+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Schüsse auf Hapag-Lloyd-Schiff
Vor Jemen wird ein Frachter der Reederei beschossen. Deutsche Reeder fordern Schutz vor Huthi-Angriffen. Israels Armee birgt in Gaza die Leichen dreier Geiseln.
⦁ Israel: Kommandozentrum in Hamas-Hochburg zerstört
⦁ Armee: Neue Methoden zur Tötung von Hamas-Terroristen
⦁ Herzog: Nicht die richtige Zeit für Zweistaatenlösung
⦁ USA setzen auf Abschwächung der Bodenoffensive
Hapag-Lloyd-Frachter im Roten Meer beschossen
Ein Containerfrachter der deutschen Reederei Hapag-Lloyd ist im Roten Meer beschossen worden. Die „Al Jasrah“ sei bei dem Angriff in der Meerenge zwischen dem Jemen und Dschibutti beschädigt worden, Verletzte habe es nicht gegeben, sagte ein Sprecher der Hamburger Reederei am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. Zuvor hatte unter anderem der Spiegel über den Beschuss berichtet.
Der Frachter war den Angaben zufolge aus dem griechischen Piräus durch den Suezkanal gefahren und befand sich auf Kurs Richtung Singapur. „Es gibt Sachschäden an Bord, die Crew ist unversehrt“, sagte der Sprecher. Einzelheiten zu den Schäden konnte er zunächst nicht mitteilen. Das Schiff könne seine Fahrt aber fortsetzen. Medienberichten zufolge gab es nach dem Beschuss ein Feuer an Bord.
Zum Ursprung des Beschusses konnte der Sprecher zunächst ebenfalls keine Angaben machen. Zuletzt hatten jemenitische Huthi-Rebellen Schiffe im Roten Meer angegriffen. Erst am Donnerstag hatten die deutschen Reeder deshalb von der Bundesregierung und der EU Schutzmaßnahmen gefordert. Die deutsche Handelsflotte ist mit ihren gut 1800 Schiffen die siebtgrößte unter den großen Handelsflotten der Welt.
Die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen greifen Israel seit Ausbruch des Gaza-Krieges immer wieder unter anderem mit Drohnen und Raketen an. Zudem drohen sie, künftig Schiffe jeglicher Nationalität auf dem Weg nach Israel an der Durchfahrt im Roten Meer zu hindern. Nur Frachtern, die Hilfsgüter für den Gazastreifen lieferten, würde die Durchfahrt gewährt. Alle anderen würden zum „legitimen Zielen unserer Streitkräfte“, hieß es von den Rebellen. (dpa)
Israel: Kommandozentrum in Hamas-Hochburg zerstört
Israels Armee hat nach eigener Darstellung das Kommando- und Kontrollzentrum eines wichtigen Hamas-Bataillons im Gazastreifen eingenommen und zerstört. Soldaten töteten bei dem Einsatz in der Hamas-Hochburg Schedschaija auch Terroristen, wie das Militär am Freitag mitteilte. Auch ein Tunnel-Komplex sei zerstört worden. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.
Schedschaija ist ein Viertel der Stadt Gaza. Es gilt als eine der letzten beiden Zentren der islamistischen Hamas im nördlichen Teil des Gazastreifens. Vor einigen Tagen hatte Israels Verteidigungsminister Joav Galant mitgeteilt, die Hamas-Kommandozentrale dort sei umzingelt worden. Das Bataillon galt seinen Angaben nach als unbesiegbar.
Die israelische Armee geht davon aus, dass die islamistische Hamas insgesamt 24 Bataillone mit jeweils rund 1000 Mitgliedern hat.
Die Armee teilte am Freitag weiterhin mit, in den vergangenen Tagen auch zahlreiche Terroristen in der Stadt Chan Junis im Süden des Gazastreifens getötet zu haben. Soldaten hätten dabei in einem Tunnel zudem Motorräder gefunden, die die Hamas bei dem Massaker am 7. Oktober in Israel genutzt habe. Die brutalen Terrorangriffe waren Auslöser des Gaza-Kriegs. Angesichts des Leids der Zivilbevölkerung im Gazastreifen wächst international die Kritik am Vorgehen der israelischen Armee. (dpa)
Armee: Weitere Geisel-Leichen im Gazastreifen geborgen
Israels Militär hat nach eigenen Angaben die Leichen weiterer aus Israel in den Gazastreifen verschleppten Geiseln geborgen. Die toten Körper eines 28-Jährigen sowie zweier Soldaten seien nach Israel zurückgebracht und dort identifiziert worden, teilte die Armee am Freitag mit. Die Männer seien beim Massaker der islamistischen Hamas und anderer Gruppen aus Israel nach Gaza verschleppt worden. Bei den beiden getöteten Soldaten handelt es sich nach Angaben der Armee um zwei 19-Jährige. Die Familien der drei seien informiert worden, hieß es. Zur Todesursache machte die Armee zunächst in keinem der Fälle Angaben.
Frankreichs Außenministerin Catherine Colonna schrieb auf der ehemals als Twitter bekannten Plattform X, der 28-jährige Tote sei Franzose gewesen. Die Nachricht über seinen Tod erfülle sie mit unermesslichem Kummer. „Wir teilen den Schmerz seiner Familie und seiner Angehörigen.“ Die Freilassung aller Geiseln sei oberste Priorität. Israelischen Medien zufolge wurde der Mann, der auch israelischer Staatsbürger sei, beim Supernova-Festival in der Negev-Wüste entführt. Dort war er den Angaben nach mit einer Freundin, die ebenfalls entführt, aber kürzlich freigelassen wurde.
Die Armee hatte die Zahl der noch in Gaza festgehaltenen Menschen zuletzt mit 135 angegeben. Unklar ist, ob die seitdem für tot erklärten Geiseln dazu zählen. Israelische Soldaten haben seit Beginn des Gaza-Kriegs bereits mehrere Leichen im Gazastreifen geborgen.
Bei dem beispiellosen Angriff der Terrororganisation Hamas und anderer Extremisten auf Grenzorte in Israel wurden nach israelischen Angaben insgesamt rund 240 Menschen entführt. Im Rahmen eines Deals zwischen der Regierung in Jerusalem und der Hamas wurden kürzlich insgesamt 105 Geiseln freigelassen. Im Austausch entließ Israel 240 palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen. (dpa)
Armee: Neue Methoden zur Tötung von Hamas-Terroristen
Israels Armee tötet nach Angaben eines Sprechers Hamas-Terroristen in den Tunneln unter dem Gazastreifen nun gezielt mit Sprengstoff. „Wir haben neue Kampfmethoden, die wir einsetzen werden, um Terroristen zu töten“, erklärte der israelische Armeesprecher Daniel Hagari am Donnerstagabend. Hamas-Terroristen und insbesondere ihre Anführer versteckten sich in ihren Tunneln im Untergrund. „Wir werden eindringen, Sprengstoff an Orten anbringen, von denen wir wissen, dass die Terroristen sie häufig aufsuchen, und auf den richtigen Moment warten, um sie unterirdisch zu töten“, sagte Hagari. „Die Terroristen werden im Untergrund nicht sicher sein.
Unterhalb des Gazastreifens erstreckt sich über viele Kilometer ein ganzes Netzwerk aus Tunneln, in denen sich laut Israel etliche Terroristen der islamistischen Hamas verstecken und dort auch Geiseln aus Israel festhalten. Um Israels Bomben aus der Luft widerstehen zu können, reichen manche Tunnel Dutzende Meter unter die Erde. Die Terroristen nutzen sie zugleich, um aus dem Nichts aufzutauchen und hinterrücks anzugreifen. Viele der Tunnel sind mit Sprengfallen versehen, um israelische Soldaten, die dort eindringen, zu töten.
Israels Armee hat laut US-Medienberichten die Flutung der Tunnel getestet. Dabei sei Meerwasser in einige Tunnel gepumpt worden, um herauszufinden, ob sich die Methode zur großflächigen Zerstörung des Tunnelnetzwerks eigne. Laut der „Times of Israel“ scheinen die Tests „erfolgreich gewesen zu sein“.
Die Hamas hat jedoch nach eigener Darstellung genau solch eine Taktik von vornherein einkalkuliert und die Tunnel so konstruiert, dass sie auch einer Flutung standhalten. „Die Tunnel wurden von gut ausgebildeten und geschulten Ingenieuren gebaut, die alle möglichen Angriffe der (israelischen) Besatzung in Betracht gezogen haben, einschließlich des Hineinpumpens von Wasser“, erklärte laut dem US-Fernsehsender CNN Osama Hamdan, ranghoher Vertreter der Hamas im Libanon, am Donnerstag in Beirut. Alle Konsequenzen und erwarteten Angriffe seien berücksichtigt worden. (dpa)
Herzog: Nicht die richtige Zeit für Zweistaatenlösung
Der israelische Präsident Izchak Herzog hat sich gegen unmittelbare Verhandlungen über eine Zweistaatenlösung nach einem Ende des Gaza-Krieges ausgesprochen. Nun sei nicht die Zeit, über die Schaffung eines unabhängigen palästinensischen Staates zu reden, wenn der Schmerz durch den Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober in seinem Land noch frisch im Bewusstsein sei, erklärte Herzog am Donnerstag in einem Interview der Nachrichtenagentur AP. Es gebe ein „emotionales Kapitel“, mit dem man sich auseinandersetzen müsse. „Meine Nation wurde beraubt. Meine Nation ist traumatisiert“, sagte Herzog.
Um sich auf die Idee zurückzubesinnen, das Land aufzuteilen, über Frieden zu verhandeln oder mit den Palästinensern zu reden, müsse man sich zuallererst mit dem emotionalen Trauma befassen, das Israel durchleide. Zudem müsse man dem „Bedürfnis und dem Verlangen nach einem vollständigen Gefühl der Sicherheit für alle Menschen“ Rechnung tragen, betonte Herzog.
Der Präsident äußerte sich einen Tag vor einem geplanten Treffen mit dem Nationalen Sicherheitsberater der USA, Jake Sullivan, der sich aktuell im Nahen Osten aufhält. Die Regierung von US-Präsident Joe Biden hat sich für eine Wiederaufnahme diplomatischer Bemühungen um eine Zweistaatenlösung nach einem Ende des Gaza-Kriegs stark gemacht. Herzog war früher Vorsitzender der Arbeiterpartei Awoda, die im Nahostkonflikt für eine Zweistaatenlösung eintritt. (ap)
USA setzen auf Abschwächung der Bodenoffensive
Die US-Regierung erwartet nach Gesprächen mit der israelischen Führung einen Übergang der Bodenoffensive mit „hoher Intensität“ im Gazastreifen zu „gezielteren“ militärischen Operationen. Es habe nie die Erwartung gegeben, dass es auf unbestimmte Zeit einen großen zerstörerischen Einsatz am Boden geben würde, sagte ein ranghoher Vertreter der US-Regierung am Donnerstag in Tel Aviv. Ziel sei es, dass Israel sich in der Zukunft genauer auf bestimmte Ziele und militärische Infrastruktur konzentriere. Er sprach dabei über die Treffen des Nationalen Sicherheitsberaters der USA, Jake Sullivan, in Israel – unter anderem mit Regierungschef Benjamin Netanjahu. In denen sei dieser Übergang Thema gewesen.
Der US-Regierungsvertreter nannte allerdings keinen Zeitrahmen für den Übergang. „Es geht nicht wirklich um Zeitrahmen, sondern um die Bedingungen, die festgelegt werden, und die Israelis haben uns sehr detailliert über die Phasen ihrer gesamten Kampagne informiert“, sagte er. Die „New York Times“ hatte zuvor berichtet, dass Washington Israel aufgefordert habe, die Bodenoffensive in Gaza bis Jahresende zu beenden. Der Regierungsvertreter ging nicht explizit auf diesen Bericht ein, sagte aber: „Es gab einige Berichte über den Zeitrahmen und ich muss sagen, dass diese nicht ganz korrekt sind.“
„Ich denke, dass die Israelis schon sehr früh Ideen für den militärische Einsatz hatten, den wir für problematisch hielten“, fügte er hinzu. Darüber habe man mit der israelischen Regierung gesprochen und die militärische Operation sei „auf der Grundlage einiger unserer Ratschläge, einiger unserer Empfehlungen angepasst“ worden. Die US-Regierung betonte erneut, dass Israel alles in seiner Macht stehende tun müsse, um die Zivilbevölkerung zu schützen. (dpa)
Israel: Jede fünfte Hisbollah-Rakete landet im Libanon
Nach Darstellung von Israels Militär ist seit Kriegsbeginn jede fünfte von der Hisbollah-Miliz abgefeuerte Rakete im Libanon gelandet. Allein in dieser Woche seien „acht von der Hisbollah abgefeuerte Raketen auf libanesischem Gebiet niedergegangen“, teilte die israelische Armee am Donnerstag mit. Die eng mit dem Iran verbundene Hisbollah wies die Anschuldigungen zurück. Unabhängig waren die Angaben zunächst nicht zu überprüfen.
„Die Raketenangriffe der Hisbollah schaden israelischen und libanesischen Zivilisten gleichermaßen“, hieß es weiter von Israels Militär. „Indem sie weiterhin Geschosse und Drohnen aus dem Südlibanon auf Israel abfeuert, verstößt die Hisbollah gegen die Resolution 1701 des UN-Sicherheitsrats.“ Mit der Resolution war der Libanonkrieg 2006 beendet worden. (dpa)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Bundestagswahlkampf der Berliner Grünen
Vorwürfe gegen Parlamentarier