+++ Corona News am 12. April +++: Franziskus allein im Dom
Der Papst feiert die Ostermesse unter Ausschluss der Öffentlichkeit, Grossbritanniens Premier verlässt die Klinik. Und Venezuela verlängert den Notstand.
Kaum Verstöße gegen Corona-Einschränkungen
Die Menschen in Deutschland haben sich auch am Ostersonntag weitgehend an die geltenden Corona-Einschränkungen gehalten. Die Polizeien in den Bundesländern zeigten sich zufrieden mit dem Verhalten der Bürger. Nur vereinzelt kam es zu kleineren Verstößen. Die Bundesländer haben zur Eindämmung des Coronavirus unter anderem umfassende Einschränkungen der Bewegungsfreiheit verhängt.
In Bayern blieben bei frühlingshaftem Wetter die meisten Menschen daheim oder gingen lediglich – den Regeln entsprechend – in der Sonne spazieren oder zum Radfahren. Einige Verstöße registrierte die Polizei dennoch, darunter mehrere Partys am Samstagabend.
Ähnlich sah es in Hessen aus. Die Polizeidirektionen in dem Bundesland meldeten alle keine größeren Verstöße. „Der Großteil verhält sich absolut vorbildlich“, sagte ein Polizeisprecher in Kassel. In Rheinland-Pfalz und im Saarland hielten sich die Bürger ebenfalls weitestgehend an die Kontaktbeschränkungen. Im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen lag am Oster-Wochenende die Zahl der eingeleiteten Verfahren nach Ordnungswidrigkeiten zumeist unter der des Vorwochenendes, wie die Städte mitteilten. Wenig Arbeit gab es etwa auch für die Polizeidienststellen in Hamburg und Schleswig-Holstein.
Auch die meisten Berlinerinnen und Berliner hielten sich am Ostersonntag an die Corona-Regeln. Die Parks und Grünanlagen seien gut besucht gewesen, die meisten Menschen hätten jedoch auf den Mindestabstand von eineinhalb Metern geachtet, sagte eine Polizeisprecherin. Am späten Nachmittag sprach die Polizei von einer entspannten Lage.
Im thüringischen Weimar und Umgebung lösten Polizisten mehrfach Treffen auf, etwa von Familien, die sich beim schönen Wetter zum Grillen getroffen hatten. (dpa)
10.000 starben bisher in Großbritannien an Covid-19
Die Zahl der an einer Ansteckung in Krankenhäusern gestorbenen Menschen ist in Großbritannien erstmals größer als 10.000. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums liegt sie nun bei insgesamt 10.612. Es seien am Samstag 737 Menschen der Infektion erlegen, teilt das Gesundheitsministerium mit. Das sind weniger als die jeweils knapp tausend Toten in den beiden vorangegangenen Tagen, doch liegt die tägliche Sterberate in Großbritannien damit immer noch höher als in den meisten anderen Ländern. (rtr/afp)
Boris Johson verlässt das Krankenhaus
Der an Covid-19 erkrankte britische Permierminister Boris Johnson hat das Krankenhaus verlassen. „Auf Anraten seines Ärzteteams wird der Permierminister nicht sofort seine Arbeit wieder aufnehmen“, teilt ein Regierungs-Sprecher mit. Er danke allen für die „brilliante“ Betreuung.
Der an der Lungenkrankheit Covid-19 erkrankte britische Premierminister Boris Johnson zeigte sich beim Verlassen des Krankenhauses kämpferisch gezeigt. „Wir werden dieses Coronavirus besiegen, und wir werden es gemeinsam besiegen“, sagte der mit Anzug und Krawatte gekleidete 55-Jährige in einem von der Downing Street am Sonntag veröffentlichten Video.
Noch sei die Krise nicht zu Ende, sagte er weiter. „Doch wir machen nun Fortschritte in diesem unglaublichen Kampf“. Johnson war vor einer Woche ins Krankenhaus eingeliefert worden, nachdem sich die Symptome infolge seiner Infektion mit dem neuartigen Coronavirus verschlimmert hatten. Am Montagabend kam er sogar auf die Intensivstation, konnte am Donnerstag aber wieder auf eine normale Station des Londoner St.-Thomas-Krankenhauses verlegt werden. (rtr/afp)
Italiens Premier dankt Landsleuten für Opferbereitschaft
Der italienische Ministerpräsident Giuseppe Conte hat seinen Landsleuten für ihre Opferbereitschaft im Kampf gegen die Coronavirus-Pandemie gedankt. Viele müssten Ostern mit leeren Plätzen am Familientisch feiern, weil sie geliebte Angehörige verloren hätten, schrieb Conte auf Facebook. Viele schöne Ostertraditionen müssten ausfallen. In den Krankenhäusern kämpfe das Personal um das Leben von Patienten. „Die Opfer, die jeder von uns an diesem wichtigen Sonntag bringt, sind eine Geste echter Bindung an das, was wirklich zählt“, schrieb Conte. „Gemeinsam schaffen wir das.“
Das Orchester der Mailänder Scala bedankte sich in einem Video-Auftritt mit Johann Pachelbels D-Dur-Kanon bei den Krankenhausangestellten für deren Einsatz. Musiker im ganzen Land waren aufgerufen, sich von ihren Fenstern und Balkonen aus an der Aufführung zu beteiligen.
Italien ist in Europa am schlimmsten von der Pandemie getroffen worden. Es verzeichnete bis Sonntag mehr als 152 000 registrierte Infektionen und knapp 20 000 Tote. (ap)
Israelas Behörden riegeln ultraorthodoxe Wohnviertel ab
In Jerusalem riegeln israelische Behörden die Wohnviertel ultraorthodoxer Juden ab. Damit soll ein Überspringen des Coronavirus aus den dicht besiedelten Quartieren verhindert werden. Die Infektionsrate unter den in großen Familienverbänden lebenden Gläubigen ist hoch. (rtr)
US-Regierung peilt 1. Mai als Lockerungsdatum an
Der Chef der amerikanischen Lebensmittelüberwachungs- und Arzneimittelbehörde FDA, Stephen Hahn, erklärt, die US-Regierung visiere den 1. Mai als Datum für eine Lockerung der Ausgehbeschränkungen an. Er sagt, es sei aber noch zu früh, um sich auf dieses Datum festzulegen. „Wir sehen Licht am Ende des Tunnels“, sagt er dem Sender ABC. (rtr)
Russlands Infiziertenzahlen steigen
In Russland hat die Pandemie einen neuen Höhepunkt erreicht. Nach Behördenangaben steckten sich 2186 Menschen neu mit dem Virus an, der größte tägliche Anstieg seit Ausbruch der Seuche. In dem Land sind 15.770 Menschen an Covis-19 erkrankt, 130 erlagen der Infektion. (rtr)
Venezuela verlängert Notstand um 30 Tage
Um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, hat die venezolanische Regierung den öffentlichen Notstand um 30 Tage verlängert. Das kündigte Vize-Präsidentin Delcy Rodriguez am Samstagabend (Ortszeit) an. In dem südamerikanischen Krisenland gelten bereits seit Mitte März drastische Beschränkungen des öffentlichen Lebens. Erlaubt sind nur noch Verteilung und Einkauf von Lebensmitteln, der Einsatz von Polizei und Militär sowie Tätigkeiten im Gesundheitswesen und im Transport. Die Zahl der Corona-Infizierten in Venezuela lag nach Angaben der Regierung zuletzt bei 175.
Der Oppositionsführer und selbsternannte Übergangspräsident Juan Guaidó wirft der Regierung jedoch vor, das wahre Ausmaß der Corona-Infektionen zu verschleiern. Guaidó versucht seit mehr als einem Jahr, Maduro aus dem Amt zu drängen. Letzterer sitzt jedoch fest im Sattel, auch weil er das Militär auf seiner Seite und die Polizei fest im Griff hat.
Unterdessen gerät das einst reiche Venezuela immer tiefer in eine wirtschaftlich und soziale Krise, die die Covid-19-Pandemie noch verschlimmert. Das Gesundheitssystem liegt ohnehin bereits komplett am Boden: Es gibt kaum Medikamente und Material, zahlreiche Ärzte haben das Land bereits verlassen, immer wieder fällt der Strom aus. Selbst Wasser und Seife sind bisweilen knapp. Auch andere Dinge des täglichen Bedarfs sind kaum noch zu bekommen. (dpa)
Malaysia hat die höchsten Infiziertenzahlen Südostasiens
In Malaysia gibt das Gesundheitsministerium 153 neue Coronavirus-Fälle bekannt. Damit haben sich 4683 Menschen an Covid-19 abgesteckt. Das ist die größte Zahl an Infektionen in Südostasien. Bislang sind 76 Menschen an der Pandemie gestorben. Nach Angaben des Ministeriums wurden bislang 45 Prozent der Patienten geheilt. (rtr)
Papst allein im Petersdom
In seiner Ostermesse im nahezu menschenleeren Petersdom gedachte Papst Franziskus der Corona-Toten und Erkrankten. Die Europäer rief er zur „Solidarität“ in der Krise auf, für die ärmsten Länder forderte er einen Schuldenerlass.
In den vergangenen Wochen habe sich das Leben von Millionen von Menschen „schlagartig verändert“, sagte der Papst in seiner im Internet übertragenen Ostermesse. Viele Gläubige müssten in diesem Jahr ein „einsames Osterfest, inmitten von Trauer und Nöten, von körperlichem Leid bis hin zu finanziellen Schwierigkeiten“ verbringen.
Der Papst wandte sich gegen nationale Egoismen in der Krise. Vor allem von den Europäern forderte er Solidarität. Die EU stehe vor einer „epochalen Herausforderung“, von der nicht nur ihre eigene Zukunft, sondern „die der ganzen Welt“ abhänge, mahnte Franziskus. Nach dem Zweiten Weltkrieg habe Europa neu erstehen können, weil ein „konkret spürbarer Geist der Solidarität“ es ermöglicht habe, „die Rivalitäten der Vergangenheit zu überwinden“. Umso dringender sei es „unter den heutigen Umständen, dass diese Rivalitäten nicht wieder aufleben“.
Für die ärmsten Staaten, die nicht für den Kampf gegen die Pandemie gerüstet seien, forderte der Papst einen Schuldenerlass. Auch internationale Sanktionen müssten jetzt gelockert werden. Der Papst bekräftige zudem seine Forderung nach einem sofortigen weltweiten Waffenstillstand.
Die Live-Übertragung einer Ostermesse war eine Premiere für den Vatikan. Auch den Ostersegen „Urbi et Orbi“ (Der Stadt und dem Erdkreis) spendete der Papst nicht wie sonst üblich im Beisein zehntausender Gläubiger auf dem Petersplatz. (afp)
Bundesländer wollen Schulden machen
Die Bundesländer wollen sich nach einer Umfrage des Handelsblatts mit bis zu 65 Milliarden Euro neuen Schulden gegen die Coronakrise stemmen. Die schwarz-gelbe Koalition in NRW etwa könne bis zu 25 Milliarden Euro neue Verbindlichkeiten in diesem Jahr aufnehmen, berichtet das Blatt. Bayern plane neue Schulden in Höhe von 20 Milliarden Euro. (rtr)
Spahn: Rückkehr hängt von Hygienebedingungen ab
Gesundheitsminister Jens Spahn macht eine Rückkehr der Unternehmen zur Normalität von Bedingungen abhängig. „Wenn uns bestimmte Branchen zeigen, sie können Hygiene- und Abstandsregeln durchsetzen, dann können die Bereiche wo das geht auch wieder anfangen in den Alltag zurückkehren.“ Für Schulen und Kindergärten werde es knifflig, sagt der CDU-Politiker „Bild TV“. „Das Virus wird bleiben, wir werden dauerhaft damit leben und umgehen müssen. Es ist wichtig einmal als Gesellschaft für sich zu akzeptieren: ‚Das ist da – und das bleibt.‘“
Die Wirtschaftsweisen sprechen sich gegen starre Öffnungen und Schließungen einzelner Branchen im Falle einer Lockerung der Corona-Beschränkungen aus. „Die Politik sollte klare Regeln vorgeben, die helfen, die Virusausbreitung einzudämmen und eine Überlastung des Gesundheitssystems durch schwere Krankheitsverläufe zu vermeiden“, schreiben die fünf Ökonomen des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in einem Gastbeitrag für die FAS. „Unternehmen und Einrichtungen könnten wieder öffnen, wenn sie die Richtlinien einhalten. Dieses Vorgehen könnte an die Stelle von sektoral abgestuften behördlichen Vorgaben treten.“ (rtr)
Spaniens Rückgang der Todeszahlen wieder durchbrochen
In Spanien sind fast 17.000 Menschen infolge einer Infektion mit dem Coronavirus gestorben. Binnen 24 Stunden seien 619 weitere Patienten ihrer Krankheit erlegen, teilt das spanische Gesundheitsministerium mit. Die Gesamtzahl der Todesopfer steigt auf 16.972. Nach drei Tagen ist die rückläufige Tendenz wieder durchbrochen, noch am Samstag war mit 510 Todesopfern die niedrigste Zahl an einem Tag seit fast drei Wochen gemeldet worden. Zudem wurden 4167 Neuinfektionen bestätigt. Damit steigt die Zahl der Ansteckungsfälle auf insgesamt 166.019. (rtr)
Altmeier will hart gegen den Missbrauch von Hilfen vorgehen
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier will hart gegen den Missbrauch von Corona-Hilfen vorgehen. „Einige wenige schwarze Schafe gefährden so die schnelle Auszahlung für viele Tausend Ehrliche, die diese Hilfe jetzt dringend brauchen“, sagt der CDU-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Die rasche Auszahlung war und ist notwendig, aber gegen Betrug und Missbrauch muss konsequent und mit Härte gehandelt werden.“ (rtr)
Neue Infektionen in China
In China haben sich 99 Menschen nachweislich neu mit dem Coronavirus angesteckt, wie die Behörden mitteilen. Zudem sei das Virus bei 97 Reisenden festgestellt worden. Außerdem gebe es 63 neue asymptomatische Fälle. (rtr)
Corona-Klinik in Tripolis nach Bombardierung geschlossen
In Libyen behindert zunehmende Gewalt den Kampf gegen die Verbreitung des Coronavirus. Durch die vielen Opfer des Bürgerkriegs seien die Krankenhäuser bereits überlastet und hätten nur noch eine geringe Kapazität für Covid-19-Patienten, warnte das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) am Sonntag.
Trotz internationalen Aufrufen zu einer Waffenruhe eskalierten in den vergangenen Tagen die Kämpfe um Tripolis. Viele Krankenschwestern und Ärzte müssten deshalb Kriegsverletzte behandeln und seien für die Eindämmung von Covid-19 und die Behandlung von Patienten nicht verfügbar, erklärte das IKRK. Hunderttausende Menschen säßen in Libyen zwischen Bomben, Kugeln und dem Coronavirus in der Falle. Die Ausbreitung des Erregers werde das ohnehin anfällige Gesundheitssystem weiter schwächen.
In den vergangenen Tagen wurde das Al-Kahadra-Krankenhaus, in dem auch Corona-Patienten behandelt werden, laut einem Bericht des britischen Senders BBC mehrmals bombardiert und deshalb geschlossen. Der UN-Nothilfekoordinator für Libyen, Yacoub El Hillo, bezeichnete die die Corona-Pandemie und die Angriffe auf das Krankenhaus als tödliche Kombination. (epd)
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