AKK, Kohle und die Talkshowpause: Gewissensprüfung für die Bundeswehr

Alle wissen, dass der „Bürger in Uniform“ das bessere Konzept wäre. Aber keiner traut sich dran. Dann reden wir halt über Daimler-Dividenden.

AKK im Kampfjet.

Bürgerin auch ohne Uniform im Kampfjet – besser wär's! Foto: imago

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?

Friedrich Küppersbusch: AKK will noch mehr Freiwillige beim Bund.

Und was wird besser in dieser?

AKK überlegt, ob sie freiwillig da ist.

Einen „Kohleausstieg“ bis 2038 hat der Bundestag am Freitag beschlossen. Im Austausch gibt ’s aber Kohle: Für die Regionen und für die Betreiber. Wie fühlen Sie sich?

Alt und weise. Wir Pottinsassen sind umzingelt von nicht existierenden Trickfilmstudios, theoretischen Solarfabriken und fiktiver E-Mobilität. Ein ­Gebot des Taktes, den Braunkohleregio­nen am offenen Grab – und so sehen sie ja aus – nicht zu sagen: Hat sich was mit Strukturhilfe. Das Ruhrgebiet – eine 6-Millionen-Metropole – profitierte am ehesten vom belächelten Reihenabwurf neuer Universitäten. Freuen wir uns auf die Leermeinung der Hochschule Groß Buckow und den Peter-Altmaier-Hefeteilchenbeschleuniger in Quadrath-Ichendorf. Dünn besiedelte Mond­land­schaf­­ten mit Geld ergeben dünn besiedelte Mondlandschaften mit irgendwann Geld wieder alle. Die 40 Mrd. für die Regionen und erst recht die 4,3 Mrd. für die Konzerne wären besser angelegt, wenn sie eng an nachhaltige Energie gebunden würden. Dann allerdings entstünde ein Risiko: Wir merkten lange vor 2035, dass niemand mehr Kohle braucht.

Der Bundestag hat für die Einführung der Grundrente gestimmt. Eigentlich ein Sieg für die SPD, aber stattdessen reden alle nur über Sigmar Gabriels Beraterfunktion bei Tönnies. Gönnt man der SPD denn gar nichts?

Ach was. Sigi, der lebende Tumormarker – wo er anheuert, darf man sich Sorgen machen: Deutsche Bank, Siemens, Tönnies und zwischendurch kandidierte er noch als Brummbrummlobbyist beim VDA. Wollen Sie der Frittenbude nebenan schaden, tuscheln Sie, Gabriel neulich dort gesehen zu haben. So gesehen ist einzig Gabriels unerwünschte Beratertätigkeit für die SPD ein Problem. „Für normale Menschen sind 10.000 Euro viel Geld“, erklärte der offenbar unnormale Mensch Gabriel zu seinem Honorar. Genauer gesagt: ungefähr 25 Monate Höchstsatz der neuen Grundrente. Der übliche Modus: die SPD ertrotzt soziale Gesetze, die Merkel gutgeschrieben werden. Kluge Strategie: Die Sozis streuen das Gerücht, Gabriel berate jetzt Merkel. Dann ist sie morgen fertig.

AKK löst eine Kompanie des KSK auf, der Rest bekommt Bewährung. Gewinnt sie so den Kampf gegen rechts?

AKK hatte noch als Generalsekretärin ein „Soziales Pflichtjahr“ promotet. Von „unsolidarischer Gesellschaft“ bis hin zum Pflegenotstand unter Corona finden sich dafür reichlich Argumente. Wenn die Union sich schon nicht traut, den beiläufigen Ruin des Zivildienstes zu betrauern. Dahinter steckt Unmut gerade der Konservativen über Guttenbergs Aussetzung der Wehrpflicht. Den Spaß macht sich nun die Wehrbeauftragte Högl: „Riesenfehler“. Sie sieht die Berufsarmee als Magnet für rechte Waffenjecken. Dummerweise steht außer ihr einzig die AfD stramm zur Wehrpflicht. Grüne verwechseln eine Profi-Armee mit Pazifismus, die SPD möchte ihre letzten drei Jungwähler behalten und die FDP unterbricht ungern ihr Praktikum beim Immobilienmakler für doofen Wehrdienst. Kurz: Fast alle wissen, dass der „Bürger in Uniform“ sich als überlegenes Konzept erwiesen hatte. Scheuen jedoch das unpopuläre Thema. Kramp-Karrenbauer doktert an Spätfolgen herum, etwa der rechtsextremen Alete-Truppe beim KSK. Faschos beim Barras heilt man nicht mit noch mehr Freiwilligen, wie sie es nun vorschlägt. Traum: Die Wehrpflicht kommt als allgemeine Soziales Jahr zurück, und wer eine Gewissensprüfung ablegt, darf dies Jahr beim Bund verbringen.

Am Mittwoch lädt Daimler zur Hauptversammlung. Und wieder ist die Frage: Dividende in Coronazeiten? Und wenn ja, wie viele?

Daimler ließ kurzarbeiten; in Frankreich und Dänemark dürften sie deshalb keine Dividende ausschütten. Kompromiss: Statt Cash würde Aktionären die Dividende in Aktien angeboten.

„Illner“ und „Lanz“ verabschieden sich demnächst in die Sommerpause. Wer redet dann noch mit wem? Und wo?

Tippe: Lauterbach, Drosten, Baerbock und Röttgen machen durch. In Folge acht fragt einer, wo Frau Will eigentlich ist.

Und was machen die Borussen?

Ach, BVB … merke man sich den „SV Berghofen“, das Frauenteam ist just in die Zweite Liga aufgestiegen. Der Krösus – Frauenfußball bisher null – scheut den langen Weg durch die Kreisligen und erwägt, sich beim Stadtteilclub einzukaufen.

Fragen: pwe, cas

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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