+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Selenski fordert Bestrafung Putins
Wolodimir Selenski fordert eine strafrechtliche Verfolgung des russischen Präsidenten. Der russische Verteidigungsminister Schoigu reist an die Frontlinie.
Moskau: Russischer Verteidigungsminister besucht Frontlinie
Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu hat nach Angaben seines Ministeriums die Frontlinie in der Ostukraine besucht. Er habe einen „Kommandoposten“ in Richtung der südlichen Region Donezk inspiziert, erklärte das russische Verteidigungsministerium am Samstag. Einen genauen Ort und ein Datum des Besuchs nannte es nicht.
Das Ministerium veröffentlichte ein Video, das Schoigu erst in einem Hubschrauber und dann vor beschädigten Gebäuden mit einem Soldaten sprechend zeigt. Dabei trägt der Minister keinen Helm und auch keine kugelsichere Weste. Außerdem ist zu sehen, wie er russischen Soldaten Medaillen überreicht.
Russische Streitkräfte versuchen seit Monaten, die Stadt Bachmut in der Region Donezk im Osten der Ukraine einzunehmen. Sowohl die ukrainischen als auch die russischen Streitkräfte haben bei den Kämpfen heftige Verluste erlitten. Am Freitag hatte der Chef der russischen Söldnertruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, gesagt, seine Einheiten hätten die Stadt „praktisch umzingelt“. Es sei „nur eine Straße“ zu erobern. (afp)
Ukrainer in Bachmut unter Druck und von drei Seiten gefährdet
Die Situation der ukrainischen Verteidiger in der umkämpften Stadt Bachmut wird nach Einschätzung britischer Geheimdienste immer prekärer. Die ukrainischen Streitkräfte stünden angesichts der anhaltenden schweren Kämpfe dort unter erheblichem Druck, hieß es am Samstag im täglichen Kurzbericht des britischen Verteidigungsministeriums.
Bachmut habe sich zum ukrainischen Vorposten entwickelt, der von drei Seiten durch russische Angriffe gefährdet sei. Russische Streitkräfte und Kämpfer der Söldnertruppe Wagner sollen den Briten zufolge weitere nördliche Vororte der Stadt unter ihre Kontrolle gebracht haben. Die ukrainische Armee setze in Bachmut nun Elite-Einheiten ein, hieß es in dem Bericht. In den 36 Stunden zuvor seien zwei Brücken zerstört worden, darunter eine für Transporte und Nachschub wichtige Verbindungsbrücke, die von Bachmut aus in die Stadt Tschasiw Jar führte. Die Transportwege unter ukrainischer Kontrolle würden immer rarer.
Das russische Militär versucht seit Wochen, die Stadt zu erobern. Der Chef der dort eingesetzten russischen Söldnertruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, sagte am Freitag, seine Kämpfer hätten die Stadt fast vollständig eingekesselt. Die Angaben konnten nicht unabhängig überprüft werden. Die Stadt, die einst 74 000 Einwohner zählte, ist inzwischen weitgehend zerstört. Nach Schätzungen der Behörden leben dort noch rund 5000 Zivilisten. (dpa)
Selenski: Putin muss seine gerechte Strafe erhalten
Die russische Staats- und Militärführung wird sich nach den Worten des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski eines Tages für den Angriffskrieg gegen die Ukraine verantworten müssen. Zentrales Thema der internationalen Konferenz „United for Justice“ (Vereint für Gerechtigkeit) in Lwiw sei „die Verantwortung Russlands und seiner Führung – die persönliche Verantwortung – für Aggression und Terror gegen unser Land und unser Volk“ gewesen, betonte Selenski am Freitag in seiner allabendlichen Videoansprache. „Und wenn sie zur Rechenschaft gezogen werden, wird die Gerechtigkeit wiederhergestellt werden.“ An dem Treffen waren auch Vertreter der EU und anderer europäischer Institutionen beteiligt. (dpa)
USA sagen Ukraine neue Militärhilfe zu
Die USA stellen der Ukraine zur Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg neue Militärhilfe im Wert von 400 Millionen US-Dollar (rund 377 Millionen Euro) bereit. Das Paket umfasse vor allem Munition, etwa für die von den USA gelieferten Mehrfachraketenwerfer des Typs Himars und Haubitzen, teilte das US-Außenministerium am Freitag mit.
Auch Munition für Bradley-Schützenpanzer sei dabei. Seit Kriegsbeginn summieren sich die US-Militärhilfen für die Ukraine nach jüngsten Angaben aus dem Pentagon auf mehr als 32 Milliarden Dollar, das neue Paket nicht einberechnet. (dpa)
Private Spendenorganisation kauft Panzerfahrzeuge für Armee
In der Ukraine will der Fonds des bekannten Komikers und Fernsehmoderators Serhij Prytula über 100 gebrauchte Panzerfahrzeuge zur Unterstützung der Armee im Kampf gegen Russland erworben haben. „Der erste Teil – 24 Fahrzeuge – ist bereits in der Ukraine“, hieß es in einer am Freitag verbreiteten Mitteilung. Dazu zeigte sich der 41-Jährige in einem Video mit den gepanzerten, aber unbewaffneten Kettenfahrzeugen acht verschiedener Typen im Hintergrund. Diese seien in Großbritannien erworben und aufbereitet worden, hieß es. Der Fonds hatte eigenen Angaben zufolge nach einem Spendenaufruf im November in anderthalb Tagen umgerechnet 5,8 Millionen Euro eingenommen.
Nach den Worten des Nato-Oberbefehlshabers in Europa hat Russland bislang mehr als 2000 große Kampfpanzer verloren. Mehr als 200 000 russische Soldaten und über 1800 Offiziere seien gefallen oder verwundet worden, sagte General Christopher Cavoli am Freitag auf einer Veranstaltung im Hamburger Rathaus. Pro Tag verschieße die russische Armee im Schnitt über 23 000 Artilleriegeschosse. (dpa)
Kiew meldet weiter schwere Kämpfe um Bachmut
Derweil setzten russische Truppen ihre Angriffe auf die ostukrainische Stadt Bachmut auch am Freitag fort. „Der Feind ist weiterhin bemüht, die Stadt einzukreisen“, teilte der ukrainische Generalstab am Abend in seinem täglichen Lagebericht mit. Eine Serie von Angriffen an verschiedenen Schwerpunkten rund um Bachmut sei von den ukrainischen Verteidigern abgewehrt worden. Das russische Militär versucht schon seit Wochen, die Stadt zu erobern. Der Chef der dort eingesetzten russischen Söldnertruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, sagte am Freitag, seine Kämpfer hätten die Stadt fast vollständig eingekesselt. Die Angaben konnten nicht unabhängig überprüft werden.
Die Stadt, die einst 74 000 Einwohner zählte, ist inzwischen weitgehend zerstört. Nach Schätzungen der Behörden leben noch rund 5000 Zivilisten in Bachmut. (dpa)
EU-Parlamentspräsidentin: Kampfjetlieferungen erwägen
EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola dringt auf eine Ausweitung der Waffenlieferungen an die ukrainischen Streitkräfte. „Die Mitgliedstaaten sollten ernsthaft erwägen, Kampfflugzeuge in die Ukraine zu schicken“, sagte Metsola am Samstag am Rande eines Besuchs in der westukrainischen Großstadt Lwiw. Sie werde weiterhin dazu auffordern, alles an Ausrüstung bereitzustellen, was die Ukraine für einen Sieg benötige.
Mit Blick auf das Streben der Ukraine in die Europäische Union sagte Metsola, sie hoffe, dass die Beitrittsverhandlungen bereits in diesem Jahr beginnen könnten. Das Tempo, mit dem das Land Fortschritte mache, beeindrucke sie.
Metsola war am Freitagabend in der etwa 60 Kilometer von der polnischen Grenze entfernten Stadt Lwiw angekommen. Am Samstag traf die aus Malta stammende Politikerin dort unter anderem Staatschef Wolodimir Selenski und Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk. Mit Stefantschuk legte sie an einem Denkmal für gefallene Soldaten Blumen nieder.
Auf dem Programm stand zudem die Teilnahme an der internationalen Konferenz „United for Justice“ (Vereint für Gerechtigkeit). Bei ihr geht es insbesondere darum, wie Russland für Aggression und Terror gegen die Ukraine zur Rechenschaft gezogen werden kann. Zu der Konferenz sagte Metsola, ohne Rechenschaftspflicht, Freiheit und Gerechtigkeit könne es keinen Frieden geben. Beschwichtigungspolitik habe nie funktioniert. (dpa)
Scholz und Biden demonstrieren Geschlossenheit
Inmitten von Mutmaßungen über mögliche Meinungsverschiedenheiten bei der Unterstützung der Ukraine haben Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und US-Präsident Joe Biden in Washington demonstrativ Geschlossenheit gezeigt. Zudem versprachen sie am Freitag bei einem Treffen im Weißen Haus der Ukraine weitere Hilfen. „Wir arbeiten im Gleichschritt zusammen, um der Ukraine höchst wichtige Sicherheitsunterstützung zu liefern“, sagte Biden. Scholz betonte seinerseits, die transatlantische Partnerschaft sei „wirklich in einem sehr guten Zustand“.
In den vergangenen Monaten war inmitten des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine immer wieder der Eindruck von Meinungsverschiedenheiten zwischen Deutschland und den USA bei der Unterstützung für Kiew entstanden. Biden war bei dem Treffen mit Scholz im Weißen Haus aber voll des Lobes für den Kanzler. „Ich will dir danken, Olaf, für deine starke und beständige Führung“, sagte der US-Präsident. „Ich meine das ehrlich. Es hat einen riesigen Unterschied gemacht.“
Deutschland leiste nicht nur sehr wichtige „militärische Unterstützung“, sondern auch „moralische Unterstützung“, die sehr „tiefgehend“ sei, sagte Biden. Scholz habe außerdem in Deutschland „historische Änderungen“ vorangetrieben, bei der Steigerung der Verteidigungsausgaben und bei einer Abkehr von der Abhängigkeit von russischer Energie.
Scholz sprach seinerseits von einer „sehr guten Kooperation“ mit den USA. Es sei wichtig gewesen, dass beide Länder nach Beginn des russischen Angriffskriegs vor gut einem Jahr bei der Unterstützung für Kiew „gemeinsam gehandelt“ hätten. „Jetzt ist es sehr wichtig, dass wir die Botschaft aussenden, dass wir das weiterhin tun werden, solange es dauert und solange es nötig ist“, sagte Scholz, der sich auf Englisch äußerte.
In einer nach dem Treffen veröffentlichten Erklärung des Weißen Hauses hieß es, Scholz und Biden hätten zudem bekräftigt, „so lange wie nötig“ Strafmaßnahmen gegen Russland wegen seines Angriffskrieges zu verhängen und aufrecht zu erhalten. Auch das Weiße Haus betonte die „starke bilaterale Beziehung“ zwischen den USA und Deutschland. (afp)
Lawrow auf Konferenz in Indien vom Publikum ausgelacht
Das wird dem russischen Außenminister Sergej Lawrow wohl auch nicht allzu häufig passieren: Als er am Freitag auf einer Konferenz in der indischen Hauptstadt Neu Delhi – auf Englisch – erneut den Westen für den Krieg in der Ukraine verantwortlich machte, wurde er durch Gelächter aus dem Publikum unterbrochen. Er sagte auf eine Frage nach der Energiepolitik seines Landes: „Wissen Sie, der Krieg, den wir versuchen zu beenden und der gegen uns ausgelöst wurde, in dem die Ukraine benutzt wurde…“.
Nach einer kurzen, durch das Lachen aus dem Auditorium verursachten Pause fügte er dann zunächst stockend hinzu, (der Krieg) habe die Politik Russlands beeinflusst, auch die Energiepolitik. Russland werde sich niemals mehr auf Partner im Westen verlassen. Vielmehr wolle man in der Energiepolitik zuverlässige Partner, Indien und China zählten sicher dazu.
Bemerkenswert war, dass Lawrow den Krieg als solchen bezeichnete. Bislang vermeidet das der Kreml und spricht von einer „militärischen Spezialoperation“. In den sozialen Netzwerken löste das Gelächter auf Lawrows Auftritt ein großes Echo aus. Lawrow werde zu einer Witzfigur, die Weltmacht werde einfach ausgelacht, das müsse peinlich sein, lauteten verschiedene Reaktionen. (dpa)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“