piwik no script img

Ab 2009 kein Krankengeld mehrAllein im Tarifdschungel

Ein Detail der Gesundheitsreform macht insbesondere Selbstständigen und Freiberuflern zu schaffen: Sie verlieren ihren Anspruch aufs Krankengeld. Dennoch soll diese Regelung ab 2009 Gesetz sein.

Ist dieser Patient ausreichend versichert? Bild: ap

Zügig im neuen Jahr will die Koalition ein umstrittenes Detail der Gesundheitsreform nachbessern. Doch zunächst lässt sie es zum 1. Januar in Kraft treten: Es geht um Krankengeld für Selbstständige, die freiwillig gesetzlich krankenversichert sind - knapp 1,5 Millionen Menschen in Deutschland. Nicht alle von ihnen haben aktuell Anspruch auf Krankengeld. Aber wenn sie ihn haben, verlieren sie ihn zum Jahreswechsel - es sei denn sie schließen einen Wahltarif oder eine private Zusatzversicherung ab.

HINTERGRUND KRANKENGELD

Krankengeld soll bei längerer Arbeitsunfähigkeit den Lebensunterhalt sichern. Bei gesetzlich versicherten Arbeitnehmern wird es bei ein und derselben Krankheit für maximal 78 Wochen innerhalb von drei Jahren gezahlt. Die Kasse zahlt das Krankengeld, wenn die Lohnfortzahlung des Arbeitgebers endet – also in der Regel nach sechs Wochen. Bisher haben nicht alle Kassen Selbstständigen die Möglichkeit geboten, Krankengeld abzusichern. Wo es ging, gab es zum Teil die Möglichkeit gegen höhere Beiträge einen früheren Krankengeldbezug zu wählen. Um einen aktuellen Überblick der Tarifangebote bemüht sich z.B. die Selbstständigenberatung der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi: www.mediafon.de.

Betroffen sind auch rund 140.000 Künstler und Publizisten in der Künstlersozialkasse: Sie müssen Wahltarife abschließen, wenn sie Krankengeld vor der siebten Krankheitswoche beziehen wollen. Theoretisch müssen alle gesetzlichen Kassen passende Tarife anbieten. Das Bundesgesundheitsministerium fordert die Selbstständigen auf, Angebote zu vergleichen. Doch einige Tarife werden gerade erst veröffentlicht. Bei anderen Kassen fehlen sie offenbar komplett. Und einige Wahltarife sind deutlich teurer als die bisherigen Absicherungsmöglichkeiten. "Die Betroffenen sind verunsichert", sagt Veronika Mirschel, vom Referat Selbstständige der Gewerkschaft Verdi. Häufig hätten sie nicht viel Geld. "Zum Teil sind die Wahltarife einfach nicht leistbar."

Nicht nur die absoluten Preise klaffen auseinander – auch das Kleingedruckte hat seine Tücken. "Preisunterschiede richten sich nach dem Alter des Versicherten – aber auch danach, in welcher Höhe, ab dem wievielten Tag und vor allem für wie lang das Krankengeld gezahlt wird" , sagt Daniela Hubloher von der Verbraucherzentrale Hessen. "Das übersieht man leicht." Es gibt Angebote, bei denen die Zahlungen zwar schon nach zwei Wochen Krankheit einsetzen – aber auf knapp drei Monate innerhalb von drei Jahren begrenzt sind. Das kann bei schwereren Leiden schnell ausgeschöpft sein.

Vergleichende Beratungsangebote fehlen. Da die Tarife gerade erst bekannt werden, gibt es noch keine Finanztest-Ergebnisse oder Tarifrechner. Die Selbstständigen stehen recht allein im Angebotsdschungel. Dabei müssen sie sich mit einem Krankengeld-Tarif für drei Jahre an eine Kasse binden – ohne absehen zu können, ob dort bald der Service reduziert oder ein Zusatzbeitrag verlangt wird. Die Union habe die Bindungsfristen der Wahltarife nicht lockern wollen, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD, Carola Riemann, Anfang voriger Woche.

Aber die Koalitionsfraktionen hätten sich auf eine zusätzliche Möglichkeit geeinigt: Statt eines abgesenkten Kassenbeitrags von 14,9 Prozent (ohne Krankengeld), sollen Selbstständigen 15,5 Prozent zahlen können und so Anspruch auf Krankengeld ab der siebten Woche erwerben. Die lange Kassenbindung entfällt dann. "Wahrscheinlich wird es einen Kabinettsbeschluss Anfang Februar geben", sagte Reimann. Einiges müsse dann rückwirkend gelten. In Punkto Beratung könnten die Krankengeld-Wirren ein Vorgeschmack sein. Die Kassen sollen zunehmend Auswahl bei Tarifen und Versorgungsmodellen bieten. Die Angebote zu vergleichen wird aufwändiger – auch für bewährte Beratungsinstitutionen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

15 Kommentare

 / 
  • SS
    swen schmidt

    ich bin unständigbeschäftigter und werde keine zusatzversicherung abschliessen,was sich da einige versicherungen einfallen lassen haben ist eine frechheit da kann ich das geld lieber sparen und wenn ich dann krank bin davon die zeit überbrücken.aber trotzdem dan der bundesregierung für so tolle gesetze

  • FL
    Franziska Linkerhand

    Was ich in Ihrem Artikel vermisse, ist die wesentlich kritischer Beleuchtung des Handels der Bundesregierung. Ich habe versucht, ab Mitte Oktober die verfügbaren Wahltarife in Erfahrung zu bringen und zu vergleichen. Ich habe als schwerbehinderte Selbständige keine Möglichkeit, mich über private Versicherungen abzusichern, da dieses für mich unmöglich bis finanziell nicht tragbar ist. Um mich durch den Dschungel der Vertragsbedingungen und deren Auslegung (im Einzelfall recht diffizil) zu arbeiten, habe ich diverse Telefonate geführt und insgesamt wirklich erhebliche Zeit investiert. Nebenbei: ein Versicherungsmakler hätte mir da auch nicht geholfen, der hätte die gleiche Arbeit gehabt wie ich und ich hätte ihn dazu noch bezahlen müssen!Einen Wissensvorsprung hätte ein Versicherungsmakler ebenso nicht aufweisen können, da alle Vertragsbedingungen ja neu und mit der heißen Nadel gestrickt sind. Auf diese Werbeleserbriefe der Versicherungsmakler kann ich gerne verzichten.

    Nachdem ich mich dann nach Abwägungen aller (geringen) Möglichkeiten am 22. 12.2008 notgedrungen (wegen der Karenzzeit) entschieden habe, muss ich kurz darauf lesen, dass es einen Referentenentwurf gibt, der nachträglich!!! die Änderungen bringen soll, die mir, wenn es ihn von Anfang an gegeben hätte, die ganze Arbeit erspart hätte. Es kommt mir vor, als ob Klein-Fritz hier mal versucht hätte, eine gesetzliche Änderung auf die Schiene zu bringen und als er gesehen hat, ach, das war ja nicht so gut, mache ich doch schnell noch etwas anderes...

    Ich bin einfach empört. Es gibt einfach kaum eine Lobby all der Selbständigen, die nicht besonders gut verdienen, sondern gerade so zum Überleben.

    Auch das ein Referentenentwurf zur Änderung am 22.12.2008 vorgelegt wurde, war in der Presse so gut wie nicht verbreitet worden.

    Und was ist mit uns, die ab 01.01.2009 notgedrungen einen Wahltarif abgeschlossen haben? Haben wir dann wegen der gesetzlichen Änderung ein Sonderkündigungsrecht? davon steht nämlich nichts im Referentenentwurf?

  • KK
    Konstanze Karnick

    Wenn ich derartige Artikel lese, wundere ich mich: Habt Ihr noch nie etwas von Versicherungsmaklern gehört? Gerade Selbständige und Freiberufler wursteln sich fast immer allein durch den Versicherungsdschungel und sind damit für ihre Fehlentscheidungen auch selbst verantwortlich. Ihre Steuern lassen sie von Steuerberatern bearbeiten, wenn sie krank sind gehen sie zum Arzt: warum lassen sie sich in Sachen Versicherungen nicht von Versicherungsmaklern beraten bzw. betreuen?

    Wir sind Versicherungsmaklerinnen seit 1997 und Mitglied im Bundesverband unabhängiger Finanzdienstleisterinnen BuF e.V.

  • HM
    Hubert Mayer

    "Das Bundesgesundheitsministerium fordert die Selbstständigen auf, Angebote zu vergleichen."

     

    Das habe ich gemacht. Deshalb wandere ich jetzt aus. Und allen anderen Selbständigen, die über das Internet arbeiten können, rate ich das Gleiche.

  • V
    vic

    Ich bin weder Selbstständig noch Freiberufler, sehe aber auch für mich, dass diese "Reform" mal wieder eine der typischen Glanzleistungen der Regierung Merkel ist.

    Bei dem Wort Reform gibt es seit ihrer Wahl allen Grund sich zu fürchten.

  • SS
    swen schmidt

    ich bin unständigbeschäftigter und werde keine zusatzversicherung abschliessen,was sich da einige versicherungen einfallen lassen haben ist eine frechheit da kann ich das geld lieber sparen und wenn ich dann krank bin davon die zeit überbrücken.aber trotzdem dan der bundesregierung für so tolle gesetze

  • FL
    Franziska Linkerhand

    Was ich in Ihrem Artikel vermisse, ist die wesentlich kritischer Beleuchtung des Handels der Bundesregierung. Ich habe versucht, ab Mitte Oktober die verfügbaren Wahltarife in Erfahrung zu bringen und zu vergleichen. Ich habe als schwerbehinderte Selbständige keine Möglichkeit, mich über private Versicherungen abzusichern, da dieses für mich unmöglich bis finanziell nicht tragbar ist. Um mich durch den Dschungel der Vertragsbedingungen und deren Auslegung (im Einzelfall recht diffizil) zu arbeiten, habe ich diverse Telefonate geführt und insgesamt wirklich erhebliche Zeit investiert. Nebenbei: ein Versicherungsmakler hätte mir da auch nicht geholfen, der hätte die gleiche Arbeit gehabt wie ich und ich hätte ihn dazu noch bezahlen müssen!Einen Wissensvorsprung hätte ein Versicherungsmakler ebenso nicht aufweisen können, da alle Vertragsbedingungen ja neu und mit der heißen Nadel gestrickt sind. Auf diese Werbeleserbriefe der Versicherungsmakler kann ich gerne verzichten.

    Nachdem ich mich dann nach Abwägungen aller (geringen) Möglichkeiten am 22. 12.2008 notgedrungen (wegen der Karenzzeit) entschieden habe, muss ich kurz darauf lesen, dass es einen Referentenentwurf gibt, der nachträglich!!! die Änderungen bringen soll, die mir, wenn es ihn von Anfang an gegeben hätte, die ganze Arbeit erspart hätte. Es kommt mir vor, als ob Klein-Fritz hier mal versucht hätte, eine gesetzliche Änderung auf die Schiene zu bringen und als er gesehen hat, ach, das war ja nicht so gut, mache ich doch schnell noch etwas anderes...

    Ich bin einfach empört. Es gibt einfach kaum eine Lobby all der Selbständigen, die nicht besonders gut verdienen, sondern gerade so zum Überleben.

    Auch das ein Referentenentwurf zur Änderung am 22.12.2008 vorgelegt wurde, war in der Presse so gut wie nicht verbreitet worden.

    Und was ist mit uns, die ab 01.01.2009 notgedrungen einen Wahltarif abgeschlossen haben? Haben wir dann wegen der gesetzlichen Änderung ein Sonderkündigungsrecht? davon steht nämlich nichts im Referentenentwurf?

  • KK
    Konstanze Karnick

    Wenn ich derartige Artikel lese, wundere ich mich: Habt Ihr noch nie etwas von Versicherungsmaklern gehört? Gerade Selbständige und Freiberufler wursteln sich fast immer allein durch den Versicherungsdschungel und sind damit für ihre Fehlentscheidungen auch selbst verantwortlich. Ihre Steuern lassen sie von Steuerberatern bearbeiten, wenn sie krank sind gehen sie zum Arzt: warum lassen sie sich in Sachen Versicherungen nicht von Versicherungsmaklern beraten bzw. betreuen?

    Wir sind Versicherungsmaklerinnen seit 1997 und Mitglied im Bundesverband unabhängiger Finanzdienstleisterinnen BuF e.V.

  • HM
    Hubert Mayer

    "Das Bundesgesundheitsministerium fordert die Selbstständigen auf, Angebote zu vergleichen."

     

    Das habe ich gemacht. Deshalb wandere ich jetzt aus. Und allen anderen Selbständigen, die über das Internet arbeiten können, rate ich das Gleiche.

  • V
    vic

    Ich bin weder Selbstständig noch Freiberufler, sehe aber auch für mich, dass diese "Reform" mal wieder eine der typischen Glanzleistungen der Regierung Merkel ist.

    Bei dem Wort Reform gibt es seit ihrer Wahl allen Grund sich zu fürchten.

  • SS
    swen schmidt

    ich bin unständigbeschäftigter und werde keine zusatzversicherung abschliessen,was sich da einige versicherungen einfallen lassen haben ist eine frechheit da kann ich das geld lieber sparen und wenn ich dann krank bin davon die zeit überbrücken.aber trotzdem dan der bundesregierung für so tolle gesetze

  • FL
    Franziska Linkerhand

    Was ich in Ihrem Artikel vermisse, ist die wesentlich kritischer Beleuchtung des Handels der Bundesregierung. Ich habe versucht, ab Mitte Oktober die verfügbaren Wahltarife in Erfahrung zu bringen und zu vergleichen. Ich habe als schwerbehinderte Selbständige keine Möglichkeit, mich über private Versicherungen abzusichern, da dieses für mich unmöglich bis finanziell nicht tragbar ist. Um mich durch den Dschungel der Vertragsbedingungen und deren Auslegung (im Einzelfall recht diffizil) zu arbeiten, habe ich diverse Telefonate geführt und insgesamt wirklich erhebliche Zeit investiert. Nebenbei: ein Versicherungsmakler hätte mir da auch nicht geholfen, der hätte die gleiche Arbeit gehabt wie ich und ich hätte ihn dazu noch bezahlen müssen!Einen Wissensvorsprung hätte ein Versicherungsmakler ebenso nicht aufweisen können, da alle Vertragsbedingungen ja neu und mit der heißen Nadel gestrickt sind. Auf diese Werbeleserbriefe der Versicherungsmakler kann ich gerne verzichten.

    Nachdem ich mich dann nach Abwägungen aller (geringen) Möglichkeiten am 22. 12.2008 notgedrungen (wegen der Karenzzeit) entschieden habe, muss ich kurz darauf lesen, dass es einen Referentenentwurf gibt, der nachträglich!!! die Änderungen bringen soll, die mir, wenn es ihn von Anfang an gegeben hätte, die ganze Arbeit erspart hätte. Es kommt mir vor, als ob Klein-Fritz hier mal versucht hätte, eine gesetzliche Änderung auf die Schiene zu bringen und als er gesehen hat, ach, das war ja nicht so gut, mache ich doch schnell noch etwas anderes...

    Ich bin einfach empört. Es gibt einfach kaum eine Lobby all der Selbständigen, die nicht besonders gut verdienen, sondern gerade so zum Überleben.

    Auch das ein Referentenentwurf zur Änderung am 22.12.2008 vorgelegt wurde, war in der Presse so gut wie nicht verbreitet worden.

    Und was ist mit uns, die ab 01.01.2009 notgedrungen einen Wahltarif abgeschlossen haben? Haben wir dann wegen der gesetzlichen Änderung ein Sonderkündigungsrecht? davon steht nämlich nichts im Referentenentwurf?

  • KK
    Konstanze Karnick

    Wenn ich derartige Artikel lese, wundere ich mich: Habt Ihr noch nie etwas von Versicherungsmaklern gehört? Gerade Selbständige und Freiberufler wursteln sich fast immer allein durch den Versicherungsdschungel und sind damit für ihre Fehlentscheidungen auch selbst verantwortlich. Ihre Steuern lassen sie von Steuerberatern bearbeiten, wenn sie krank sind gehen sie zum Arzt: warum lassen sie sich in Sachen Versicherungen nicht von Versicherungsmaklern beraten bzw. betreuen?

    Wir sind Versicherungsmaklerinnen seit 1997 und Mitglied im Bundesverband unabhängiger Finanzdienstleisterinnen BuF e.V.

  • HM
    Hubert Mayer

    "Das Bundesgesundheitsministerium fordert die Selbstständigen auf, Angebote zu vergleichen."

     

    Das habe ich gemacht. Deshalb wandere ich jetzt aus. Und allen anderen Selbständigen, die über das Internet arbeiten können, rate ich das Gleiche.

  • V
    vic

    Ich bin weder Selbstständig noch Freiberufler, sehe aber auch für mich, dass diese "Reform" mal wieder eine der typischen Glanzleistungen der Regierung Merkel ist.

    Bei dem Wort Reform gibt es seit ihrer Wahl allen Grund sich zu fürchten.