piwik no script img

+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++Acht Tote durch Angriffe in der Ukraine

Polen bestellt den russischen Botschafter ein, und laut des britischen Geheimdienstes dürfte die Verhaftung von Igor Girkin für Wut in Russlands Armee gesorgt haben.

Ein ukrainischer Soldat inspiziert einen zerstörten russischen Panzer nahe des kürzlich befreiten Dorfes Novodarivka Foto: reuters

Munitionsfabrik auf der Krim von Drohne attackiert

Eine Munitionsfabrik auf der Krim ist am Samstag von einer ukrainischen Drohne angegriffen worden. Es sei zu einer Explosion gekommen, schrieb der von Russland eingesetzte Statthalter der annektierten Halbinsel, Sergej Aksjonow, auf Telegram. Berichte über Verletzte lägen nicht vor, aber die Menschen in einem Umkreis von fünf Kilometern rund um die Fabrik in Krasnohwardijske würden evakuiert. Das ukrainische Militär bestätigte einen Angriff auf ein Öldepot und ein russisches Waffenlager in der Region. (ap)

14 russische Drohnen zum Absturz gebracht

Bei russischen Angriffen auf verschiedene Regionen der Ukraine sind in der Nacht zum Samstag nach ukrainischen Angaben mindestens acht Menschen ums Leben gekommen und mehrere weitere verletzt worden. Vier Personen seien am Freitagabend in der Ortschaft Nju-Jork südlich von Bachmut durch russischen Artilleriebeschuss ums Leben gekommen und drei verletzt worden, teilte die Staatsanwaltschaft in der Region Donezk am Samstag mit. Das ukrainische Innenministerium meldete auf Telegram zwei weitere Tote aus Kostjantyniwka, ebenfalls in Donezk. Nahe der Stadt Tschernihiw schlugen nach Angaben der regionalen Militärverwaltung russische Marschflugkörper in ein Kulturzentrum ein und beschädigten Wohnhäuser. Zwei Menschen seien ums Leben gekommen.

Auch aus mehreren anderen Regionen der Ukraine wurden Angriffe gemeldet. Drei Zivilisten wurden in Saporischschja verletzt, wie Gouverneur Serhij Lyssak mitteilte. Die ukrainische Luftwaffe erklärte am Samstagmorgen, sie habe in der Nacht im Südosten des Landes 14 russische Drohnen zum Absturz gebracht. In der Hauptstadt Kiew blieb die Nacht ruhig. (ap)

Briten: Festnahme Girkins wegen direkter Putin-Kritik

Die Verhaftung des russischen Kriegsbefürworters Igor Girkin dürfte nach britischer Einschätzung für Wut unter anderen Militär-Bloggern sowie auch in Teilen des russischen Militärs sorgen. Der frühere Geheimdienstoffizier werde in diesen Sphären weitgehend als scharfsinniger Militäranalyst und Patriot betrachtet, hieß es am Samstag im Geheimdienst-Update des Verteidigungsministeriums in London zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.

Girkins Festnahme könnte demnach vor allem seiner direkten Kritik an Kremlchef Wladimir Putin geschuldet sein: Girkin sei zwar schon seit langem ein Kritiker der Kriegsführung des russischen Verteidigungsministeriums gewesen, schrieben die Briten. In den vergangenen Tagen hätten sich seine Kommentare jedoch zur direkten Kritik an Putin und seiner Zeit an der Macht entwickelt.

Obwohl Girkin kein Verbündeter der Wagner-Truppe sei, dürfte er darauf vorbereitet gewesen sein, die Grenzen der öffentlichen Kritik im Zusammenhang mit der erfolglosen Meuterei von Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin auszureizen, hieß es. Das Tabu der unverhüllten Kritik an Putins Führung sei erheblich geschwächt worden.

Der Ultranationalist Girkin, der unter dem Kampfnamen Igor Strelkow bekannt ist, war zuvor wegen Extremismus-Vorwürfen verhaftet worden. Der 52-Jährige hatte beim russischen Angriffskrieg ein entschlosseneres Vorgehen gegen die Ukraine verlangt. Er gilt zwar als strammer Kriegsbefürworter, kritisierte aber zunehmend scharf die Militärführung Russlands und warf ihr etwa Inkompetenz und Korruption vor. Zuletzt richteten sich seine Vorwürfe auch zunehmend gegen Putin, dem er Untätigkeit vorwarf. (dpa)

Putin: Polen hat „revanchistische Pläne“

Polen hat am Samstag den russischen Botschafter ins Außenministerium in Warschau einbestellt. Die Einberufung des russischen Botschafters sei nach „provokativen Äußerungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin sowie Drohungen und anderen unfreundlichen Handlungen der Russischen Föderation gegenüber Polen und unseren Verbündeten“ erfolgt, erklärte Vizeaußenminister Pawel Jablonski. Die Grenzen zwischen den Ländern seien „absolut unantastbar und Polen ist gegen jegliche Revision“ dieser Grenzen.

Putin hatte Polen am Freitag bezichtigt, „revanchistische Pläne“ zu haben und Gebiete in der Westukraine zurückerobern zu wollen – eine Behauptung, die von den russischen Behörden immer wieder erhoben wird. Während einer Sitzung des Nationalen Sicherheitsrats hielt Putin außerdem daran fest, dass die westlichen Regionen des heutigen Polens „ein Geschenk Stalins“ an die Polen nach dem Zweiten Weltkrieg gewesen seien.

Am Freitagabend hatte der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki Putin im Kurzbotschaftendienst Twitter entgegnet, dass „Stalin ein Kriegsverbrecher war, der für den Tod von Hunderttausenden von Polen“ während und nach dem Zweiten Weltkrieg verantwortlich gewesen sei. (afp)

Stoltenberg kritisiert Rückzug aus Getreideabkommen

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat Russlands Rückzug aus dem internationalen Abkommen für Getreideexporte übers Schwarze Meer kritisiert. „Wir verurteilen Moskaus Versuch, Nahrungsmittel als Waffe einzusetzen, auf Schärfste“, teilte Stoltenberg nach einem Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj am Samstag mit. Die Verbündeten stünden der Ukraine so lange wie nötig zur Seite. Das von Russland angegriffene Land sei der Nato nach dem jüngsten Gipfel des Bündnisses so nahe wie nie.

Selenskyj wiederum berichtete, in dem Telefonat sei es um weitere Schritte zur Integration seines Landes in die westliche Verteidigungsallianz gesprochen. Man habe zudem über Schritte gesprochen, um den Getreidetransport übers Schwarze Meer wieder möglich zu machen und langfristig zu gewährleisten. Ins Detail ging er nicht. Russland hatte das Abkommen am Montag auslaufen lassen. Die Vereinbarung hatte es der Ukraine seit vergangenem Sommer ermöglicht, trotz des russischen Angriffskriegs fast 33 Millionen Tonnen Getreide und andere Lebensmittel ins Ausland zu verkaufen. (dpa)

Mehrere Museen in Odessa beschädigt

Bei den russischen Angriffen auf die ukrainische Hafenstadt Odessa sollen laut Informationen der Unesco mehrere Museen innerhalb des Weltkulturerbes beschädigt worden sein. Wie aus einer Mitteilung der UN-Organisation für Kultur, Wissenschaft und Bildung in Paris hervorgeht, sollen vor allem das Archäologische Museum, das Flottenmuseum und das Literaturmuseum betroffen sein.

Das historische Zentrum von Odessa wurde infolge des russischen Krieges im Januar 2023 in die Unesco-Liste des gefährdeten Weltkulturerbes aufgenommen. Nach Angaben der Unesco, die die Angriffe auf das Schärfste verurteilt, sind seit Beginn der russischen Invasion am 24. Februar 2022 an 270 ukrainischen Kulturstätten Schäden festgestellt worden.

In den vergangenen Tagen wurde die Stadt an der Küste des Schwarzen Meeres mehrmals mit Raketen beschossen. (dpa)

Russischer Agentur-Korrespondent getötet

Nach russischen Angaben ist bei einem ukrainischen Artillerieangriff ein Journalist der Nachrichtenagentur RIA getötet worden. Drei weitere Journalisten seien verletzt worden, teilt das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Der Angriff sei nahe der Frontlinie in der südöstlichen Region Saporischschja mit Streumunition erfolgt. Eine ukrainische Stellungnahme liegt nicht vor. Die Angaben können von unabhängiger Seite nicht überprüft werden. (rtr)

Deutsche-Welle-Kameramann in Ukraine verletzt

Bei Dreharbeiten auf einem Truppenübungsplatz der ukrainischen Armee in der Donbas-Region ist ein Team der Deutschen Welle (DW) am Samstagmittag unter russischen Artilleriebeschuss geraten. „Dabei wurde DW-Kameramann Ievgen Shylko von einem Schrapnell aus russischer Streumunition verletzt“, teilte der deutsche Auslandssender in Berlin und Bonn mit. Er sei in einem ukrainischen Krankenhaus behandelt worden und seine Lage sei stabil.

DW-Intendant Peter Limbourg zeigte sich erleichtert, dass sich Shylko nicht in Lebensgefahr befinde. „Journalisten riskieren täglich ihr Leben, um über den russischen Angriffskrieg zu berichten – Ihnen gebührt mein größter Respekt und Dank“, betonte er. „Trotz aller getroffener Sicherheitsvorkehrungen und weit entfernt von der russischen Front bleibt die Arbeit unserer Kollegen und Kolleginnen im Kriegsgebiet gefährlich.“

Ein ukrainischer Soldat sei bei dem Angriff gestorben, hieß es. DW-Korrespondent Mathias Bölinger und ein Sicherheitsbegleiter seien unverletzt geblieben. „Wir filmten Schießübungen der ukrainischen Armee, als wir plötzlich mehrere Explosionen hörten“, sagte Bölinger. „Wir legten uns hin, weitere Explosionen folgten, wir sahen, dass es Verwundete gab.“ Später habe die ukrainische Armee bestätigt, „dass wir mit Streumunition beschossen worden waren“. (epd)

Krim-Brücke wieder vollständig für Verkehr geöffnet

Der Straßenverkehr auf der Krim-Brücke ist nach Angaben der russischen Behörden nach einer kurzen Unterbrechung wieder aufgenommen worden. Dies teilen die Behörden auf einem amtlichen Telegram-Kanal mit. Ein Grund für die Straßensperrung wurde nicht genannt. Behörden berichteten allerdings auch von einem neuen ukrainischen Drohnenangriff auf Infrastruktur der 2014 von Russland annektierten Halbinsel. Am Montag war der Autoverkehr auf der Brücke, die Russland mit der Krim verbindet, nach einem Angriff, bei dem zwei Menschen getötet wurden, gesperrt worden. Die Brücke war erst vor kurzem wieder voll in Betrieb genommen worden, nachdem sie im vergangenen Oktober durch einen Anschlag beschädigt worden war.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte am Freitag erklärt, die Brücke, die die Halbinsel Krim mit Russland verbindet, bringe „Krieg statt Frieden“ und sei daher ein militärisches Ziel. „Dies ist die Route, die genutzt wird, um den Krieg mit Munition zu versorgen, und das geschieht täglich. Dadurch wird die Krim-Halbinsel militarisiert“, erklärte Selenskyj per Videoschaltung auf der Aspen-Sicherheitskonferenz in den USA.

Erst am Montag hatten Explosionen auf der Krim-Brücke zwei Zivilisten getötet und einen Teil der Brücke beschädigt, die vor Kurzem wieder voll nutzbar war, nachdem sie bei einem ähnlichen Anschlag im Oktober schwer beschädigt worden war. Die Ukraine begrüßte zwar den Angriff übernahm aber nicht direkt die Verantwortung. (rtr)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!