+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Kadyrow beklagt Verluste

Russische Offizielle berichten erstmals über Gefallenen-Zahlen. Die Internationale Atombehörde will Vorwürfe wegen einer Schmutzigen Bombe prüfen.

Ramsan Achmatowitsch Kadyrow: Präsident der russischen Teilrepublik Tschetschenien

Beklagt auf Telegram Verluste: Tschetschenen-Chef Kadyrow Foto: Mikhail Metzel/ap

Putin-Verbündeter räumt hohe Verluste ein

Der Machthaber der russischen Teilrepublik Tschetschenien, Ramsan Kadyrow, hat nach einem Artilleriebeschuss durch ukrainische Truppen hohe Verluste in den eigenen Reihen zugegeben. „Es sind 23 Kämpfer gestorben und 58 verletzt worden“, schrieb Kadyrow in der Nacht zum Freitag auf seinem Telegram-Kanal. Ukrainische Quellen hatten Anfang der Woche berichtet, dass eine tschetschenische Einheit im südukrainischen Gebiet Cherson über Fotos in sozialen Netzwerken ihren Standort verraten habe und so durch Artilleriebeschuss getroffen wurde.

Normalerweise veröffentlichen russische Offizielle keine Zahlen zu eigenen Gefallenen. In diesem Fall ging es Kadyrow wohl darum, die von ukrainischer Seite genannten noch höheren Zahlen zu relativieren. Gleichzeitig nutzte der Tschetschenenführer das Eingeständnis zu einem Aufruf an seine Landsleute, sich für den Krieg in der Ukraine mobilisieren zu lassen.

Kadyrow hat sich seit Beginn des russischen Angriffskriegs vor mehr als acht Monaten als einer der schärfsten Befürworter der blutigen Auseinandersetzungen profiliert und auch eigene Einheiten in die Ukraine geschickt. Die russische Armeeführung kritisierte er regelmäßig – oft im Verbund mit dem Finanzier der Söldnereinheiten „Wagner“, Jewgeni Prigoschin – als zu weich. Kadyrow fordert auch den Einsatz von Atomwaffen gegen die Ukraine. (dpa)

Wegen Schmutziger Bombe: IAEA will in der Ukraine prüfen

Nach russischen Vorwürfen über ukrainische Pläne zum Bau einer „Schmutzigen Bombe“ wird die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) in dieser Woche auf Anfrage Kiews eine „unabhängige Überprüfung“ von zwei Einrichtungen in der Ukraine vornehmen. IAEA-Chef Rafael Grossi erklärte am Donnerstag, Inspektoren der Behörde würden „unabhängige Überprüfungen an diesen Standorten durchführen“, um jedwede „Abzweigung von Kernmaterial“ aufzudecken.

Zuvor hatte der russische Präsident Wladimir Putin eine IAEA-Mission in der Ukraine gefordert. Moskau erhebt seit Tagen die Anschuldigung, die Ukraine arbeite an einer sogenannten „Schmutzigen Bombe“. Sie soll russischen Angaben zufolge in zwei ukrainischen Einrichtungen hergestellt werden. Die Ukraine und ihre westlichen Unterstützer weisen die Anschuldigung vehement zurück. Kiew warnt, Russland könnte selber den Einsatz einer derartigen Waffe planen. (afp)

🐾 Russen fliehen in die Türkei

Seit Kriegsbeginn ist die Türkei Zentrum für Exilrussen. Da sich die Türkei eine neutrale Position im Krieg bewahren will, konnten Rus­s:in­nen bis vor Kurzem problemlos mit ihrer russischen Kreditkarte bezahlen. Doch Ausreisen geht nicht immer leicht. Die taz-Autorin Anastasia Tikhomirova hat sich das genauer angeschaut.

Putin bekräftigt Bereitschaft zu Verhandlungen mit Ukraine

Der russische Präsident Wladimir Putin hat nach mehr als acht Monaten Krieg gegen die Ukraine seine Bereitschaft zu Friedensverhandlungen bekräftigt. Allerdings habe sich die Regierung in der Ukraine unter dem Einfluss der USA gegen solche Gespräche entschieden, sagte Putin am Donnerstag bei einem Moskauer Diskussionsforum mit internationalen Experten. Der Kremlchef hatte Ende September vier ukrainische Regionen annektiert und bei einer Rede im Kreml auch Verhandlungen angeboten. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj lehnte Gespräche mit Putin per Dekret ab.

Mit Blick auf den von ihm am 24. Februar befohlenen Überfall auf das Land sagte Putin, dass die Ukraine ohne Rücksicht auf ihre Soldaten kämpfe und deutlich höhere Verluste verzeichne als Russland. Zu den Gründen des Krieges sagte er einmal mehr, dass das Streben der Ukraine in die Nato mit russischen Sicherheitsinteressen nicht vereinbar sei. Auch habe die Ukraine damals einen mit Deutschland und Frankreich vereinbarten Friedensplan für den Donbass aufgekündigt.

Putin machte deutlich, dass er seinen Krieg in dem Nachbarland auch als Kampf gegen einen „aggressiven Westen“ sehe, der versuche, seine Regeln und liberalen Werte anderen aufzudrücken. Die „tektonischen Veränderungen“ in der Ukraine zeigten, dass die von den USA angestrebte Vormachtstellung in einer monopolaren Welt der Vergangenheit angehöre.

Die „historische Periode“ einer Dominanz des Westens neige sich dem Ende zu, meinte der 70-Jährige. In der Diskussion warf Putin den westlichen Regierungen auch „systematische Fehler“ vor, die zu Energie- und wirtschaftlichen Krisen führten. Mit einen „Diktat“ eines „neokolonialen Westens“ werde sich Russland nicht abfinden.

Es entstünden etwa in Asien und Südamerika andere Machtzentren und eine multipolare Welt, sagte Putin. „Der Westen ist nicht in der Lage, allein die Menschheit zu führen, so sehr er das verzweifelt versucht.“ Der Kremlchef betonte, dass Russland ein Interesse an guten Beziehungen zu allen Ländern habe. „Russland ist kein Feind.“ (dpa)

Selenski: 8.000 Luftangriffe auf die Ukraine

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski beschuldigte Russland erneut des staatlichen Terrors. Das Land sei vom Nachbarn zum Aggressor und zum Terroristen geworden – und habe sich Kriegsverbrechen schuldig gemacht. Der russische Angriffskrieg gegen das Nachbarland dauert inzwischen schon mehr als acht Monate.

Selenski stand bei seinem Auftritt neben einer abgeschossenen Kampfdrohne. Er sagte, immer wieder würden friedliche Städte mit Bomben und Raketen beschossen. Allein innerhalb der vergangenen zwei Tage habe es 30 russische Angriffe mit iranischen Drohnen gegeben. Davon seien 23 abgeschossen worden. Russland vermine und besetze Kraftwerke, stehle Getreide und verschleppe auch Kinder.

Selenski beklagte, dass der Aggressor Russland seit Beginn des Krieges 4.500 Raketen auf die Ukraine abgeschossen und insgesamt 8.000 Luftangriffe geflogen habe. (dpa)

Russland fordert UN-Untersuchung in der Ukraine

Russland hat nach Angaben des Außenministeriums in Moskau von den Vereinten Nationen eine Untersuchung der „militärisch-biologischen Aktivitäten“ der USA in der Ukraine gefordert. Das Ministerium erklärte am Donnerstag, dass während der „speziellen Militäroperation“ in der Ukraine „Beweise und Material gesichert wurden, die ein Licht auf die wahre Natur der militärisch-biologischen Aktivitäten der USA auf ukrainischem Gebiet werfen“. Die UN-Botschafterinnen von USA und Ukraine wiesen die Vorwürfe kurz darauf zurück.

Russland reichte die Beschwerde mit einem Resolutionsentwurf beim Sicherheitsrat ein und stellte ein 310-seitiges Dokument zusammen, das die Nachrichtenagentur AFP einsehen konnte. Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Linda Thomas-Greenfield, wies die Vorwürfe beim Sicherheitsrat zurück. „Wir alle wissen, dass diese Behauptungen reine Erfindungen sind, die ohne den geringsten Beweis vorgebracht werden“, sagte sie.

Weder die Ukraine noch die USA hätten ein Programm für biologische Waffen, erklärte Thomas-Greenfield. Die stellvertretende ukrainische UN-Botschafterin Christina Hajowyschyn sagte, ihr Land habe keine Infrastruktur, um solche Waffen zu entwickeln und zu produzieren. (afp)

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