ADAC will keine Autolobby mehr sein: Pragmatischer U-Turn
In Berlin macht sich nun selbst die Autolobby für RadfahrerInnen und FußgängerInnen stark. Das sollte der autofreundlichen SPD zu denken geben.
Wir sind nicht die Autolobbyisten.“ Von niemand hätte man dieses Zitat weniger erwartet als vom Allgemeinen Deutschen Automobil Club, kurz ADAC, der gelben Vollbremsung für jede Veränderung auf Deutschlands Straßen. Und auch wenn die Berliner Sektion des Vereins fortschrittlicher ist als andere, steckt hinter dem Satz von Matthias Regner, Leiter Verkehr & Technik beim ADAC Berlin-Brandenburg, nicht weniger als das (reichlich späte) Eingeständnis, dass das 20. Jahrhundert mit seiner Fixierung auf den motorisierten Individualverkehr vorbei ist.
Künftig soll die Arbeit des ADAC vor allem nachhaltig sein. Dies ist der erste Punkt seiner neuen „Mobilitäts-Charta“. Und: „Alle relevanten Mobilitätsbedürfnisse der Menschen“ sollen Beachtung finden. Ein aus Sicht von FußgängerInnen, RadlerInnen und ÖPNV-NutzerInnen völlig nachvollziehbarer Ansatz, der zugleich verdeutlicht, wie sehr AutofahrerInnen vom ADAC bisher das Gefühl vermittelt wurde, allein auf dieser Welt (oder zumindest auf der Straße) zu sein.
Die Kehrtwende des Clubs ist getrieben von der Angst, von den Veränderungen auf Berlins Straßen überrollt zu werden. Angesichts des knappen Straßenraums und der wachsenden Bevölkerung ist klar, dass die von Initiativen wie dem Radentscheid vorangetriebene und von der grünen Verkehrssenatorin Regine Günther nun auch umgesetzte Umverteilung zuungunsten der Autos weitergehen muss. Andernfalls droht, dass es noch mehr Verkehrstote gibt, und das Vorankommen im Straßenverkehr noch langsamer wird.
Zeichen für eine gesellschaftliche Veränderung
Der U-Turn des hiesigen ADAC sollte auch Berlins SPD zu denken geben. Deren Spitzenkandidatin Franziska Giffey präsentiert sich ja als neue Schutzheilige der Automobilisten. Doch Letztere sind in Sachen Verkehrswende offenbar schon viel weiter, als es den Sozialdemokraten in den (Wahlkampf-)Kram passt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Jeder fünfte Schüler psychisch belastet
Wo bleibt der Krisengipfel?