130.000 unterzeichnen Online-Petition: Homophobe Inhalte im App-Store
Weil Apple die schwulenfeindliche App einer fundamental-christlichen US-Organisation anbietet, formieren sich Proteste. Nach anfänglichem Zögern reagierte Apple.
BERLIN taz | "Du musst nicht schwul sein! Du kannst ein Leben voller Erfüllung und Seeligkeit führen, so wie Gott es vorgesehen hat." Der Weg zu dieser versprochenen Seeligkeit sei ganz leicht, sagen die fundamental-christlichen Schwulenhasser der US-Organisation "Exodus International" auf ihrer Homepage. Man müsse nur eines ihrer Mitglieder kontaktieren, zur Kirche finden, ein paar Therapien machen und Bücher lesen.
So weit, so irre. Dass der IT-Konzern Apple derartig homophobe Hasstiraden durch das Angebot des Apps von Exodus International auch noch indirekt unterstützt, sorgt jetzt für eine Protestbewegung im Netz. Schon 130.000 Menschen haben bis Dienstagmittag eine Online-Petition unterzeichnet, die den Konzern dazu auffordert, die App von "Exodus International" aus dem iTunes-Store zu entfernen.
Exodus propagiert, dass Homosexualität nicht angeboren ist, sondern im Verlauf der Jugend – etwa durch Missbrauch oder Ablehnung – entsteht. Auf ihrer Homepage steht, dass "Wandel für Homosexuelle durch die verändernde Kraft von Jesus Christus möglich" sei. Konkret gemeint ist damit die "Umformung" von Schwulen, Lesben und Transgender durch Therapien und Gebete. Dabei listen sie dutzende Berichte vermeintlich geheilter Homosexueller auf.
Die App, die in erster Linie auf die Homepage der Organisation verweist, Promo-Videos anbietet und auf Jugendliche und Studenten abzielt, wurde von Apple mit 4+ gewertet. Apps in dieser Kategorie enthalten laut Apple "keine zu beanstandenden Inhalte", können ab vier Jahren gefahrenlos genutzt werden. Mit dieser Wertung spielt Apple den fundamentalen Schwulenhasser sogar noch in die Hände. Auf ihrer Homepage weisen sie sichtlich stolz auf die Jugendfreigabe durch Apple hin.
Eigentlich hat Apple sich relativ strenge Richtlinien für angebotene Apps auferlegt. Diese würden abgelehnt, wenn sie "diffamierend, angreifend, kleinlich sind oder Individuen oder Gruppen in verletzender Weise angreifen". Es scheint, als würde der Konzern, der intern also homofreundliches Unternehmen gilt, diese Regel für homophobe Inhalte nicht anlegen.
"Hasserfüllt und bigott"
Die Initiatoren der Online-Petition sind Mitglieder der der Organisation "Truth wins out", die seit Jahren gegen die so genannten Ex-Gay-Initiativen arbeiten. Sie schreiben, Exodus International sei "hasserfüllt und bigott". Die Organisation nutze "Angst, Fehlinformation, Sterotypen und Verfälschung". Während rassistische und antisemitische Apps verboten seien, erlaube Apple das homophobe App. Das sei ein "Doppelstandard der verheerende Konsequenzen haben kann".
Auch Volker Beck, parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen im Bundestag, warnt vor den Folgen. Homosexualität sei keine Krankheit. Das App von Exodus International suggeriere aber, dass wer seine Kinder nur richtig erziehe, sie hart genug bestrafe oder für teures Geld umpole, diese schon "zur Vernunft brächte". "So werden Leben von jungen Menschen zerstört. So wird Lesben- und Schwulenfeindlichkeit angeheizt", sagte er taz.de. Beck fordert Apple deshalb auf, diese App aus seinem Sortiment zu entfernen.
Auch der Lesben- und Schwulenverband Deutschland ist empört. "Solche homophoben und fundamentalchristlichen Inhalte haben bei seriösen Anbietern nichts zu suchen", sagte Geschäftsführer Klaus Jetz gegenüber taz.de. Apple habe offensichtlich ein Problem mit Schwulen und Lesben, auch wenn intern harte Anti-Diskriminierungsstrategien gefahren würden.
Bereits im November 2010 geriet Apple wegen eines ähnlich gelagerten Falls unter Druck. Die App der fundamental-christlichen "Manhattan Declaration" verglich etwa die Gleichbehandlung von Homopaaren mit der Legalisierung von Inzest. Nachdem mehrere tausend Protestmails an Apple geschickt wurden, nahm der Konzern das App kommentarlos aus dem Store.
Auf die Frage, wie Apple selbst zur Kritik der Verharmlosung von Homophobie stehe und weshalb erneut ein solches App angeboten werde, antwortete Georg Albrecht, Unternehmenssprecher in Deutschland, lediglich: "Dazu gibt es von Apple kein Statement."
Update 23. März
Inzwischen hat Apple das kritisierte App kommentarlos aus dem ITunes-Store entfernt. Ob dauerhaft oder nur vorübergehend ist unklar. Innerhalb von weniger als zwei Wochen haben bis Mittwochvormittag fast 150.000 Menschen die Onlinepetition unterschrieben.
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