+++ Nachrichten zum Ukrainekrieg +++: 20 Tote bei Angriff auf Winnyzja
In der zentralukrainischen Stadt sind laut Selenski mindestens 20 Menschen getötet und 90 verletzt worden. Die OSZE beklagt Menschenrechtsverletzungen.
Putin ebnet Weg für Ausrichtung russischer Wirtschaft aufs Militär
Russlands Präsident Wladimir Putin hat den Weg freigemacht für eine stärkere Ausrichtung der russischen Wirtschaft auf Bedürfnisse der Armee. Der Kremlchef unterzeichnete am Donnerstag ein Gesetz, das der Regierung „Spezialmaßnahmen“ für Militäreinsätze im Ausland erlaubt. Damit können einzelne Branchen zur Belieferung der Streitkräfte verpflichtet werden. Zudem können Arbeiter in diesen Betrieben zu Nacht-, Wochenend- und Feiertagsarbeit sowie zum Verzicht auf Urlaub gezwungen werden.
Auf eine Frage, unter welchen Umständen die Regierung gedenke, solche Maßnahmen umzusetzen, antwortete Kremlsprecher Dmitri Peskow nach Angaben der Agentur Interfax lediglich: „In dem Maße, in dem die Regierung es für sinnvoll hält, hat sie das Recht, sie (die Maßnahmen) anzuwenden.“ Vergangene Woche hatte das Parlament das Gesetz verabschiedet. Vize-Regierungschef Juri Borissow begründete es unter anderem mit den westlichen Sanktionen gegen Russland und den westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine.
Russland führt seit Ende Februar Krieg gegen das Nachbarland. Seitdem betont Moskau immer wieder, dass bei der „militärischen Spezial-Operation“ – wie der Krieg offiziell nur genannt wird – alles „nach Plan“ laufe. Internationale Militärexperten weisen hingegen darauf hin, dass Russland deutlich mehr Soldaten und Ausrüstung verloren haben dürfte als offiziell angegeben. (dpa)
Mindestens 20 Tote bei Raketenangriff auf Winnyzja
Bei einem russischen Raketenangriff auf die zentralukrainische Stadt Winnyzja sind nach Angaben von Präsident Wolodimir Selenski am Donnerstag mindestens 20 Zivilisten getötet und Dutzende verletzt worden. „Heute am Morgen haben russische Raketen unsere Stadt Winnyzja getroffen, eine einfache, friedliche Stadt“, sagte Selenski, zugeschaltet bei einer internationalen Konferenz über Kriegsverbrechen in Den Haag. „Raketen trafen zwei Verwaltungsgebäude, Häuser wurden zerstört, ein medizinisches Zentrum wurde zerstört, Autos und Straßenbahnen standen in Flammen. Das ist ein Akt des russischen Terrorismus“, sagte Selenski.
Die Stadt liegt rund 200 Kilometer südwestlich von Kiew und fernab der Hauptfronten im Osten und Süden der Ukraine. Das ukrainische Militär teilte mit, Russland habe von einem U-Boot im Schwarzen Meer aus Kalibr-Raketen auf Winnyzja abgefeuert. Nach Angaben der örtlichen Behörden waren unter den Todesopfern auch zwei Kinder. Wohn- und Bürogebäude seien bei dem Angriff zerstört oder schwer beschädigt worden. Der Polizei zufolge mussten rund 90 Verletzte medizinisch behandelt werden, etwa 50 von ihnen befanden sich in einem kritischen Zustand. Unabhängig konnten die Angaben zunächst nicht überprüft werden. (rtr)
OSZE kritisiert schwere Menschenrechtsverletzungen
Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ist besorgt über die mutmaßliche Misshandlung zehntausender Ukrainer in russischen Einrichtungen in der selbsternannten Volksrepublik Donezk. Die dortigen sogenannten Filterzentren seien eine „alarmierende“ Entwicklung, heißt es in einem OSZE-Bericht, den die Nachrichtenagentur AFP vor seiner Veröffentlichung am Donnerstag einsehen konnte. Demnach werden Zivilisten zu zehntausenden in solche Zentren gebracht, um herauszubekommen, ob sie mit den ukrainischen Behörden kooperieren.
Laut dem 115 Seiten langen OSZE-Bericht müssen etwa Ukrainer, die aus von Russland besetzten Städten wie Mariupol in die sogenannte Volksrepublik Donezk gebracht werden, ein solches Zentrum durchlaufen. Bei ihnen werden Fingerabdrücke genommen, Personendaten erfasst und Ausweispapiere kopiert. Auf diese Weise solle offenbar festgestellt werden, ob sie auf Seiten der ukrainischen Armee gekämpft oder andere Verbindung zur ukrainischen Regierung haben.
Die OSZE äußerte „erhebliche Sorge“ über die mutmaßliche Misshandlung tausender Ukrainer in den Einrichtungen. Es gebe Berichte, dass Menschen in den Zentren „Verhören und erniedrigenden Leibesvisitationen ausgesetzt“ seien. Menschen, die mutmaßlich mit der Regierung in Kiew zusammengearbeitet hätten, würden laut OSZE „häufig einfach verschwinden“, heißt es in dem Report. Demnach würden einige in von Russland kontrollierte Gebiete gebracht, wo sie inhaftiert oder gar getötet würden. (afp)
Weltärzte-Präsident verteidigt EU-Plan zum Gassparen
Weltärzte-Präsident Frank Ulrich Montgomery hält die von der EU anvisierte Senkung der Heiztemperatur in Büros auf 19 Grad für gesundheitlich unbedenklich. „Dann bringt man sich halt den Pullover von zuhause mit“, sagte der Vorsitzende des Weltärztebundes am Donnerstag der Mediengruppe Bayern. Die Senkung müsse nur rechtzeitig angekündigt werden, damit sich jeder darauf einstellen könne – für die Gesundheit der Beschäftigten bedeute die Temperatursenkung „gar nichts“.
Montgomery zeigte Unverständnis für die Kritik an den 19-Grad-Plänen der EU-Kommission. „Diese Debatte ist angesichts der Bedrohung der Menschen in der Ukraine und unserer Erpressbarkeit durch Putin einfach würdelos“, sagte er.
Wegen der drohenden Gaslieferstopps durch Russland schlägt die EU-Kommission umfangreiche Energiesparmaßnahmen in ganz Europa vor. Nach dem Entwurf des Gas-Notfallplans der Brüsseler Behörde, der der Nachrichtenagentur AFP vorliegt, sollen die Mitgliedstaaten im Winter eine reduzierte Heiztemperatur von 19 Grad in öffentlichen Gebäuden und in Geschäftsgebäuden anordnen können. Für die Zeit von Oktober bis März schlägt die EU-Kommission zudem umfangreiche Gaseinspar-Kampagnen vor. (afp)
Brüssels Pläne zum Energie sparen
Auf Wirtschaft und Verbraucher könnten angesichts der drohenden Gaskrise erhebliche Energiesparmaßnahmen zukommen. Ein Entwurf für einen Notfallplan der Europäischen Kommission sieht vor, dass öffentliche Gebäude, Büros und kommerzielle Gebäude ab Herbst bis zu maximal 19 Grad beheizt werden sollen. Es gebe mittlerweile ein „erhebliches Risiko“, dass Russland in diesem Jahr Gaslieferungen nach Europa stoppt, heißt es in dem Papier, das der dpa vorliegt. (dpa)
Konferenz berät über Strafverfolgung von Kriegsverbrechen
Mehr als 30 Minister und Ankläger Europas beraten in Den Haag gemeinsam mit dem Weltstrafgericht über Wege, Kriegsverbrechen in der Ukraine strafrechtlich zu verfolgen. Ermittlungen müssten dringend koordiniert werden, erklärte das niederländische Außenministerium. Das Ministerium leitet die Konferenz gemeinsam mit dem Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofes, Karim Khan, sowie EU-Kommissar Didier Reynders. (dpa)
Raketen treffen Industriegebiet von Kramatorsk im Donbass
Russische Truppen greifen auch die Stadt Kramatorsk im Donbass im Osten der Ukraine an. Raketen seien im Industriegebiet der Stadt eingeschlagen, schreibt Bürgermeister Olexandr Hontscharenko auf Facebook. In einigen Teilen der Stadt sei der Strom ausgefallen. Kramatorsk liegt in der Region Donzek, die zusammen mit der Region Luhansk den von Industrie geprägten Donbass bildet. Nach der erklärten Einnahme von Luhansk konzentriert Russland seine Offensive nun auf Donezk. (rtr)
Mykolaiw weiter unter russischem Beschuss
Die südukrainische Stadt Mykolaiw liegt nach Angaben von Bürgermeister Olexandr Senkewytsch weiter unter russischem Beschuss. Mehrere zivile Gebäude seien getroffen worden, schreibt er auf dem Kurznachrichtendienst Telegram. Rettungskräfte und Helfer seien bereits vor Ort im Einsatz. (rtr)
Städtebund fordert weiteres Entlastungspaket
Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, fordert angesichts steigender Gaspreise ein weiteres Entlastungspaket. „Wenn sie (die Preise) um das Fünf- bis Zehnfache steigen, können das untere, aber auch mittlere Einkommen nicht finanzieren“, sagt Landsberg im ZDF „Morgenmagazin“. „Dann brauchen wir ein Entlastungspaket des Bundes, die Signale gibt es ja auch aus der Bundesebene schon.“
Auch die Stadtwerke bräuchten einen Schutzschirm. „Wenn die Stadtwerke zum fünf-, sechsfachen Preis Gas einkaufen müssen, können das aber an den Kunden nicht weitergeben, dann kommen sie in eine Schieflage, und das wäre verheerend.“ Sollten Stadtwerke in Konkurs gehen, dann scheitere die Versorgung auch ohne den Einfluss von Russland. Der Bund habe die Dramatik erkannt, und auch aus den Ländern höre er, dass sie teilweise insbesondere kleinere Stadtwerke stützen werden. Ein Weg sei auch, Kommunen die Möglichkeit zu geben, Zusatzeinlagen einzubringen, damit die Stadtwerke erhalten bleiben. „Sie sind unverzichtbar für die Versorgung.“ (rtr)
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Verdi pocht auf Priorisierung von Privathaushalten beim Gas
Verdi-Chef Frank Werneke pocht auf eine Priorisierung von Privathaushalten bei der Versorgung mit Gas und kritisiert Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), der die Industrie bei dauerhaft fehlenden Gasmengen nicht automatisch benachteiligen will. „Es gibt klare europaweite gesetzliche Regelungen: Zuerst sind die Privathaushalte, Schulen, Krankenhäuser und so weiter mit Gas zu versorgen“, erklärt Werneke dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Habeck zufolge passe dieses Szenario eher zu einem kurzfristigen Ausfall, nicht aber den jetzt drohenden Engpässen. „Wer daran rüttelt, wie aktuell der Bundeswirtschaftsminister, legt einen politischen Brandherd“, sagt Werneke. (rtr)
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