+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Russland und Ukraine tauschen 390 Gefangene aus
Die Ukraine erteilt einer militärischen Pufferzone für die Region Kursk eine Absage. Kyjiw sieht darin einen Beleg für die wahren Absichten des Kremls.
Russland und Ukraine tauschen erste 390 Gefangene aus
Russland und die Ukraine haben nach russischen Angaben ihren bisher größten Gefangenenaustausch begonnen und jeweils 390 Menschen freigelassen. Es seien jeweils 270 Kriegsgefangene und 120 Zivilisten übergeben worden, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Der vereinbarte Austausch von insgesamt jeweils 1.000 Gefangenen werde in den kommenden Tagen fortgesetzt, hieß es. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bestätigte den Beginn des Austauschs.
Der bislang größte Gefangenenaustausch in mehr als drei Jahren des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine war vergangene Woche bei Gesprächen in Istanbul vereinbart worden. Er blieb das einzige Ergebnis der ersten direkten russisch-ukrainischen Gespräche seit 2022, auf die vor allem US-Präsident Donald Trump gedrängt hatte. In den Tagen seitdem tauschten beide Seiten Namenslisten aus und trafen Vorbereitungen. (dpa)
Weitere Gefangene sollen am Wochenende freikommen
An diesem Samstag und Sonntag sollten weitere Gefangene freikommen, schrieb Selenskyj. Er dankte allen Beteiligten, die daran arbeiteten, dass alle Gefangenen nach Hause zurückkehren könnten. „Wir prüfen jeden Namen, Information zu jeder Person“, sagte er. Die diplomatischen Bemühungen müssten weitergehen, um solche Schritte zu ermöglichen.
Zuvor hatten bereits ukrainische Medien vom Beginn des Austauschs berichtet. Wegen der großen Zahl an Kriegsgefangenen werde der Austausch drei Tage dauern, schrieb das Portal „RBK Ukraine“. (dpa)
Trump gratuliert als Erster
Die russischen Zivilisten seien aus ukrainischer Gefangenschaft zurückkehrt, darunter auch Bürger aus den zeitweilig von Kiews Truppen kontrollierten Orten im Gebiet Kursk, teilte das Ministerium in Moskau weiter mit. „Derzeit befinden sich die russischen Soldaten und die Zivilisten im Hoheitsgebiet der Republik Belarus, wo sie die notwendige psychologische und medizinische Hilfe erhalten“, hieß es in der Mitteilung. Sie alle sollten bald nach Russland kommen, um ihre Behandlung und Rehabilitation in medizinischen Einrichtungen fortzusetzen.
Mit der Nachricht des Austauschs ging Trump am Freitag als Erster an die Öffentlichkeit. „Glückwunsch an beide Seiten zu diesen Verhandlungen“, schrieb er in seinem Netzwerk Truth Social. (dpa)
Kyjiw empört über Pufferzone an der Grenze
Die Ukraine weist den Plan von Kremlchef Wladimir Putin, eine Pufferzone an der Grenze zu schaffen, entschieden zurück. „Diese neuen aggressiven Forderungen sind eine klare Absage an Friedensbemühungen und zeigen, dass Putin der einzige Grund für das andauernde Töten ist und bleibt“, schrieb Außenminister Andrij Sybiha auf der Plattform X. Zuvor hatte Putin nach seinem Besuch in der monatelang teils von ukrainischen Truppen kontrollierten westrussischen Region Kursk die Schaffung einer Sicherheitszone „entlang der Grenze“ angekündigt.
Wo genau die Zone verlaufen, wie lang sie sein und wie tief in die Ukraine sie reichen soll, sagte er zunächst nicht. „Unsere Streitkräfte sind dabei, diese Aufgabe zu lösen, feindliche Feuerpunkte werden aktiv unterdrückt, die Arbeit ist im Gange“, sagte Putin.
Der ukrainische Außenminister Sybiha erklärte daraufhin, Putin müsse mehr Druck bekommen, um diesen Krieg zu beenden. Ministeriumssprecher Heorhij Tychyj meinte, dass Putin die Pufferzone auf eigenem Gebiet errichten könne.
Putin hatte die Region Kursk nach dem Einmarsch ukrainischer Truppen im August vorigen Jahres für befreit erklärt und in dieser Woche auch selbst besucht. Dagegen warf die Ukraine Putin Lügen vor; Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte mehrfach, dass seine Truppen noch Stellungen im Gebiet Kursk und in der benachbarten Region Belgorod hielten. Im August hatte Selenskyj als konkretes Ziel für den Vorstoß seiner Truppen in der Region Kursk ebenfalls „die Schaffung einer Pufferzone auf dem Territorium des Aggressors“ genannt. (dpa)
Russland will 112 ukrainische Drohnen abgeschossen haben
Russland hat nach eigenen Angaben über Nacht 112 ukrainische Drohnen abgeschossen. Davon seien 24 über der Hauptstadtregion Moskau abgefangen worden, teilt das Verteidigungsministerium mit. Die Ukraine hat ihre Drohnenangriffe auf Ziele in Russland in den vergangenen Tagen verstärkt, weshalb unter anderem der Moskauer Flughafen Domodedowo zeitweise den Flugbetrieb ausgesetzt hatte. (rtr)
Russland: 16 Verletzte durch Raketenangriff in Region Kursk
Russland meldete derweil einen ukrainischen Raketenangriff auf die Kleinstadt Lgow im Grenzgebiet Kursk. Die Zahl der verletzten Zivilisten sei auf 16 gestiegen, berichtete die russische Nachrichtenagentur Tass unter Berufung auf Behördenangaben. Vier der Verletzten seien in einem ernsten Zustand. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
Russland führt seit mehr als drei Jahren großangelegt Krieg gegen die Ukraine. Diese wehrt sich unter anderem mit militärischer und finanzieller Unterstützung aus dem Westen und versucht, den Krieg ins Land des Angreifers zu tragen. Die Schäden durch ukrainische Drohnen und Raketen sind jedoch viel kleiner als die Verheerungen, die russische Drohnen und Raketen in der Ukraine anrichten.
In der Region Lipezk im südlichen Zentralteil Russlands wurden in der Nacht acht Menschen durch eine ukrainische Drohne verletzt. Gouverneur Igor Artamonow berichtete nach Angaben der Staatsagentur Tass, die Menschen seien durch herabfallende Trümmer einer von der Flugabwehr abgeschossenen Drohne getroffen worden. (dpa)
G7-Finanzminister prüfen Verschärfung von Sanktionen
Die G7-Finanzminister wollen einer gemeinsamen Erklärung zufolge den Druck auf Russland verstärken, wenn Moskau einer Waffenruhe nicht zustimmt. Es würden weiter alle möglichen Optionen geprüft, um Russland zur Rechenschaft zu ziehen, einschließlich einer weiteren Verschärfung der Sanktionen, teilten die sieben wichtigen Industrienationen nach ihrem Gipfel in Kanada mit. In dem Kommuniqué, das der kanadische G7-Vorsitz veröffentlichte, wird außerdem Russlands andauernder brutaler Krieg gegen die Ukraine verurteilt.
Derweil bekräftigte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache, das Interesse der Ukraine bestehe nicht darin, den Krieg zu verlängern. Die Ukraine sei bereit, die schnellstmöglichen Schritte für eine echte Waffenruhe und den Aufbau einer neuen Sicherheitsarchitektur zu unternehmen. „Was wir brauchen, ist die reziproke Bereitschaft von Russland – und die gibt es derzeit nicht, und ohne globalen Druck wird sich das nicht ändern.“ (dpa)
Putin will Wiederaufbau in Grenzregionen
Putin ordnete auch an, alsbald ein umfassendes Programm auszuarbeiten, um den Wiederaufbau der durch Kämpfe betroffenen Grenzregionen einzuleiten. Neben den Gebieten Kursk und Belgorod geht es dabei auch um die Region Brjansk. Die grenznahen Regionen stehen fast täglich unter Beschuss der ukrainischen Seite, die vor allem Drohnen einsetzt.
Selenskyj hatte die Angriffe auf russische Staatsgebiet damit begründet, dass Kyjiw sich dadurch in eine bessere Position bringen könne bei künftigen Verhandlungen über eine Beilegung des Konflikts. Russland hatte unlängst erklärt, Kyjiw sei gescheitert mit dem Vorhaben, Moskau auf diese Weise unter Druck zu setzen. (dpa)
„Kommersant“: Bundeswehr in Litauen überfordert
Die russische Tageszeitung Kommersant kommentiert am Freitag die Indienststellung einer deutschen Panzerbrigade in Litauen:
„Selbst wenn unter Kanzler Merz die Frage der Finanzierung durch eine Änderung der Fiskalpolitik gelöst wird, werden Jahre vergehen für die Produktion neuer Waffen und die Modernisierung der Rüstungskonzerne. Das stellt den Erfolg des ehrgeizigen Projekts der Bundeswehr in Litauen infrage. Experten sehen jetzt schon Probleme mit dem Personal – in Deutschland ist es schwer genug, Leute für den Dienst im Land zu gewinnen. (…)
Ob die Bundesrepublik die Panzerbrigade mit dem notwendigen Gerät ausrüsten kann, ist ebenfalls fraglich. Um das Versprechen zu erfüllen, „jeden Zentimeter Nato-Gebiet zu verteidigen“, fehlt es dem Land bislang an Soldaten, Technik und Geld“. (dpa)
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