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100. Geburtstag von Pumuckl-ErfinderinMutter des Rotzlöffels

Am 17. November wäre Pumuckl-Erfinderin Ellis Kaut 100 Jahre alt geworden. Ein guter Anlass, um einmal den ganzen Tag Unsinn zu machen.

Pumuckl in „Das Gespenst im Gartenhäuschen“ Foto: Infafilm via dpa

Mitte der Siebziger muss es gewesen sein. Die erste eigene Schallplatte, noch vor „Bridge Over Troubled Water“: eine Pumuckl-Platte. „Ein föhniger Tag“ hieß sie und sie begann mit der Frage des Erzählers: „Wisst ihr, was der Föhn ist?“

Der noch recht kleine Zuhörer wusste es nicht, erfuhr aber nun, dass es sich um einen warmen Wind handelt, bei dem die Wolken langgezogen wie Fische oder Zeppeline sind, vor allem aber dass sich der Föhn ganz unterschiedlich auf die Laune der Leute auswirkt: „Leider, so muss gesagt werden, gehört der Meister Eder zu den Leuten, die der Föhn ganz konfus macht. Der Pumuckl dagegen könnte an Föhntagen den ganzen Tag hüpfen und springen und Unsinn machen. Unsere Geschichte ist also an einem Föhntag passiert.“ Für den nunmehrigen kleinen Plattenbesitzer war es ein ganz besonderer Tag.

In der Pumuckl-Forschung gilt ein anderes Datum als bedeutsamer, eines, das sich heute zum 100. Mal jährt: Am 17. November 1920 kam Ellis Kaut, die Schöpferin des Kobolds, in Stuttgart zur Welt. Stuttgart? Ein dummes biografisches Missgeschick, denn natürlich war Kaut ein echtes Münchner Kindl. Das behaupten viele von sich, doch sie hatte den offiziellen Titel tatsächlich einmal inne. Sonst: Schauspielschule, Studium der Bildhauerei, irgendwann dann das Schreiben. In den Fünfzigern beginnt sie das zu machen, womit sie berühmt werden soll: Hörspiele schreiben.

Natürlich kann man zum 100. Geburtstag schon mal die Frage stellen: Müssen wir jetzt wieder von diesem rothaarigen Rotzlöffel sprechen? Gab es da nicht viel mehr? Den „Kater Musch“ zum Beispiel? 150 Folgen soll der BR gesendet haben. Oder den „Schlupp vom grünen Stern“ aus der Augsburger Puppenkiste?

Der Pumuckl war Pflicht

Doch die Antwort lautet: Ja, müssen wir! „Der Pumuckl war schon das Intensivste“, bekannte Kaut selbst, als Jahrzehnte später obiger Plattenbesitzer, nun etwas größer, bei ihr auf dem Sofa saß, um die Grande Dame der Klabautermänner zu interviewen. Dabei war das Schreiben eine Qual für sie. Sie hat lieber gemalt, fotografiert, Ton modelliert. Die Wohnung hing voll mit eigenen Werken. Der Pumuckl dagegen, sagte Kaut, sei Pflicht gewesen. Trotzdem: „Da steckt viel von mir drin – viel mehr als etwa in der Bildhauerei.“

Auch der Pumuckl war ein Kind des Rundfunks. Was 1961 als Hörspiel begann, zunächst im Radio, dann auf Schallplatte, fand erst später seine Fortsetzung in den Büchern und der liebenswerten Fernsehserie von Ulrich König, es folgten Kinofilme, Tassen, Bleistifte, Gelbwurst. Das Sujet ist nicht neu: alter Mann mit frechem Hausgeist. Aber der Pumuckl ist kein Abklatsch eines Pinocchio. Davor bewahren ihn Ellis Kauts spezieller Humor, ihre Beobachtungsgabe, mit der sie die den Kobold umgebenden Münchner beschreibt, und überhaupt der Lokalkolorit ihrer Geschichten.

Ellis Kaut, Erfinderin des Pumuckl Foto: Frank Leonhardt/dpa

Und der Pumuckl ist eben auch mehr als ein kleiner Wicht, der Streiche und Schokolade liebt, Heinzelmännchen und Käse dafür hasst und der dummerweise an Meister Eders Leimtopf kleben geblieben ist und fortan – Koboldsgesetz! – bei diesem bleiben muss: Pumuckl ist ein Dichter; früher, bevor das Wort von wirklichen Unholden gekapert wurde, hätte man ihn als Querdenker bezeichnen können. Er ist der Karl Valentin unter den Kobolden, wenn auch eine lebensbejahende Variante.

Sprache modelliert er nach Herzenslust. Er dreht und wendet die Wörter, die er findet. Und wenn man auf dem Trockenen sitzt, weil der Meister Eder unter Föhneinfluss vergessen hat, das Wasser in den Kessel zu tun, dann reimt er eben: „Wir trinken Tee jetzt ohne Wasser, da wird’s im Bauch nicht gar so nasser.“

Natürlich ist er auch einer der prominentesten Vertreter des in Bayern so gern bemühten Anarchismus: Jennerwein, Kneißl, Pumuckl. Und das, obwohl der Migrationshintergrund des Kobolds ja unverkennbar ist. Klabautermänner? Bayern? Eben!

Die Serie

„Meister Eder und sein Pumuckl“, sonntags 6.20 Uhr als Doppelfolge im Ersten und in der Mediathek des BR

Pumuckl war eine Weile vom Bildschirm verschwunden. Das hatte mit Rechtsstreitigkeiten zu tun, aber auch mit angeblich geänderten Sehgewohnheiten der Kinder. Jetzt, fünf Jahre nach Ellis Kauts Tod, ist er wieder da, digital restauriert; und die Einschaltquoten zeigen: Der Nimbus des kleinen Werkstattliteraten ist unbeschädigt. Noch heute wird er geliebt von Kindern und Ex-Kindern gleichermaßen. Und so haben wir es vielleicht auch Ellis Kaut zu verdanken, wenn die Bayern in ihrem allertiefsten Inneren doch noch irgendwo ein Volk von Dichtern und Schreinern sind.

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