ARD-Dokuserie „Charité intensiv“: Promo-Show für Organspende
Die ARD hat für ihre Dokuserie „Charité intensiv“ Menschen in Berliner Krankenhäusern begleitet, die auf Organspenden warten. Die Serie missioniert nicht.
Bangen“, „Geben“, „Warten“ und „Leben“ heißen die vier Folgen der Doku-Serie „Charité intensiv – Gegen die Zeit“. Nicht als Titel geschafft, aber dafür das grundlegende Motiv während nahezu jeder Erzählminute: das Sterben.
Die Dokumentarfilmer*innen Mareike Müller und Carl Gierstorfer begleiten für den RBB Menschen, die in zwei Berliner Krankenhäusern, auf neue Organe warten – und damit neue Lebenszeit. Und Menschen, die bereit sind, ihre eigenen Organe oder jene von verstorbenen Angehörigen zu spenden. Zwei Jahre zuvor, in der ersten Staffel, „Charité intensiv – Station 43“, haben Müller und Gierstorfer bereits nah über Gesundheit und Wissenschaft berichtet. Damals im Zentrum der Erzählung: der Klinikbetrieb zu Hochzeiten der Coronapandemie in Deutschland.
Die zweite Staffel ist nun beinahe coronafrei, aber fast noch emotionaler. Allein durch die Darstellung von Menschen, die monatelang wie gefangen sind auf einer Herzstation und dort warten. Wie der eine Mann, der seiner Sportlerjugend hinterhertrauert. Oder ein Familienvater, der fürchtet, seine Tochter nie als erwachsenen Mensch erleben zu können. Oder die Angehörigen einer jungen Frau, deren Organe plötzlich versagt haben.
Die Haltung der Filmemacher*innen wird auch ohne Kommentar klar, auch in den Momenten, in denen einfach die Arbeit von Mediziner*innen gezeigt wird. Sie absolvieren routiniert ihre Arbeit, doch die Tests und die Telefonate mit den Angehörigen gehen ihnen trotz allem nicht leicht von der Hand.
Die Serie dokumentiert, sie missioniert nicht. Trotzdem gerät sie allein durch die Themensetzung zur Promo-Show für Organspende. Wer alle vier Folgen geguckt hat, wird am Ende vermutlich selbst einen Organspendeausweis in ihren Geldbeutel oder zumindest einen bestellt haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Die Wahrheit
Herbst des Gerichtsvollziehers