+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Grenzöffnung für Gaza-Hilfe
Israel öffnet den Grenzübergang Kerem Shalom für UN-Hilfslieferungen nach Gaza. Deutschland, Großbritannien und Frankreich plädieren für Waffenruhe.
• Konfrontation zwischen Israel, Hisbollah und Hamas
• Netanjahu hält an Kurs gegen Hamas in Gaza fest
• Isarelischer Militärchef übernimmt Verantwortung
• Geisel-Angehörige fordern Stopp der Kampfhandlungen
• Mutmaßliche Verhandlungen über Feuerpause
Israel öffnet Grenzübergang für Hilfslieferungen nach Gaza
Israel hat den Grenzübergang Kerem Schalom für Hilfslieferungen in den Gazastreifen geöffnet. „Ab heute werden die UN-Hilfsgütertransporter einer Sicherheitskontrolle unterzogen und über Kerem Shalom direkt nach Gaza gebracht, um unsere Vereinbarung mit den USA einzuhalten“, teilte die zuständige israelische Cogat-Behörde am Sonntag mit. Dazu teilte die Behörde ein Bild mit aufgereihten Lastwagen. Unklar war zunächst, ob die Lastwagen den Übergang am Sonntag bereits überquert hatten.
Durch die Öffnung im Südosten des Gazastreifens nahe der Grenze zu Ägypten soll die tägliche Menge an humanitärer Hilfe, die in das Gebiet gelangt, erhöht werden, hieß es von der israelischen Behörde. Angesichts der katastrophalen humanitären Lage in dem abgeriegelten Küstengebiet war Israel zuletzt international immer mehr unter Druck geraten – auch aus den USA. Das Sicherheitskabinett in Israel hatte die Öffnung des Grenzübergangs vergangene Woche vorläufig genehmigt. Die Belastung des ägyptischen Grenzübergangs Rafah in Richtung Gaza soll so verringert werden. Kerem Schalom war vor dem Krieg als Warenübergang in den Gazastreifen genutzt worden.
Auslöser des Kriegs war das schlimmste Massaker in der Geschichte Israels, das Terroristen der Hamas sowie anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober in Israel verübt hatten. Mehr als 1200 Menschen wurden dabei getötet und rund 240 Geiseln in den Küstenstreifen verschleppt. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive. Nach Angaben der Hamas wurden seither mehr als 18.700 Menschen im Gazastreifen getötet.
Nach Angaben des Palästinenserhilfswerkes UNRWA sind fast 1,9 Millionen Menschen innerhalb des Gazastreifens auf der Flucht – mehr als 85 Prozent der Bevölkerung. (dpa)
Berlin und London fordern ebenso wie Paris neue Waffenruhe im Gazastreifen
Die Außenminister Deutschlands und Großbritanniens haben eine erneute Waffenruhe im Gazastreifen gefordert. „Wir alle müssen alles tun, was wir können, um den Weg für eine nachhaltige Waffenruhe zu ebnen, die zu einem nachhaltigen Frieden führt“, erklärten Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und ihr britischer Kollege David Cameron in einem gemeinsamen Gastbeitrag in der britischen Zeitung „Sunday Times“.
Baerbock und Cameron schrieben in der „Sunday Times“, je schneller eine Waffenruhe komme, desto besser – „der Bedarf ist dringend“. In diesem Konflikt seien schon „zu viele Zivilisten gestorben“. Allerdings lehnten es Baerbock und Cameron ab, von Israel eine „allgemeine und sofortige Waffenruhe“ zu verlangen. Dies würde die Gründe ignorieren, warum Israel dazu gezwungen sei, sich selbst zu verteidigen, argumentierten sie: „Die Hamas hat Israel barbarisch angegriffen und feuert immer noch jeden Tag Raketen ab, um israelische Bürger zu töten.“ Die Hamas müsse „ihre Waffen niederlegen“, forderten Baerbock und Cameron.
Der britische Vize-Premier Oliver Dowden bekräftigte die Haltung Londons. Israel sei mit einer „sehr schwierigen Lage“ konfrontiert, da sich der Feind „buchstäblich unter Krankenhäusern, unter der der Zivilbevölkerung“ verstecke, sagte er am Sonntag. Das werde eine „große Anzahl an zivilen Opfern“ verursachen. Israel müsse aber „Zurückhaltung“ üben.
Die französische Außenministerin Catherine Colonna hat am Sonntag während eines Besuchs in Israel zu einem umgehenden Waffenstillstand im Gazastreifen aufgerufen. Auf diese Weise könnten die Freilassung von weiteren Geiseln, die Lieferung von mehr Hilfsgütern für die Zivilbevölkerung und der Einstieg in eine politische Lösung des Konflikts erreicht werden, sagte Colonna.
Das französische Außenministerium hatte zuvor erklärt, einer seiner Mitarbeiter sei am Mittwoch bei einem israelischen Angriff auf ein Haus in der Stadt Rafah im Gazastreifen getötet worden. Das Ministerium verurteilte den Angriff, bei dem mehrere Zivilisten getötet worden seien, und forderte von den israelischen Behörden Aufklärung über das Geschehen. (afp/ap)
Weitere Konfrontationen an Grenze zwischen Israel und Libanon
Die Konfrontationen zwischen Israels Armee und der Hisbollah im Libanon halten an. Die Hisbollah erklärte am Sonntag, sie habe mehrere Ziele der israelischen Truppen in der Grenzregion angegriffen. Dabei habe es „bestätigte Opfer“ gegeben, hieß es in einer Mitteilung. Der Hisbollah-nahe Fernsehsender Al-Manar berichtete, die Miliz habe im Ort Sasa im Norden Israels vier Soldaten angegriffen auf ihrem Weg zu einem Militärposten.
Israels Armee sprach von Angriffen aus dem Libanon unter anderem auf die israelischen Orte Sasa und Dovev. Die Armee habe mit Artilleriebeschuss reagiert. Sie habe zudem Infrastruktur der Hisbollah angegriffen.
Seit Beginn des Gaza-Krieges vor mehr als zwei Monaten kommt es immer wieder zu Konfrontationen zwischen Israels Armee und der Hisbollah in der israelisch-libanesischen Grenzregion. Es ist die schwerste Eskalation seit dem zweiten Libanon-Krieg 2006. (dpa)
Armee: Mehrere bewaffnete Palästinenser im Westjordanland getötet
Bei einem israelischen Luftangriff im Westjordanland sind nach Angaben der israelischen Armee mehrere bewaffnete Palästinenser getötet worden. Sie seien während eines Militäreinsatzes in der Stadt Tulkarm aus der Luft angegriffen worden, teilte das Militär am Sonntag mit. Die Angreifer hätten zuvor auf Soldaten geschossen und Sprengsätze geworfen.
Nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums kamen fünf Männer bei dem mehrstündigen Militäreinsatz ums Leben. Ob alle fünf bei dem Luftangriff getötet wurden, war zunächst unklar. Nach Angaben der israelischen Armee kam es vor Ort auch zu Schusswechseln. Unklar war, ob die fünf Toten einer extremistischen Gruppierung angehörten.
Bei dem Einsatz seien vier gesuchte Verdächtige festgenommen worden, teilte die Armee mit. Zudem seien mehrere Waffen und einsatzbereite Sprengsätze beschlagnahmt worden.
Die Lage im Westjordanland hat sich seit Beginn des Kriegs zwischen Israel und der islamistischen Hamas im Gazastreifen am 7. Oktober noch einmal deutlich verschärft. 285 Palästinenser wurden seither nach Angaben des Gesundheitsministeriums getötet. Seit Jahresbeginn kamen dem Ministerium zufolge insgesamt 481 Palästinenser bei israelischen Militäreinsätzen im Westjordanland, Konfrontationen oder eigenen Anschlägen ums Leben. (dpa)
Armee: Israelischer Soldat an Grenze zum Libanon durch „feindliches Fluggerät“ getötet
Im Norden Israels ist nach Angaben der israelischen Armee ein Soldat durch ein „feindliches Fluggerät“ getötet worden. Zwei weitere Soldaten wurden dadurch im Gebiet Margaliot an der Grenze zum Libanon verletzt, wie die Armee am Samstag erklärte. Bei dem Toten handele es sich um einen 53-jährigen Reservisten aus Petah Tikva in der Nähe Tel Avivs, hieß es weiter. Er sei während eines Einsatzes getötet worden.
Die Armee hatte zunächst mitgeteilt, dass ihre Luftabwehr ein feindliches Fluggerät abgefangen habe, das vom Libanon nach Israel eingedrungen sei. In einer späteren Mitteilung hieß es: „Ein weiteres feindliches Fluggerät, das aus dem Libanon kam, wurde identifiziert und ging in Margaliot nieder. Als Reaktion greift die Artillerie“ der israelischen Armee „im Libanon an“, hieß es weiter.
Der 53-jährige Reservist ist der siebte israelische Soldat, der an der Grenze zum Libanon getötet wurde, seitdem der Krieg zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas begann. (afp)
Netanjahu hält an Kurs in Gaza-Krieg fest
Die versehentliche Tötung dreier Geiseln im Gazastreifen durch israelische Soldaten hat die Sorgen in Israel um die übrigen von der Hamas verschleppten Menschen nochmals gesteigert. Dennoch will Ministerpräsident Benjamin Netanjahu weiter „militärischen Druck“ auf die militante Palästinenserorganisation ausüben, wie er am Samstagabend klarmachte. Er bezeichnete diesen „Druck“ als unerlässlich für erneute Verhandlungen mit der Hamas.
Die versehentliche Tötung der Geiseln hat Israel tief erschüttert. Seither gab es Proteste vor dem Verteidigungsministerium in Tel Aviv, bei denen Angehörige von Geiseln und andere Unterstützer sofortige neue Verhandlungen mit der Hamas über die Freilassung der Verschleppten forderten. „Wir nehmen wieder und wieder tote Geiseln in Empfang“, sagte Noam Perry, deren Vater Haim Perry sich in der Händen der Hamas befindet.
Netanjahu sagte auf einer Pressekonferenz, die irrtümliche Tötung der drei Geiseln habe ihm „das Herz gebrochen“. Dieser Vorfall „hat das Herz der gesamten Nation gebrochen“. Der Ministerpräsident betonte jedoch zugleich, dass der „militärische Druck“ auf die Hamas notwendig sei, um die Rückkehr der Entführten und den Sieg im Krieg zu erreichen.
Die Anweisungen, die er dem israelischen Verhandlungsteam gebe, basierten „auf diesem Druck, und ohne ihn haben wir nichts“, betonte Netanjahu. Die Hamas erklärte aber am Samstag, sie sei nicht zu neuen Verhandlungen über Geisel-Freilassungen bereit, wenn „die Aggression gegen unser Volk nicht komplett aufhört“.
Netanjahu sprach nicht konkret über mögliche neue Verhandlungen mit der Hamas. In Medienberichten hieß es jedoch, nach der versehentlichen Tötung der drei Geiseln wende sich die israelische Regierung wieder dem Weg der Verhandlungen zu. (afp)
Israels Militärchef: Bei weißer Flagge darf nicht geschossen werden
Israels Generalstabschef Herzi Halevi hat die Verantwortung für die versehentliche Tötung von drei israelischen Geiseln im Gazastreifen durch israelische Soldaten übernommen. „Die Armee und ich als ihr Kommandeur sind für das, was passiert ist, verantwortlich und wir werden alles tun, um zu verhindern, dass sich solche Fälle in der Zukunft der Kämpfe wiederholen“, sagte er in einem am Samstagabend auf der Plattform X veröffentlichten Video.
Zugleich stellte er klar, dass auf Menschen mit weißer Flagge, die sich ergeben wollen, nicht geschossen werden darf. Bei der Tötung der Geiseln seien Einsatzregeln verletzt worden, betonte Halevi.
„Die drei Geiseln haben alles getan, damit wir sie als solche erkennen – sie hatten ihre Hemden ausgezogen, damit wir sehen, dass sie keine Sprenggürtel tragen, und sie hielten eine weiße Flagge“, räumte Halevi ein. Zugleich gab er zu bedenken, dass sich die Soldaten in einer aktiven Kampfzone befanden. Terroristen seien dort in Zivilkleidung aktiv und jede Entscheidung könne im Bruchteil einer Sekunde über Leben oder Tod entscheiden.
Nach israelischen Schätzungen werden derzeit noch 112 am 7. Oktober bei dem Überfall der islamistischen Hamas aus Israel verschleppte Menschen im Gazastreifen festgehalten. (dpa)
Angehörige verbliebener Geiseln fordern Stopp der Kampfhandlungen
Die Angehörigen der weiter im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln der Hamas haben Israel aufgefordert, mit den Kampfhandlungen aufzuhören. „Wir nehmen nur Leichen in Empfang“, sagte Noam Perry, deren Vater Haim Perry sich noch in den Händen der radikalislamischen Hamas befindet. „Wir wollen, dass Sie den Kampf beenden und Verhandlungen beginnen“, sagte sie bei einer Veranstaltung des Forums für Geiseln und vermisste Familien in Tel Aviv am Samstag.
In Israel hat die versehentliche Tötung dreier Geiseln durch israelische Soldaten Trauer und Proteste ausgelöst. Die Männer waren während Kämpfen in Schudschaija im Norden des Gazastreifens erschossen worden. Erste Untersuchungen ergaben, dass die Männer mit einer behelfsmäßigen weißen Fahne auf die Soldaten zugegangen waren, was von letzteren aber als Bedrohung wahrgenommen wurde.
Kurz nach Bekanntwerden des Vorfalls versammelten sich vor dem Verteidigungsministerium in Tel Aviv hunderte Menschen, die ein rasches neues Abkommen mit der Hamas zur Freilassung der verbliebenen Geiseln forderten. Nach jüngsten israelischen Angaben befinden sich noch immer 129 Geiseln in der Gewalt der radikalislamischen Palästinenserorganisation.
„Wir fühlen uns wie beim russischen Roulette“, sagte Ruby Chen, Vater einer 19-jährigen Geisel am Samstag. „Sie haben uns erklärt, dass die Bodenoffensive die Entführten zurückbringen würde“, sagte Chen. Seitdem seien zwar Geiseln zurückgekehrt, „aber nicht lebendig“, kritisierte er. (afp)
Trauer und Proteste über getötete Geiseln
Trauer und Proteste in Israel: Nach der versehentlichen Tötung dreier Hamas-Geiseln im Gazastreifen durch israelische Soldaten haben erste Untersuchungen ergeben, dass die drei Männer eine weiße Fahne schwenkten und auf Hebräisch um Hilfe riefen. Die Tötung verstoße „gegen unsere Einsatzregeln“, sagte ein Militärvertreter am Samstag. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sprach von einer „unerträglichen Tragödie“, während hunderte Menschen in Tel Aviv auf die Straße gingen.
Die drei Männer im Alter zwischen 25 und 28 Jahren seien am Freitag „einige Dutzend Meter“ von einer Stellung der israelischen Streitkräfte in der Stadt Gaza aufgetaucht, sagte der Armeevertreter. Alle drei hätten „keine T-Shirts getragen“, aber einen „Stock mit weißem Stoff daran“ dabei gehabt. Ein Soldat habe die Männer gesehen, sich bedroht gefühlt und das Feuer eröffnet.
Es sei möglich, dass die Geiseln zuvor von ihren Entführern zurückgelassen worden seien oder flüchten konnten, hieß es weiter. Die Tötung der Männer verstoße „gegen unsere Einsatzregeln“, betonte der Armeevertreter. Er sprach von einem „tragischen“ Vorfall. Die sterblichen Überreste von Alon Lulu Schamris, Jotam Haim und Samer El-Talalka wurden Armeeangaben zufolge nach Israel gebracht.
Israels Regierungschef Netanjahu zeigte sich tief betroffen. Er nannte den Vorfall eine „unerträgliche Tragödie“, die den israelischen Staat „in tiefe Trauer“ gestürzt habe.
Während sich die Nachricht von der versehentlichen Tötung der drei Geiseln verbreitete, versammelten sich vor dem Verteidigungsministerium in Tel Aviv hunderte Demonstranten, darunter auch Angehörige von Geiseln. Sie forderten ein rasches neues Abkommen mit der Hamas zur Freilassung der verbliebenen Geiseln. Nach jüngsten israelischen Angaben befinden sich noch immer 129 Geiseln in der Gewalt der radikalislamischen Palästinenserorganisation. (afp)
Mögliche Verhandlungen über Feuerpause
Das Nachrichtenportal „Axios“ berichtete derweil, dass der israelische Mossad-Geheimdienstchef David Barnea am Wochenende mit dem katarischen Regierungschef Mohammed ben Abdelrahmane Al-Thani in Europa zusammentreffen werde. Dabei solle es um eine zweite Feuerpause zur Freilassung von Geiseln gehen. Angaben zum genauen Ort des Treffens und zur Zahl der Geiseln, die freigelassen werden könnten, machte „Axios“ nicht.
Ende November waren im Rahmen einer zwischen Israel und der Hamas vereinbarten Feuerpause im Verlauf einer Woche etwa hundert israelische Geiseln freigelassen worden. Im Gegenzug ließ Israel 240 palästinensische Häftlinge aus den Gefängnissen frei. Das Abkommen war von Katar, Ägypten und den USA vermittelt worden.
Die Kämpfe im Gazastreifen gingen am Samstag ungeachtet der Vorfälle weiter. Die israelische Armee meldete die Erstürmung von zwei Schulen in der Stadt Gaza, in denen sie Verstecke der Hamas vermutete. Die Hamas meldete ihrerseits „erbitterte Kämpfe“ in der Gegend des Flüchtlingslagers Dschabalija im Norden des Gazastreifens, sowie israelischen Beschuss der Stadt Chan Junis im Süden des dicht besiedelten Küstengebiets. (afp)
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