ARD-Doku über Max Herre und Joy Denalane: Liebe ist Arbeit
Der ARD-Dreiteiler „Max & Joy – Komm näher“ über Joy Denalane und Max Herre wirft einen Blick auf den Balanceakt einer Beziehung zwischen Liebe und Kunst.

Das Daily Business mit einer romantischen, womöglich auch noch erotischen Komponente am Abend zu verbinden, kann schon eine gewaltige Herausforderung bedeuten. Kaum hat man die Ladentür hinter sich geschlossen, dräut Kuscheligkeit im heimischen Wohnzimmer auf das jeweilige Couple, und da ist es dann eben doch egal, wie erfolgreich man ist oder wie gerne man seinen Job macht.
Immer zusammen zu sein, heißt im schlimmsten Fall leider auch: null Geheimnis, null Sehnsucht nacheinander, null Überraschungseffekte innerhalb der Beziehung. Auch um diese Problematik geht es in einer Nebenspur der 3-teiligen Doku „Max & Joy – Komm näher“, die jetzt in der ARD-Mediathek abrufbar ist.
Max Herre und Joy Denalane, beide gehören seit über zwei Jahrzehnten zu den erfolgreicheren Pop-Acts Deutschlands. Nun hat ihr gemeinsamer Freund und langjähriger Weggefährte Sékou Neblett die bisher verschlossene Tür zu privaten Krisen, Höhenflügen und Phasen des Scheiterns des Paares ein Stück weit aufgesperrt.
Neblett, der mittlerweile erfolgreich als Filmemacher und Autor arbeitet, war Anfang des letzten Jahrhunderts Teil der sogenannten „Kolchose“, jenem legendären Zusammenschluss von Rap-Künstler:innen, die sich von Stuttgart aus mit Acts wie „Freundeskreis“, dessen Sänger Herre war, einen guten Ruf erarbeiten konnten.
„Jeen-yuhs“ als Vorbild
Das intime Material und die Erzählweise erinnern an Coodie Simmons, der seinen einstigen Freund Kanye West zwei Jahrzehnte lang mit der Kamera begleitete und das Material in die denkwürdige Netflix-Doku „jeen-yuhs“ goss. So filmte Neblett auch dann, wenn es mal brenzlig wurde, wenn das Paar in Streit und Missstimmung geriet. Ursprünglich nur für den Privatgebrauch gedacht, wurde im Zuge der Veröffentlichung eines ersten gemeinsamen Albums klar: Hier kann mit neuer Offenherzigkeit relativ geschickt ein marketingwirksames Hintergrundrauschen erzeugt werden.
Die drei Folgen der Doku hangeln sich episodisch am Beginn einer großen Liebe, an deren Scheitern und schließlich dem gemeinsamen Neubeginn entlang – Letzterer wird sogar gekrönt durch eine zweite Hochzeit.
Wie geht all das zusammen: künstlerische Praxis und die Organisation eines normalen Familien- und Ehelebens (zwei gemeinsame Söhne und eine uneheliche Tochter Herres wollen ja auch betreut sein)?
Neblett legt den Fokus auf genau diese Frage. Wir beobachten, wie sich Denalane und Herre durchaus in einer gewissen Konkurrenz zueinander befinden, was permanente Reibung verursacht. Beide haben Ehrgeiz und Talent, wollen das ausleben, und besonders Joy zeigt immer mal wieder am Rande, welch großartige, versierte Sängerin sie ist. Beide wollen den Erfolg, der zu Beginn mit dem Hit „Mit dir“ direkt da war, in gemeinsamen Projekten keinesfalls unterbieten, gleichzeitig aber auch solo durchstarten.
Highs & Lows
Als internationale Ambitionen nicht recht aufgehen, kommt es zur Krise. Trennung. Verwirrung. Zu einer eher merkwürdigen Singer-Songwriter-Phase Herres. Denalane ist in einer neuen Beziehung, muss immer mal wieder nach Philadelphia fliegen und so weiter, und so weiter. Und wir sehen Alltagsszenen. Küchen, die nicht wie geleckt aussehen, müde Gesichter, private Feiern und Essen, wahlweise den geknickten Max und die aufblühende Joy.
Befriedigt das unser voyeuristisches Interesse am Privatleben von Promis? Ja, in Teilen schon. Aber die sehr gut komponierten Ausschnitte eines Beziehungslebens zeigen uns noch etwas anderes. Denn was wir zu sehen bekommen, ist Arbeit. Gemeinsame harte Arbeit, auch wenn zwischendurch geschmust wird.
Diese Doku zeigt uns, was es eben bedeutet, wenn ständig etwas aus sich selbst heraus kreiert werden muss, und das Ganze auch noch vor dem Hintergrund von Liebe, Verantwortung und Fürsorge für andere.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!