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Abgabe für AutofahrerAlbig ganz allein

Autofahrer sollen selbst für gute Straßen zahlen, fordert der Kieler SPD-Regierungschef Torsten Albig. Dafür wird er aus allen Parteien kritisiert.

Genug Autofahrer wären ja da, damit es sich lohnt. Bild: reuters

BERLIN dpa | Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig stößt mit seiner Forderung nach einer Sonderabgabe aller Autofahrer für den Straßenunterhalt auf teils harsche Ablehnung. Auch aus seiner eigenen Partei erntet der SPD-Landespolitiker Kritik.

Der SPD-Bundesvorsitzende und Vizekanzler in der großen Koalition, Sigmar Gabriel, ging noch eher zurückhaltend auf Distanz: Für die schwarz-rote Bundesregierung sei eine solche Sonderabgabe kein Thema – „im Koalitionsvertrag findet sich dazu nichts“, sagte er am Dienstag am Rande seines China-Besuchs in Peking. Weiter wollte er sich zum umstrittenen Vorstoß seines Parteifreundes nicht äußern.

Der Vorschlag sei aus sozialdemokratischer Sicht „völlig inakzeptabel“, schrieb der SPD-Haushaltspolitiker Joachim Poß auf seiner Facebook-Seite. Er wies darauf hin, dass die Sozialdemokraten im Wahlprogramm 2013 eine höhere Besteuerung von Vermögenden und Spitzenverdienern beschlossen hätten – das solle unter anderem Investitionen in die Infrastruktur ermöglichen. Diese Forderung sei weiterhin aktuell, auch wenn sie in großen Koalition nicht durchzusetzen sei.

Albig hatte der Zeitung Die Welt (Dienstag) gesagt: „Wir müssen den Bürgern dieses Landes klar sagen, dass wir ein zusätzliches nutzerfinanziertes System für den Erhalt unserer Infrastruktur benötigen.“ Als mögliche Größenordnung für eine Sonderabgabe brachte er indirekt einen Jahresbetrag von 100 Euro ins Spiel: „Wer Angst hat, abgewählt zu werden, weil er für reparierte Straßen zusätzlich 100 Euro im Jahr von den Menschen verlangt, der wird irgendwann abgewählt, weil dieselben Menschen nicht mehr über unsere Straßen vernünftig zur Arbeit fahren können.“

„Das ist der falsche Weg“

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer nannte den Vorstoß „verwunderlich“. In den Koalitionsverhandlungen hätten sich die Sozialdemokraten zunächst gegen eine Pkw-Maut für Ausländer gesträubt, sagte er der Passauer Neuen Presse (Dienstag). „Jetzt kommt Ministerpräsident Albig und will die bereits stark belasteten deutschen Autofahrer noch mit einer zusätzlichen Gebühr zur Kasse bitten. Das ist der falsche Weg. Dafür gibt es in der schwarz-roten Koalition keine Mehrheit.“

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sagte der Mitteldeutschen Zeitung“ (Dienstag): „Wir wollen keine Sonderabgaben für den Bürger mehr.“ Der Staat müsse lernen, mit den bestehenden Einnahmen auszukommen. „Und die waren noch nie so hoch wie heute.“

Linke-Chef Bernd Riexinger vermutete in den Ruhr Nachrichten“ (Dienstag), die große Koalition wolle gleich nach den Landtagswahlen im Herbst eine allgemeine Pkw-Maut auf den Weg bringen. „Der Schlaglochfonds ist eine Maut für alle nach österreichischem Vorbild.“ Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter machte sich in den Ruhr Nachrichten“ für eine Ausweitung der Lkw-Maut und eine klare Prioritätensetzung bei Verkehrsprojekten stark. „Nicht jeder Wahlkreis braucht eine neue Umgehungsstraße.“

Der rheinland-pfälzische Infrastrukturminister Roger Lewentz (SPD) lehnte in der Bild-Zeitung (Dienstag) ebenfalls eine weitere Belastung der Autofahrer ab. „Schon heute nimmt der Staat über Steuern, Maut, Gebühren mehr von den Autofahrern ein, als er über Investitionen zurückgibt.“

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5 Kommentare

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  • Da ich in der vorteiligen Lage bin, seit 1999 kein Auto mehr zu benötigen, möchte ich darauf hinweisen, dass zum einen es sehr viele Menschen gibt, die sich den PKW zur Arbeit hin und zurück so gerade mal noch leisten können, zum anderen solcherart Vorschläge von Seiten eines Dienstfahrzeugnutzers, der allen gewöhnlichen, höchst steuerintensiven Kosten eines PKWs enthoben ist, angesichts der Staatseinnahmen in Höhe von 50 Milliarden Euro aus KFZ-Steuern, die irgendwo versickern, sowie neuerlich gestiegener Steuereinnahmen im Monat März in höchstem Maße obszön sind. Man merkt, wie sehr die durch politischen Größenwahn entstande Zinslast als garantierte Bankensubvention der Gesellschaft mehr und immens mehr Mittel entzieht. Vollblutpolitikern á la Alberich (oder wie auch immer er heißen mag) empfehle ich, mit dem Geld auszukommen, daß ihnen unverdient waggonweise hingekarrt wird. Langsam wäre ein detailliert aufgeschlüsselter Bundeshaushalt ohne schwindlerisch übertriebene, anderweitige Kosten verschleiernde Luftbuchungen, die als Renten- oder Sozialkosten erscheinen, schon mal höchst wünschenswert. Statt dessen wurde seitens der Politik der Rechenschaftsbericht/Steuerverschwendung in einer nachmitternächtlichen 14 Sekunden dauernden Geheimabstimmung bei Anwesenheit von nicht einmal 10% eines 700köpfigen, sehr teuren Parlaments zur Verschlußsache erklärt. Weiter so, Parlamentswanzendeutschland!

  • Och die armen Autofahrer sollen noch mehr geschröpft werden!?

     

    Wenn die gesamten realen Folgekosten, die durch die heilige Kuh entstehen, mal auf den Tischkommen würden, dann würde man mit 1000 Euro pro Autofahrer nicht mal mehr auskommen!

  • Wohin verschwinden eigentlich die Milliarden aus Kfz- und Treibstoffsteuer?!

    • @Tadeusz Kantor:

      Das Geld aus diesen Steuern fliesst in den Haushalt aus dem verschiedenes finanziert wird, nicht nur Straßen. So ist das mit Steuern, und zwar mit allen. Diese sind keine Gebühren, die einem Zweck dienen, sondern nehmen Geld ein von Menschen, die etwas haben. Und davon haben die meisten Autofahrer offensichtlich so viel, dass sie so viel Autofahren und entsprechende Steuern zahlen können. Daraus abzuleiten, es würden ihnen deswegen Straßen zustehen ist so abwegig, wie der Anspruch eines Branntweinsteuerzahlers auf Kneipen, die aus seiner Steuer finanziert werden!

  • Im Land der 60%-Abgaben wird es auch höchste Zeit, das man für das benutzen von Strassen extra bezahlt!