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+++ Nachrichten in Nahost +++Dutzende Hilfesuchende im Gazastreifen getötet

Erneut hat die israelische Armee nahe eines Verteilzentrums Menschen getötet. Nun will Israel seine Offensive im Gazastreifen ausweiten.

Menschen in Nuseirat im Gazastreifen stehen in einer Schlange und warten auf Essen Foto: Abdel Kareem Hana/AP/dpa

Mindestens 58 Tote und 60 Verletzte im Norden des Gazastreifens

Im Gazastreifen sollen israelische Soldaten laut palästinensischen Berichten erneut Menschen getötet haben, die auf humanitäre Hilfe gewartet haben. Allein im Norden des Gazastreifens seien 58 Palästinenser durch israelischen Beschuss am Morgen ums Leben gekommen und mindestens 60 weitere verletzt worden, meldete die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa.

Die Opfer seien unbewaffnet gewesen, hieß es unter Berufung auf Augenzeugen. Viele Leichen lägen noch immer auf den Straßen im Nordwesten der Stadt Gaza. Mehreren Berichten zufolge warteten die Menschen in der Nähe eines Grenzübergangs zu Israel auf Lastwagen mit Hilfsgütern. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig verifizieren.

Laut Wafa wurden zwei weitere Menschen bei einem weiteren Angriff nördlich der Stadt Rafah im Süden des Gebiets getötet. Auch sie hätten auf Hilfe gewartet. In der Gegend gibt es palästinensischen Angaben zufolge eine Verteilstelle der umstrittenen Gaza Humanitarian Foundation (GHF). Es war zunächst aber unklar, ob die Menschen auf Hilfspakete der Stiftung gewartet haben.

Von der GHF gab es zunächst keine Stellungnahme. Auch Israels Armee äußerte sich auf Anfrage zunächst nicht zu den Vorfällen. (dpa)

Israel will Gaza-Offensive ausweiten

Angehörige der im Gazastreifen verbliebenen Geiseln haben sich besorgt über die angekündigte Ausweitung der israelischen Militäreinsätze gezeigt. Das Forum der Geiselfamilien kritisierte am Sonntag neue Evakuierungsanordnungen für Gebiete im Zentrum des Gazastreifens, die bisher weitgehend von Bodenoffensiven verschont geblieben sind. Die Gruppe vertritt viele der Angehörigen der am 7. Oktober 2023 beim von der militant-islamistischen Hamas angeführten Terrorangriff auf Israel verschleppten Personen.

Sie forderte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und das Militär auf, den Zweck der Ausweitung der Offensive zu erläutern. Israel operiere ohne klaren Kriegsplan. „Genug! Das israelische Volk fordert mit überwältigender Mehrheit ein Ende der Kämpfe und eine umfassende Vereinbarung, die die Freilassung aller Geiseln vorsieht“, erklärte die Gruppe.

Die am Sonntag veröffentlichten Evakuierungsanordnungen des Militärs schneiden die Stadt Deir al-Balah von den südlichen Städten Rafah und Chan Junis ab. Netanjahu hat wiederholt betont, dass eine Ausweitung der Militäroperationen den Druck auf die Hamas erhöhe, zu verhandeln. Derzeit laufen in Katar Gespräche über eine Waffenruhe. Durchbrüche wurden dabei bislang nicht erzielt. (ap)

Deutschland verspricht Mithilfe für Wiederaufbau in Gaza

Deutschland hat Mithilfe beim Wiederaufbau des Gazastreifens nach einem Kriegsende in dem Küstengebiet in Aussicht gestellt. „Deutschland wird einen Beitrag zum Wiederaufbau von Gaza leisten“, sagte Entwicklungsministerin Reem Alabali Radovan während eines Besuchs in Ägypten. Ihr Ministerium könne etwa helfen, die Wasser- und Energieversorgung in dem Gebiet zu verbessern oder vorübergehenden Wohnraum zu schaffen, „sobald es die Lage zulässt“, sagte die SPD-Politikerin. Voraussetzung seien aber unter anderem eine „sichere humanitäre Lage“ und ein dauerhafter Waffenstillstand.

Ein Wiederaufbau Gazas könnte UN-Schätzungen zufolge 50 Milliarden US-Dollar oder sogar noch deutlich mehr kosten. Ein Beginn dieser Phase scheint aber noch lange nicht greifbar. Gespräche über eine Waffenruhe verlaufen schleppend, die Kämpfe in Gaza gehen weiter und die Hürden bis zu einem dauerhaften Waffenstillstand sind sehr hoch.

Alabali Radovan wollte in Ägypten unter anderem Ministerpräsident Mustafa Madbuli und Außenminister Badr Abdel-Atti treffen. Das Land hat einen Plan für den Wiederaufbau Gazas vorgelegt. Die USA und Israel lehnen diesen Plan ab. (dpa)

Tausende Israelis demonstrieren für Freilassung der Geiseln

Tausende Menschen haben in Tel Aviv und anderen israelischen Städten für die Freilassung aller Geiseln demonstriert, die noch im Gazastreifen von der islamistischen Hamas festgehalten werden. „Vor sechs Monaten sah ich die Sonne wieder nach 471 Tagen in den Tunneln der Hamas und ich nahm einen ersten Atemzug, der nicht nur aus Angst bestand“, sagte die ehemalige Geisel Doron Steinbrecher als Rednerin auf der zentralen Kundgebung in Tel Aviv einem Bericht der Zeitung „Times of Israel“ zufolge.

„Jetzt, sechs Monate später, kann ich immer noch nicht ganz ohne Angst atmen“, fügte sie hinzu. „Das braucht Zeit. Und der erste Schritt ist, dass jeder zurückkommt.“ Die Menge zog am Samstagabend vom sogenannten Geiselplatz im Zentrum von Tel Aviv zur Außenstelle der US-Botschaft in der Hajarkon-Straße. In Sprechchören forderten die Kundgebungsteilnehmer US-Präsident Donald Trump dazu auf, Druck auf den israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu zu machen, die indirekten Waffenruhe-Gespräche mit der Hamas erfolgreich zu einem Ende zu bringen. (dpa)

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24 Kommentare

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  • Wieso wird eigentlich seit einiger Zeit nicht mehr die Gesamtzahl an Toten in Gaza genannt, sondern nur noch Tageswerte?

  • Schon erstaunlich, daß fast alle Foristen den Mitteilungen einer palästinensischen Nachrichtenagentur unkritisch glauben.

    • @Puky:

      Nicht zum ersten Mal: wäre halt gut, wenn sich neutrale Beobachter / Journalisten in Gaza aufhalten könnten, aber wer lässt die nicht rein? Und warum? Merkste selber, ne?

    • @Puky:

      Tja, da glauben wir lieber unkritisch der israelischen Propaganda und warten auf die natürlich völlig neutral und unvoreingenommenen Berichte der Untersuchungen von Massakern durch die IDF.

    • @Puky:

      Die Bilder von Gaza sprechen für sich. Sie sind unvergleichlich. Unvergleichlich deswegen, weil der Vergleich mit ähnlichen Vorkommnissen im WK2 politisch nicht korrekt ist.

  • Ist doch ganz klar, warum die Israelis UNO-Diplomaten neue Visa verweigern.

  • Ein interessanter Artikel in Le Monde : www.lemonde.fr/int..._6622643_3210.html

  • Deutschland ist laut Wikipedia der zweitgrößte Waffenlieferant Israels, etwa die Hälfte des Wertes der US-Lieferungen. Irgendwann, wenn scholzen und merzen vorbei ist, wird man sich Rechenschaft geben müssen. Die Holocaustverantwortung bleibt, und hier laden wir uns sehenden Auges eine zweite Verantwortung auf.

    • @Jo Lang:

      Aber Jo, man hört hier und da, dass es aber doch deutsche Arbeitsplätze schafft. Weniger redet man über Profite....

  • Fürchterlich was Israel bzw. die Regierung in Gaza macht und .. es ist Völkermord mit international zur Verfügung immer weiter gelieferten Waffen..

  • Beweis des moralischen Bankrotts des Menschen, wenn Profite locken. Völkermord ist JEDERZEIT scheinbare Option. Auf den Anstand der Mehrheit ist nicht zu setzen. Die Elenden sind schutzlos den wahnsinnigen Gewalttätern in Uniform ausgeliefert. Und hier zu Ort werden Solidarisierer mit den Unterdrückten streng beäugt und kriminalisiert, von den Spießern im Amt. Möge Gott beistehen.

  • Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen Israel möchte Genozid an den Palästinensern begehen.

    • @Ibrahimo:

      Wenn Israel einen Genozid verüben wollte und dabei ja nicht vom Westen aufgehalten werden würde, wie ja immer wieder unterstellt wird, warum tut Israel das nicht einfach? Die Möglichkeiten hätte Israel ja. Wenn Israel wollte, könnte es aus Gaza innerhalb weniger Tage in den berüchtigten Parkplatz verwandeln. Tut es aber nicht. Möglicherweise gibt es zwischen "Israel besteht nur aus Heiligen", eine Einstellung, die Verteidigern Israels ja gern unterstellt wird, und "Israel besteht aus Nazis, Völkermördern usw." noch einige andere Kategorien.

      • @Katharina Reichenhall:

        'warum tut Israel das nicht einfach? Die Möglichkeiten hätte Israel ja.'

        Und wenn aber doch getan würde, aber sozusagen in Zeitlupe, bräuchte es dann vielleicht die umfangreichste Desinformationskampagne, die die Welt je erlebt hat?

      • @Katharina Reichenhall:

        Ja, es ist immer wieder so, daß das Pogram von 1938 mit dem Hinweis gerechtfertigt wird, daß ein deutscher Diplomat von einem jüdischen Terroristen ermordet wurde.

      • @Katharina Reichenhall:

        Es geht Israel nicht um die Tötung aller Palästinenser, sowas würde sich auch im Westen schwer vermitteln lassen. Vertreibung, darum gehts und sowas macht man mit kleinen Schritten, immer gerade so unter der Schmerzgrenze der wichtigen Verbündeten.

      • @Katharina Reichenhall:

        Sie haben aber in einem Recht, Israel hat die Möglichkeiten, es handelt sich ja um eine Auseinandersetzung zwischen einer Atommacht und einem Entwicklungsland. Manche nennen es Krieg, andere Massaker.

      • @Katharina Reichenhall:

        Klingt gut, stimmt aber nicht. 85% des Gebietes ist geräumt und das meiste liegt in Trümmern. Sie sprechen von "noch einigen anderen Kategorien ", welche sind das bitte ? Sicher nicht die israelische Ärzteschaft, trotz Töten und Gefangennahme von palästinensischen Kollegen (siehe Gili Izkovich, Haaretz, 11.7.). Laut Haaretz sind 85% für Vertreibung ( A Grim Poll Showed Most Jewish Israelis Support Expelling Gazans. It's Brutal – and It's True; Dahlia Scheindlin, 3.6.2025). Warum Israel keinen Genozid verübt ? Da sind Fachleute anderer Meinung (www.nytimes.com/20...ore-android-share).

      • @Katharina Reichenhall:

        Nun hat der Forist nicht geschrieben, dass Israel aus Völkermördern besteht, sondern dass Israel einen Völkermord begeht. Das sind zwei verschiedene Aussagen, denn die erste konstruiert eine Kollektivschuld per Staatsangehörigkeit, die zweite hingegen beschreibt staatliches Handeln. Dass letzteres im aktuellen Fall die Grenze zum Völkermord überschreitet und dass dazu nicht die vollständige Ermordung der Bevölkerung nötig ist, wurde in den letzten Monaten von etlichen Experten erklärt. Es hilft manchmal auch, einen Blick in die internationale Presse zu werfen, um das ganze Ausmaß des Grauens in Gaza zu erkennen. Es fällt mir ehrlich gesagt zunehmend schwer zu verstehen, wieso ein so offensichtliches Menschheitsverbrechen hier immer noch geleugnet oder (nicht von Ihnen!) schöngeredet wird.

      • @Katharina Reichenhall:

        >warum tut Israel das nicht einfach<

        Sie tun genau das, was die usa an Greueln zulassen. Nicht mehr und nicht weniger.

      • @Katharina Reichenhall:

        Sinnbefreite Argumentation.

      • @Katharina Reichenhall:

        Grausamerer Zynismus geht nicht.

  • Das Töten von Zivilisten geht weiter und der Westen tut nichts.

    • @moonwatcher:

      Doch: Waffen liefern.