Linke spricht von „Schikanemaßnahme“: Hamburg will Bezahlkarte ausweiten
Nicht nur Geflüchtete, sondern auch Jugendliche in betreuten Einrichtungen sollen in Hamburg Leistungen per Karte erhalten. Erste Tests laufen bereits.

In den nächsten Monaten werde die Finanzbehörde weitere „geeignete Prozesse und Leistungen“ mit der Sozialbehörde aufnehmen und die Kartenzahlung ausweiten. „Mir ist besonders wichtig, dass durch diese Karten auch für Menschen, die sonst vielleicht keine bargeldlose Zahlungsmöglichkeit erhalten, in der Perspektive diese Hürde zur Teilhabe reduziert werden kann“, sagte Finanzsenator Andreas Dressel (SPD). Es trage auch zum Bürokratieabbau und zur Verwaltungsmodernisierung bei.
Im Rahmen eines Pilotprojekts hat Hamburg im Februar 2024 als erstes Bundesland die Bezahlkarte für Asylsuchende eingeführt. Später billigte der Bundesrat die gesetzliche Grundlage der Karte. Auf die Karten werden 185 Euro für den persönlichen Bedarf gutgeschrieben. 50 Euro Bargeld können abgehoben werden, für Minderjährige jeweils weitere 10 Euro.
Carola Ensslen, fluchtpolitische Sprecherin der Linksfraktion in Hamburg
Die Karten können da genutzt werden, wo Visa akzeptiert wird. Im Ausland, im Onlinehandel, für Geldtransfers oder Glücksspiel funktioniert die Karte nicht. Auch in vielen kleinen Läden, die etwa Lebensmittel oder gebrauchte Kleidung anbieten, im Café oder bei der Post werde die Bezahlkarte oft nicht akzeptiert, so die Kritik.
Linke fordert Ende der Bezahlkarte
„Es war absehbar, dass die repressive Bezahlkarte auch auf andere Leistungsempfänger*innen ausgedehnt würde. Und es wird nicht bei der Ausdehnung auf die Altersgrundsicherung und Sozialhilfe bleiben“, teilte Carola Ensslen, fluchtpolitische Sprecherin der Linksfraktion, am Sonntag mit. Aus der Anfrage geht auch hervor, dass es weiter keine Online-Bezahlfunktion gibt. Der Dienstleister arbeite an der „vertraglich zugesicherten Umsetzung“.
„Dass man es in fünf Monaten nicht schafft, die Funktion für den Online-Handel einzurichten, liegt in erster Linie an den Beschränkungen auf bestimmte Waren“, sagte Ensslen. Mit Verwaltungsvereinfachung habe das in ihren Augen nichts zu tun. Die Bezahlkarte sei eine „Schikanemaßnahme“, die abgeschafft werden müsse statt sie auf andere Personengruppen auszuweiten.
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