piwik no script img

+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++Sinwar wird Hamas-Politbüro-Chef

Sinwar gilt als einer der Architekten des Angriffs auf Israel am 7. Oktober. Er hat rund die Hälfte seines Lebens in israelischen Gefängnissen verbracht.

Er folgt dem in Teheran getöteten Hanijeh nach: Jahja Sinwar Foto: Mohammed Salem/reuters

Sinwar wird Nachfolger des getöteten Hanijeh

Die Hamas hat ihren Anführer im Gazastreifen, Jahja Sinwar, zum Nachfolger ihres bei einem Anschlag getöteten Chefs Ismail Hanijeh ernannt. Das teilte die militante Palästinensergruppe am Dienstag mit. Sinwar gilt als Architekt des Angriffs vom 7. Oktober auf Israel, bei dem nach israelischen Angaben über 1200 Menschen getötet und über 250 als Geiseln verschleppt wurden. Sinwar hält sich seit Beginn des Krieges im Gazastreifen versteckt. Israel ist es bislang trotz umfangreicher Suche nicht gelungen, den 61-Jährigen aufzuspüren.

Mit der Ernennung von Sinwar scheint die Hamas eine politische Linie fortzusetzen, die auf einen harten Kurs gegenüber Israel setzt. „Die Islamische Widerstandsbewegung Hamas gibt die Ernennung von Kommandant Jahja Sinwar zum Leiter des Politbüros der Bewegung bekannt. Er tritt die Nachfolge des Märtyrers Kommandant Ismail Hanijeh an, möge Allah ihm gnädig sein“, hieß es in einer knappen Erklärung.

Der im Flüchtlingslager Chan Junis geborene Sinwar wurde 2017 zum Hamas-Führer im Gazastreifen gewählt und war einer von 1027 Palästinensern, die 2011 im Austausch gegen einen einzigen in Gazastreifen festgehaltenen israelischen Soldaten aus israelischer Haft entlassen wurden. Er hat rund die Hälfte seines Lebens in israelischen Gefängnissen verbracht.

Nach der gezielten Tötung Hanijehs ist er der mächtigste Hamas-Führer, der noch am Leben ist. Ihm wird rücksichtsloses Vorgehen und eine unerbittliche Feindschaft zu Israel zugeschieben. Sinwar war vor seiner Haft in Israel Leiter der Sondergruppe Al-Matschd, die Palästinenser verfolgte, tötete und bestrafte, die der Kollaboration mit dem israelischen Geheimdienst beschuldigt wurden. (rtr)

🐾 Drohender Angriff Irans: Fatalismus unterm Felsendom

Auch im von Israel besetzten Ost-Jerusalem fürchten viele den großen Krieg. Dort gibt es keinen einzigen Bunker – im Gegensatz zu Westteil der Stadt, berichtet taz-Korrespondent Felix Wellisch aus Jerusalem.

Israelischer Botschafter rechnet mit baldigem Angriff

Der israelische Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, rechnet mit einem baldigen Angriff des Iran auf Israel. „Wenn sie das sagen, wenn sie es auch öffentlich sagen, muss man sie wirklich ernst nehmen“, sagte Prosor am Mittwoch im ZDF-„Morgenmagazin“. Dies sei bei dem ersten iranischen Angriff von seinem Staatsgebiet aus auf Israel im April deutlich geworden.

Bei dem Angriff vor fünf Monaten hatte Teheran rund 300 Raketen auf Israel abgefeuert. Damals habe der Iran „alle roten Linien“ überschritten, sagte Prosor. Israel müsse sich daher verteidigen und seine Bürger beschützen „wie jedes andere demokratische Land auch“. Zudem brauche der Iran „keinen Grund, um Israel anzugreifen“, sagte der Diplomat mit Blick auf die Tötungen von Hamas-Chef Ismael Hanija und des hochrangigen Hisbollah-Kommandeurs Fuad Schukr vergangene Woche. „Terror“ sei Teil der „iranischen Staatsräson“ nicht nur gegenüber Israel, sondern auch im eigenen Land sowie in den Ländern der Region wie Libanon, Syrien und Jemen.

Mit einem Vergeltungsschlag des Iran und seiner Verbündeten auf Israel wird seit Tagen gerechnet. International laufen die diplomatischen Bemühungen um eine Deeskalation auf Hochtouren. US-Außenminister Blinken sagte, sein Land arbeite „rund um die Uhr“ an einer Beruhigung der Lage. Er rief den Iran und Israel am Dienstag auf, eine Eskalation des Konflikts zu vermeiden. (afp)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

10 Kommentare

 / 
  • 'Bei dem Angriff vor fünf Monaten hatte Teheran rund 300 Raketen auf Israel abgefeuert. Damals habe der Iran „alle roten Linien“ überschritten, sagte Prosor'

    Klar muss Prosor als Botschafter Israels die Meinung seines Chefs vertreten, aber das ist ja mal eine sehr freie Interpretation der Realität (Freund Trump lässt grüßen).

    Soweit ich mich erinnere, war der damalige Angriff Irans vorab gegenüber der USA angekündigt worden und es schien auch, dass bewusst Waffensysteme verwendet worden sind, von denen die Iranische Führung wusste, dass sie abgefangen werden konnten - also letztlich ein wohlberechnetes Muskelnspielenlassen, v.a. innenpolitisch motiviert, denn, erinnern wir uns: vorausgegegangen war die Bombardierung eines iranischen Botschaftsgebäudes, bei dem mehrere hochrangige iranische Militärs getötet worden waren. Ein Überschreiten aller roten Linien war das mE nicht

    Ziel war damals aber (wie mE auch heute nach dem Attentat auf Hanyjeh), den Iran in eine direkte militärische Auseinandersetzung ziehen. Ich freute mich, dass das damals nicht geklappt hat, und würde mich sehr freuen, wenn die Eskalationsstrategie auch diesmal nicht funktionieren würde.

    Shalom & Salam

    • @EffeJoSiebenZwo:

      "Ziel war damals aber (wie mE auch heute nach dem Attentat auf Hanyjeh), den Iran in eine direkte militärische Auseinandersetzung ziehen."

      Woher wissen Sie das? Können Sie die Quelle mit uns teilen?

      • @Paul Meier:

        Die Quelle bin ich: meine Meinung. Aber danke für die Frage.

  • Israel, speziell Netanyahu, hat mit seinen Angriffen sogar auf diplomatische Immobilien Irans und das Ausland womöglich bewusst Angriffe herbeiführen wollen - Iran ist da deutlich bedachter unterwegs als Netanyahu (und das muss man erst mal schaffen). Diese These ist von Ha'aretz, doch ich finde sie plausibel, wenn ich mir die Abläufe ansehe.

    • @Janix:

      Es ist leicht zu voreiligen Schlussfolgerungen zu kommen, wenn man Faktoren ausblendet, die dagegen sprechen (so entstehen Verschwörungstheorien). Gegen einen Krieg gegen Iran spricht einiges. Z.B. die Tatsache, dass in Gaza die Kämpfe immer noch nicht abgeschlossen sind und Kräfte binden, und von einer Teilnahme der Hisbollah am Krieg auszugehen ist. Wer will schon einen Krieg an mehreren Fronten führen, wenn man die Wahl hat seine Gegner einen nach dem anderen zu schlagen? Auch scheint das angebliche Mittel - die Tötung des Haniyeh - nicht geeignet den Iran zu einem Krieg zu provozieren. Wenn wegen der Tötung von 7 Revolutionsgarde-Offizieren (darunter 2 Brigadegenerälen) beim Schlag in Damaskus nicht, warum wegen Haniyeh, der noch nicht mal Iraner war, geschweige denn Mitglied des iranischen Staatsapparates? Warum sollte der Iran für einen Fremden alle Register ziehen, wo er dies schon für seine Eigenen Leute nicht tat? Wenn die Absicht wirklich wäre den Iran hineinzuziehen, warum fiel dann die isr. Antwort auf den Raketenangriff des Iran vom 13.4. so bescheiden aus, anstatt weiter zu eskalieren? Und was wäre überhaupt das Kriegsziel? Gibt die Haaretz auch darauf Antworten?

    • @Janix:

      Für einen Deal muss Sinwar von überzogenen Forderungen (die Wiederbewaffnung der Hamas ermöglichen würden bevor die Geiseln alle frei sind) abrücken, das wird er aber als fundamentalistischer Sturkopf und Massenmörder nicht tun. Es sei denn etwas bedroht ihn selbst konkret.

      www.jpost.com/isra...war/article-813644

  • "Netanyahu Has the Power to Prevent a Regional War – All It Takes Is a Deal With Hamas." Jack Khoury in Haaretz



    "Israel Has No Foreign Policy, Only a Prime Minister Willing to Set the Region Ablaze." Alon Pinkas in Haaretz

    • @GlaubeLiebeHoffnung:

      Ziemlich einseitige Einschätzung, da N. Keineswegs der einzige ist, der einen Regionalkrieg verhindern kann.



      N. Müsste für einen Deal mit der Hamas auf deren Forderungen eingehen: viele Pal. Mitglieder von Terrororganisationen freilassen, die Hamas überleben lassen, sich vielleicht sogar von der Grenze zu Ägypten – die Schmuggel- und Nachschublinie der Hamas – zurückziehen; sie alle sind der Sicherheit der Bewohner Isr. abträglich.

      Die Hizbollah kann einen Regionalkrieg auch verhindern. Sie müsste einfach nur – gar nichts tun. Israel nicht beschießen. Was würde sie dadurch aufgeben? Ich sehe kein Sicherheitsinteresse, welches dadurch verletzt wäre – im Gegenteil, die Sicherheit aller Bewohner des Libanon schiene mir erheblich gesteigert.



      Gleiches gilt für den Iran. Er müsste nur seine Handlanger zurück pfeifen, um den Frieden der Region zu sichern. Noch besser wäre es, wenn er gar nichts tun würde, sondern einfach nur alle in Ruhe lassen, anstatt allerlei Terrororganisationen und aufrührerische Milizen zu bewaffnen und zu finanzieren.



      Ich harre der Erläuterung (auch v. Haaretz), warum nicht Hizbollah und Iran in die Pflicht genommen werden, wo die doch gar nichts hergeben müssten?

    • @GlaubeLiebeHoffnung:

      Sie sehen das anders, schlussfolgere ich?



      Ein Kommentar zu diesen Zitaten wäre hilfreich gewesen.

      • @Encantado:

        Ich stimme mit den Haaretzkommentaren vollkommen überein und sehe das Problem bei Israels Regierung und bei der "Hasbara".



        Israel hat eine große Lobby, auch gerade bei uns. Das lässt uns oftmals übersehen, dass die Zivilgesellschaft in Israel noch lange nicht mit den Faschisten in ihrer Regierung übereinstimmt.