100 Tage Kulturpolitik in Berlin: Der bewährte Retter

Klaus Lederer, Berlins alter und neuer Kultursenator, flog in den ersten 100 Tagen des rot-grün-roten Senats unterm Radar. Geschätzt wird er dennoch.

Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke) macht sich derzeit kleiner, als er ist Foto: dpa

Um Kultursenator Klaus Lederer (Linke), der nach den Berliner Wahlen als einziger im Senat sein Amt behalten hat, war es von Beginn der Legislaturperiode bis zum heutigen Tag nicht gerade brüllend laut. Das liegt aber vor allem daran, dass die Allerwenigsten auf sein Ressort schauten, als in Europa der Krieg ausbrach und plötzlich Tausende Flüchtlinge aus der Ukraine in der Stadt ankamen und versorgt werden mussten.

Mit Sicherheit hatte es auch Vorteile für Lederer, erst einmal unterm Radar fliegen zu dürfen. Denn so konnte er sich weiter mit aller Kraft auf das konzentrieren, was er bereits vor zwei Jahren begonnen hat und was nach wie vor bitter notwendig ist: Berlins durch die Pandemie stark bedrohte, weil ohnehin traditionell prekäre Kulturszene zu retten.

Denn auch, wenn die Menschen nun wieder in Clubs tanzen, ins Theater und Konzert, zur Lesung und ins Museum dürfen: Die Corona­krise hat tiefe Löcher in die Kassen vor allem der mittleren und kleinen Kulturbetriebe gerissen. Ein Ende der wenig öffentlichkeitswirksamen Krise der Kultur ist auch deshalb noch nicht in Sicht, weil erstens nach wie vor die Tou­ris­t*in­nen fehlen und sich zweitens noch immer weniger Menschen zu Kulturveranstaltungen trauen oder aufraffen als vor der Pandemie.

Was Lederer bewegen kann, um die so betroffenen Einrichtungen zu stabilisieren, bewegt er anders als der Bund und andere Bundesländer seit Beginn der Pandemie – und wird auch deshalb von großen Teilen der Berliner Kulturschaffenden sehr geschätzt. Das heißt im Augenblick: Er hat wie vor 100 Tagen versprochen die Soforthilfe IV verlängert, eine Art Liquiditätshilfe fürs pure Überleben. Nun wird aller Voraussicht nach im Parlament die Reha beschlossen: eine Art Anschubhilfe unter dem Namen Perspektive Kultur, die den Einrichtungen ab dem Sommer einen Neustart ermöglichen soll. Diese Hilfe wurde mit Ak­teu­r*in­nen der Kulturbranche erarbeitet, für die beiden Haushaltsjahre 2022/2023 sind hierfür 40 Millionen Euro vorgesehen. Die konkrete Ausgestaltung des Programms erfolgt in den kommenden Wochen.

Und noch ein Häkchen

Und dann hat Lederer noch ein Häkchen in seinem Bereich des 100-Tage-Programms von Rot-Grün-Rot gesetzt: Der Kultursommer ist auf einem guten Weg, der dieses Jahr im Rahmen von Draußenstadt kuratierte, kostenlose, barrierearme und spontan zu erlebende Kulturveranstaltungen in alle Bezirke Berlins bringen wird. Starttermin ist der 18. Juni, enden wird der Kultursommer Mitte September. Ab dem 4. April können sich Kulturschaffende um Förderung bewerben. Erst nach Eingang der Bewerbungen wird sich herausstellen, wie sich das Programm gestaltet und ob es, wie Lederer in einem Interview mit der taz befürchtet hat, überhaupt noch genug Ver­an­stal­te­r*in­nen in dieser schwer gebeutelten Stadt gibt, die ein solches Event auf die Bühnen bringen können. So oder so: Der Kultursommer wird stattfinden – und sicher wird es dann um Klaus Lederer auch wieder geräuschvoller werden.

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