80. Geburtstag des Dalai Lama: Die Abschaffung der Wiedergeburt
Der Dalai Lama wird 80 – und möchte nach seinem Tod nicht mehr wiedergeboren werden. Das ärgert die kommunistische Führung in Peking.
Es wäre nicht das erste Mal. Als der Dalai Lama 1995 den damals sechsjährigen Gedhun Choekyi Nyima als Wiedergeburt des Panchen Lama auswählte, seine Nummer zwei, entführte die chinesische Führung den Jungen und ernannte einen anderen Jungen zum Panchen Lama. Das soll nach dem Willen des Dalai Lama mit ihm nicht passieren. „Solange Tibet nicht frei ist, werde ich nicht wiedergeboren“, kündigte der Dalai Lama daher an. Am Montag feiert er seine 80. Geburtstag.
Es ist ein äußerst radikaler Schritt des geistigen Oberhaupts der Tibeter, der damit eine mehr als 500 Jahre existierende Institution aufgibt. Doch dieser Schritt ist konsequent.
Geboren wurde der 14. Dalai Lama als Sohn einfacher Bauern im tibetischen Hochland. Chinas Volksbefreiungsarmee hatte im März 1959 Tibet gewaltsam besetzt und ihn mitsamt seinem Hofstaat vertrieben. Die chinesische Führung hatte dem damals 24-Jährigen seine Rolle sowohl des religiösen als auch des politischen Oberhaupts aller Tibeter abgesprochen. Sie betrachtet ihn seitdem als gewalttätigen Separatisten.
Lobsang Sangay, tibetischer Premier
Gewaltloser Widerstand
Im indischen Dharamshala, am Fuße des Himalayas, ließ er sich nieder. Zehntausende Tibeter folgten ihm. Doch so aussichtslos die Lage all die Jahrzehnte für ihn und seine Gläubigen sowohl im Exil als auch daheim in Tibet war – entschieden und auch gegen den Willen in den eigenen Reihen hielt er stets am Prinzip des gewaltlosen Widerstands gegen die chinesischen Besatzer fest.
Unter anderem das brachte ihm 1989 den Friedensnobelpreis ein. Weil er sich zugleich auch den anderen großen Themen dieser Zeit annahm wie Klimawandel, Flüchtlingspolitik, Demokratie, Armutsbekämpfung und Kapitalismus, wurde er weltweit zur Ikone des Friedens. Und stets rief er seine Mitmenschen zu Mitgefühl, Toleranz und Vergebung auf. Menschen aus aller Welt strömten zu ihm nach Dharamsala und wollten ihn erleben. Auftritte auf Kirchentagen, bei Vorträgen und Reden locken bis heute Zehntausende.
Das hohe Alter ist ihm nicht anzusehen. Er wirkt heute so vital und gut gelaunt wie in seinen besten Jahren. Seine Rolle als politisches Oberhaupt gab er 2011 dennoch ab und machte damit den Weg frei für eine von Exiltibetern demokratisch gewählte Zivilregierung. Denn nicht nur aufgrund der chinesischen Besatzer gibt er die Vorstellung seiner eigenen Wiedergeburt als Dalai Lama auf. Er versteht sich selbst als Demokrat und hält die Institution nicht mehr für zeitgemäß.
Ausgerechnet Chinas herrschende Kommunistische Partei, die es offiziell mit Karl Marx hält und Religion als „Opium des Volkes“ betrachtet, maßt sich an, auch über die Seelenwanderung des tibetischen Oberhaupts bestimmen zu können. „Ob er die Wiedergeburt beenden will oder nicht, liegt nicht in seiner Hand“, wetterte der KP-treue Gouverneur von Tibet, Padma Choling, im Frühjahr.
So sehr die Ankündigung des Dalai Lama mit den traditionellen Gepflogenheiten der Tibeter bricht - die tibetische Exilregierung trägt die Entscheidung ihres geistigen Oberhaupts mit. Jeder Anspruch Pekings, den Nachfolger des Dalai Lama zu benennen, sei absurd, sagte ihr Premier Lobsang Sangay. Das sei so, als ob Fidel Castro sagt: „Ich suche den nächsten Papst aus und alle Katholiken müssen dem folgen.“
Seinen Geburtstag verbringt der geistliche Führer seit Sonntag in Südkalifornien. Unterstützer haben ein dreitägiges Forum zum Thema „Globale Barmherzigkeit“ organisiert. Der Dalai Lama will an allen drei Tagen Vorträge halten, unter anderem über Mitgefühl, Kunst und Klimawandel. Vor allem bei den politischen Themen ist er in seinem Element.
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