung der bisherigen Koalition mit Grünen und Linken gereicht.Die Parteilinke warnte damals vor einer „Verzwergung“ – nicht zu Unrecht. Dass sich Giffey für die Wahl 2026 zuletzt auch noch selbst ins Spiel brachte als erneute Spitzenkandidatin, sorgte bei nicht wenigen für ungläubiges Kopfschütteln.
Spitzenkandidat der Grünen steht ebenfalls schon fest
Nun soll es also der Re-Import Steffen Krach richten. Die Euphorie in der Partei ist groß. „Steffen Krach bringt als erfahrener und erfolgreicher Politiker Kraft, Erfahrung und Ideen für ein besseres Berlin mit“, feiert der Landesvorstand seine Nominierung. Nur welche Ideen sind das? Krach ist in Berlin trotz seiner Staatssekretärszeit eine Blackbox. Ob es um die Vergesellschaftung großer Immobilienkonzerne geht oder die Bebauung des Tempelhofer Felds: Es ist unklar, wie der Mann aus Hannover zu all den in Berlin umkämpften Fragen steht.
Für die Sozialdemokrat:innen an der Spree muss das zunächst kein Nachteil sein. Im Gegenteil. Seine Nominierung bringt – neben der öffentlichen Aufmerksamkeit – auch etwas Ruhe in einen Landesverband, der aufgrund der zahlreichen, mitunter gnadenlos ausgetragenen Macht- und Flügelkämpfe als Schlangengrube verschrien ist.
Mit Krach komplettiert sich gut ein Jahr vor der Wahl zugleich langsam das Spitzentableau der Parteien. So haben sich die Berliner Grünen längst auf ihren Fraktionschef Werner Graf vom linken Parteiflügel als Kandidaten für das Amt des Regierenden Bürgermeisters festgelegt. Dass für die CDU erneut Regierungschef Kai Wegner in die Schlacht zieht, gilt als unumstritten.
Offen ist bislang allein die K-Frage bei der in Berlin starken Linkspartei. Vieles deutet darauf hin, dass sie als einzige der großen Parteien mit einer Frau antritt. Genannt wurde zuletzt immer wieder der Name der neuen Landeschefin Kerstin Wolter.
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