Argentiniens Gewerkschaften am 1. Mai: Vereint gegen den Libertären

Argentiniens zerstrittene Gewerkschaften demonstrieren am 1. Mai Einigkeit, um Arbeitsrechte zu verteidigen. Zuvor konnten sie einen Erfolg verbuchen.

Eine Frau hält ein Schild aud einer Demo hoch

Buenos Aires: In Argentinien verbuchen Gewerkschaften teilweise Erfolge im Arbeitskampf Foto: rtr/Cristina Sille

BUENOS AIRES taz | „Das Vaterland ist unverkäuflich. Heraus auf die Straßen, um das Leben zu verändern. – La Patria no se vende. En la calle para cambiar la vida.“ Unter diesen Losungen hatte der argentinische Gewerkschaftsdachverband CGT zur Kundgebung am 1. Mai aufgerufen. Doch statt einer massiven Mobilisierung fand eine Kundgebung am Monument ‚Canto al Trabajo‘ (Ode an die Arbeit), nicht weit vom Sitz der Gewerkschaftszentrale statt. Schließlich sollten die Kräfte für den bevorstehenden Generalstreik am 9. Mai aufgeteilt werden.

Ob Zufall oder Absicht, die massige, historische Skulpturengruppe des Bildhauers Rogelio de Yrurtia verstrahlt dort eine äußerst aktuelle Symbolik: Vierzehn Bronzefiguren ziehen an einem Strang einen riesigen Stein. Denn, wenn der libertäre argentinische Präsident Javier Milei eines erreicht hat, dann, dass sich die teils heillos zerstrittenen Einzelgewerkschaften zusammengerauft und ihre dritte Losung für den 1. Mai umgesetzt haben: „(Arbeits-)Rechte werden verteidigt – Los derechos se defienden“.

Am Vortag des 1. Mai wurde deutlich, dass die Verteidigung der Arbeitsrechte gegen die libertäre und neoliberale Politik des Präsidenten Früchte trägt. Zwar stimmte das Abgeordnetenhaus einem Mega-Gesetzespaket der Regierung zu, das in seiner ersten Fassung bei der ersten Abstimmung Anfang Februar noch durchgefallen war. Aber in dem jetzt angenommen Gesetzespaket sind die ursprünglich 60 Artikel, die eine weitreichende Arbeitsrechtsreform eingeleitet hätten, auf nur noch 16 Artikel reduziert.

Streik nach 45 Tage im Präsidentenamt

Gestrichen sind die Einschränkung des Streikrechts sowie die Kriminalisierung von Versammlungen am Arbeitsplatz, heißt es von Gewerkschaftsseite. Erhalten bleibt der sogenannte Solidarbeitrag, den Nicht-Gewerkschaftsmitglieder an die Gewerkschaft zahlen müssen, und der in den jeweils ausgehandelten Tarifverträgen festgelegt wird. Deren Streichung hätte einen empfindlichen Schlag für die Gewerkschaftskassen bedeutet. Dagegen konnten die Gewerkschaften eine Verlängerung der Probezeit auf bis zu zwölf Monate bei Neueinstellungen nicht verhindern. Eine mögliche Folge: Festanstellungen könnten durch schnelleren Personalwechsel umgangen werden. Aber es ist möglich, dass dies im Senat rückgängig gemacht wird, ohne dessen noch ausstehende Zustimmung ohnehin nichts in Kraft treten wird.

Schon zuvor konnte die CGT einen Erfolg verbuchen. Milei war gerade 45 Tage im Präsidentenamt, als die Gewerkschaften am 24. Januar ihren ersten Generalstreik durchführten. Der richtete sich gegen ein umfangreiches Dekret des Präsidenten, das unter anderen das Streikrecht und die Gewerkschaftsfreiheit einschränken sollte. Mittels einer einstweiligen Verfügung erreichten sie, dass dieser Teil des Dekrets außer Kraft gesetzt ist, bis der Oberste Gerichtshof deren Verfassungsmäßigkeit überprüft hat. Dennoch sind die Gewerkschaften in Hab-Acht-Stellung. Dass es sich bei alldem um einen Abwehrkampf mit einzelnen Erfolgen handelt, wissen auch sie.

So konnten sie bisher der Entlassungswelle nichts entgegensetzen, die im öffentlichen Dienst bisher rund 15.000 Beschäftigte erfasste. Und sie konnten nichts gegen die sinkenden Reallöhne erreichen, da die Regierung Branchentarifverträge mit mehr als zwölf Prozent Lohnerhöhungen nicht akzeptiert. Deshalb haben die Gewerkschaften für den 9. Mai den zweiten Generalstreik angekündigt.

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