+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Kyjiw weiter großteils ohne Strom
Zwar erholt sich das ukrainische Stromnetz, viele sind aber noch abgeschnitten. Belarus schließt derweil aus, dass seine Armee in den Krieg eingreift.
Ukrainisches Stromnetz teils repariert
Auch wenn es in vielen ukrainischen Haushalten noch keinen Strom, Wasser oder Heizung gab, meldeten die Behörden Fortschritte bei der Wiederherstellung der Versorgung. Das Stromnetz erhole sich von dem Blackout am Mittwoch. Die Hälfte des Bedarfs könne wieder gedeckt werden, teilte der Netzbetreiber Ukrenerho am Donnerstagabend mit.
Die meisten Wärmekraftwerke und Wasserkraftwerke produzierten wieder Strom. Notabgeschaltete Kernkraftwerke kehrten ans Netz zurück. Auch das russisch besetzte AKW Saporischschja wurde nach Angaben der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) wieder von außen mit Strom versorgt und war nicht auf Dieselgeneratoren angewiesen.
Angespannt blieb die Lage in der Hauptstadt Kyiv. Dort hatten nach Angaben des Versorgers DTEK nur 30 Prozent der Haushalte Strom. Das Licht könne vorerst nur für zwei, drei Stunden eingeschaltet werden.
„Mit Stand heute Abend gibt es in 15 Regionen immer noch Probleme mit dem Wasser“, sagte Selenskyj. Die Angriffe auf zivile Ziele seien „die Rache derjenigen, die verloren haben“, sagte er. „Sie wissen nicht, wie man kämpft. Das Einzige, was sie tun können, ist zu terrorisieren. Ob Energieterror, Artillerieterror oder Raketenterror – dazu ist Russland unter seiner derzeitigen Führung heruntergekommen.“ Nur die Befreiung des gesamten Landes und Sicherheitsgarantien könnten die Ukrainer dauerhaft vor Russland schützen. (dpa)
🐾 Journalismus aus dem Kriegsgebiet
Das ukrainische Medienprojekt „Donbas Frontliner“ gilt als eine der wichtigsten Informationsquellen über das Leben in der umkämpften Ostukraine. Sie begleiten, filmen und interviewen Menschen, berichten über Verletzte und Tote. Für die taz gibt Ukraine-Korrespondent Bernhard Clasen einen Einblick in ihre Arbeit. (taz)
Putin trifft Mütter toter Soldaten
Mehr als neun Monate nach dem Beginn des von ihm angeordneten Angriffskriegs gegen die Ukraine hat Kremlchef Wladimir Putin Mütter getöteter Soldaten getroffen. Staatliche russische Medien veröffentlichten am Freitag ein kurzes Video, das zeigt, wie Putin mehr als ein Dutzend ausgewählter Frauen in seiner Residenz in Nowo-Ogarjowo im Moskauer Gebiet empfängt und ihnen Kaffeetässchen reicht.
„Ich möchte, dass Sie wissen, dass wir diesen Schmerz mit Ihnen teilen, und dass wir natürlich alles dafür tun werden, damit Sie sich nicht vergessen fühlen“, sagte Putin laut Agentur Interfax bei dem Treffen. „Wir tun alles uns Mögliche dafür, dass Sie eine Schulter an Ihrer Seite spüren.“ Den offiziellen Angaben zufolge waren insgesamt 17 Frauen aus verschiedenen russischen Regionen sowie aus völkerrechtswidrig von Moskau annektierten Gebieten der Ostukraine angereist.
Angesichts militärischer Niederlagen sind auf Putins Befehl seit Ende September rund 300.000 Reservisten für die Kämpfe in der Ukraine eingezogen worden. Die Teilmobilmachung erwies sich als äußerst unpopuläre Maßnahme und löste in Russland eine regelrechte Massenflucht sowie die größten Anti-Kriegs-Proteste seit Monaten aus. Organisiert wurden die Demonstrationen oft von Frauen. (dpa)
Lukaschenko schließt belarussischen Armeeeinsatz aus
Der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko schließt den Einsatz seiner Streitkräfte in der Ukraine aus. „Wir mischen uns nicht ein, wir töten niemanden, wir schicken kein Personal dorthin, weil es keine Notwendigkeit dafür gibt“, sagte Lukaschenko der belarussischen Nachrichtenagentur Belta zufolge auf die Nachfrage von russischen Journalisten in Minsk.
Lukaschenko sei für Verständigung, Verhandlungen statt militärischer Eskalationen seien nun erforderlich. Lukaschenko erklärte jedoch auch, dass die Ukraine, Polen sowie die USA nicht an Friedensgesprächen interessiert seien und machte somit einmal mehr seine prorussische Haltung deutlich. (reuters)
Bundestagsfraktionen: ukrainische Hungersnot war stalinistischer Völkermord
Mehrere Bundestagsfraktionen wollen Medienberichten zufolge in einer Resolution die von der Sowjetführung verursachte Hungersnot in der Ukraine vor 90 Jahren als Völkermord anerkennen. Das geht aus einem gemeinsamen Antrag von SPD, Grünen, FDP und CDU/CSU hervor, über den die Frankfurter Allgemeine und der Spiegel am Freitag berichteten.
Demnach wurde der Text zum Gedenktag für die auf Ukrainisch als Holodomor bezeichnete Katastrophe fertiggestellt, der in der Ukraine immer am letzten Samstag im November begangen wird.
Der ukrainische Begriff bedeutet Tötung durch Hunger und bezieht sich auf die Jahre 1932 und 1933. Damals hatte der sowjetische Diktator Joseph Stalin durch eine erzwungene Kollektivierung der Landwirtschaft eine große Hungersnot ausgelöst, an der in der Ukraine mehrere Millionen Menschen starben.
Der Holodomor reihe sich ein „in die Liste menschenverachtender Verbrechen totalitärer Systeme, in deren Zuge vor allem in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Europa Millionen Menschenleben ausgelöscht wurden“, heißt es in dem Resolutionsentwurf, über den laut der Zeitung FAZ kommende Woche abgestimmt werden soll. (afp)
Befreite Stadt Cherson wird beschossen
Der Lagebericht des ukrainischen Generalstabs sprach am Donnerstag von andauernden schweren Kämpfen im Donbass in der Ostukraine. Die russischen Truppen versuchten weiterhin einen Durchbruch bei Bachmut und bei Awdijiwka.
Selenskyj sagte, die erst kürzlich von ukrainischen Truppen befreite Stadt Cherson werde fast stündlich beschossen. Am Donnerstag schossen russische Truppen mit Artillerie und Mehrfachraketenwerfern auf die Stadt in der Südukraine ein und töteten 7 Menschen. Etwa 20 Menschen seien verletzt worden, teilte Gebietsgouverneur Jaroslaw Januschewytsch mit. „Der heutige Tag ist eine weitere schreckliche Seite in der Geschichte unserer Heldenstadt.“
Unter dem Druck ukrainischer Angriffe hatten russische Truppen Cherson und ihren Brückenkopf auf dem nordwestlichen Ufer des Dnipro Mitte November geräumt. Die Russen halten aber Stellungen auf dem anderen Ufer des Flusses und setzen von dort ihre Artillerie ein. (dpa)
Selenskyj: Befreiung der Krim bleibt Kriegsziel
Trotz westlicher Skepsis hält der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj an einer Befreiung der 2014 von Russland annektierten Halbinsel Krim als Kriegsziel fest. „Wenn uns jemand einen Weg aufzeigt, wie die Besetzung der Krim mit nicht-militärischen Mitteln beendet werden kann, dann werde ich sehr dafür sein“, sagte er der britischen Zeitung Financial Times. Wenn ein Vorschlag aber bedeute, dass die Krim besetzt und Teil Russlands bleibe, „sollte niemand darauf seine Zeit verschwenden“.
Westliche Unterstützer:innen der Ukraine gehen davon aus, dass diese irgendwann die von Russland seit dem 24. Februar besetzten Gebiete sowie den Donbass zurückerobern kann. Sie sind aber vorsichtiger bei der Krim: Die Halbinsel sei für Moskau strategisch und symbolisch so wichtig, dass eine Eskalation des Krieges zu befürchten sei. (dpa)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Sicherheitsleck in der JVA Burg
Sensibler Lageplan kursierte unter Gefangenen