+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Mehr Unterstützung bei Abwehr nötig
Selenskyj pocht auf mehr internationale Hilfe bei der Luftverteidigung. Russland drängt Ukrainer in besetzten Gebieten zur Annahme der Staatsbürgerschaft.
Ukraine: Kein Vorrücken der russischen Truppen
Die russischen Truppen sind nach ukrainischen Angaben nicht auf dem Vormarsch, sondern haben sich in den von ihnen kontrollierten Gebieten verschanzt und diese vermint. „Der Feind hat sich gründlich auf diese Ereignisse vorbereitet“, sagt der Sekretär des ukrainischen Sicherheitsrates, Oleksij Danilow, im staatlichen Fernsehen. „Die Zahl der Minen auf dem Gebiet, das unsere Truppen zurückerobert haben, ist völlig verrückt. Im Durchschnitt gibt es drei, vier, fünf Minen pro Quadratmeter.“
Das mache es den ukrainischen Truppen schwer, nach Osten und Süden vorzudringen. Der Vormarsch sei langsamer als erhofft, aber man könne nichts überstürzen, weil Menschenleben auf dem Spiel stünden. „Niemand kann uns Fristen setzen, außer wir selbst … Es gibt keinen festen Zeitplan“, sagt er. „Ich habe nie das Wort Gegenoffensive benutzt. Es gibt militärische Operationen, und die sind komplex, schwierig und hängen von vielen Faktoren ab.“ (rtr)
Russland zwingt Ukrainer zum Staatsbürgerschafts-Wechsel
Russland übt einer US-Studie zufolge massiven Druck auf Ukrainer in den besetzten Gebieten aus, um sie zur Annahme der russischen Staatsbürgerschaft zu bewegen. In einem Bericht der Yale-Universität ist von „Bedrohungen, Einschüchterungen, Einschränkungen bei humanitärer Hilfe und Grundbedürfnissen sowie mögliche Inhaftierung oder Abschiebung“ die Rede. Die Betroffenen hätten keine andere Wahl, als einen russischen Pass zu akzeptieren, wenn sie überleben wollten, sagt Nathaniel Raymond, Leiter des Humanitarian Research Lab von Yale.
Eine Stellungnahme der Regierung in Moskau liegt nicht vor. Ministerpräsident Michail Mischustin sagte im Mai, seit Oktober hätten fast 1,5 Millionen Menschen in den Regionen Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson russische Pässe erhalten. (rtr)
Selenskyj pocht auf mehr Hilfe bei Luftverteidigung
Angesichts von wiederholten russischen Angriffen auf ukrainische Hafeninfrastruktur und Getreidelager hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erneut mehr internationale Unterstützung bei der Flugabwehr angemahnt. „Gemeinsam mit unseren Partnern tun wir unser Bestes, um die Lieferung von Luftverteidigungssystemen zu steigern“, sagte er in seiner abendlichen Ansprache am Mittwoch. „Jeder Angriff ist ein gemeinsames Problem. Nicht nur für die Ukraine, sondern auch für all diejenigen in der Welt, deren Stabilität Russland zu zerstören versucht.“
Mit seinem Angriffskrieg wolle Moskau eine „globale Katastrophe“ herbeiführen, sagte Selenskyj. Die russischen Angreifer spekulierten auf Krisen am Lebensmittelmarkt und steigende Preise, von denen sie dann selbst profitieren könnten, fügte er hinzu. „Das sind sehr gefährliche Hoffnungen.“
Russland, das bereits seit mehr als 17 Monaten einen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt, hatte im Juli unter internationalem Protest ein Abkommen zum Export ukrainischen Getreides aufgekündigt und bombardiert seitdem immer wieder ukrainische Häfen. Erst in der Nacht zum Mittwoch wurde in Odessa am Schwarzen Meer die Hafeninfrastruktur durch Beschuss beschädigt. (dpa)
Bewaffnete russische Milizen im Grenzgebiet zur Ukraine
In Russland haben die Gouverneure der an die Ukraine angrenzenden Regionen Kursk und Belgorod die Bewaffnung von „Volksmilizen“ zur Verteidigung gegen Angreifer aus der Ukraine angekündigt. Dies geschehe, da seine Region seit Monaten „fast täglich“ von „aus der Ukraine kommenden terroristischen Angriffen“ getroffen werde, erklärte der Gouverneur von Kursk, Roman Starowojt, am Mittwoch im Onlinedienst Telegram.
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow nannte die Ausrüstung der Milizen „rechtmäßig“ und „notwendig“ aufgrund der „Attentate“, die aus dem Gebiet der Ukraine heraus verübt würden.
Starowojt erklärte, nach „mehreren Monaten“ Arbeit an der „Frage der Bewaffnung der freiwilligen Volksmilizen“ sei nun „ein Mechanismus gefunden“ und die erste „Lieferung am Stützpunkt eingetroffen“. In „naher Zukunft“ werde die Anzahl der Waffen für die Miliz auf 300 erhöht, ergänzte der Gouverneur.
Die nach dem Vorbild ähnlicher Einheiten aus der Sowjetzeit entstandenen Freiwilligenmilizen wurden Gouverneur Starowojt zufolge in der Region Kursk im Dezember gebildet, um dem Militär, der Nationalgarde, der Polizei und dem Grenzschutz „zusätzliche Unterstützung“ zukommen zu lassen.
Der Gouverneur von Belgorod, Wjatscheslaw Gladkow, händigte seinerseits am Mittwoch Lokalmedien zufolge persönlich bei einer öffentlichen Zeremonie Waffen an Milizen aus. In der Region Belgorod waren „freiwillige Volksmilizen“ bereits in den ersten Wochen nach Beginn der russischen Offensive in der Ukraine gebildet worden.
Kreml-Sprecher Peskow sagte am Mittwoch vor Journalisten mit Blick auf die Milizen, alles werde „im Einklang mit dem Gesetz umgesetzt“. Es handle sich „um Maßnahmen, die vor dem Hintergrund der Angriffe, der Attentate, die von ukrainischem Territorium aus verübt werden, notwendig sind“. (afp)
Ukraine meldet Abwehr von rund 15 Drohnen über Kyjiw
Die ukrainische Luftabwehr hat in der Nacht rund 15 Drohnen abgewehrt, die sich auf Kyjiw zubewegten. Die ukrainischen Streitkräfte „haben fast 15 Luftziele entdeckt und zerstört“, als diese sich Kyjiw näherten, erklärte Militärverwaltungschef Serhij Popko am Donnerstag im Onlinedienst Telegram. Er fügte hinzu, es habe sich um Shahed-Drohnen aus iranischer Produktion gehandelt.
„Nach den bisher vorliegenden Informationen gab es keine Opfer oder Schäden in der Hauptstadt“, erklärte Popko. Es sei der 820. Luftalarm in Kyjiw seit Beginn der russischen Invasion im Februar 2022 gewesen und er habe drei Stunden gedauert.
In der Nacht auf Mittwoch hatte die ukrainische Armee bereits mehr als zehn Shahed-Drohnen über der Hauptstadt abgefangen. Die herabstürzenden Trümmer verursachten leichte Sachschäden, verletzt wurde niemand. Ebenfalls am Mittwoch meldete Kyjiw einen Angriff auf den ukrainischen Donau-Hafen in Ismajil direkt an der Grenze zu Rumänien. Dabei seien Lagerhäuser und Verwaltungsgebäude beschädigt worden. Ismajil ist der wichtigste Exporthafen für ukrainisches Getreide, seitdem Russland im vergangenen Monat aus dem Getreideabkommen für den Export durch das Schwarze Meer ausgestiegen ist. (afp)
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