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Staatshaushalt in FrankreichLeider wieder nackt

Einen Haushalt für 2026 gibt es in Frankreich noch nicht. Das war Ende 2024 ebenfalls der Fall. Premier Sébastien Lecornu sucht händeringend nach einem Kompromiss.

Mit dem Haushalt im Parlament gescheitert: der französische Premierminister Sebastien Lecornu Foto: Christophe Ena/Pool AP/dpa
Rudolf Balmer

Aus Paris

Rudolf Balmer

Ist es eine Katastrophe, dass Frankreich zum Jahresende keinen vom Parlament gebilligten und verabschiedeten Staatshaushalt für 2026 hat? So jedenfalls stellt die Regierung die Situation dar, weil die beiden Kammern der Volksvertretung, der Senat und die Nationalversammlung, ihrer Vorlage für die Jahresrechnung nicht ohne wesentliche und vor allem widersprüchliche Änderungen zustimmen wollten.

Am Ende der mehrwöchigen Debatte konnte sich am Freitag die gemeinsame Kommission, in der sieben Senatoren und sieben Abgeordnete sitzen, allein schon aus Zeitgründen so knapp vor Toresschluss nicht auf eine gemeinsame Version einigen. Das stellt eine geteilte Niederlage für das Parlament und für die Regierung dar.

Beruhigend mag es sein, dass Frankreich auch das Jahr 2024 ohne verabschiedeten Staatshaushalt für 2025 beendet und danach zu Beginn des neuen Jahres einen Kompromiss für die Einnahmen und Ausgaben gefunden hatte. Wahrscheinlich also haben die Pessimisten, die vor einem Bankrott der Republik oder einem Weltuntergang warnen, ein weitere Mal Unrecht. Premierminister Sébastien Lecornu gibt sich jedenfalls noch nicht geschlagen. Am Montag will er erneut mit den Vertretern der Parteien diskutieren.

Lecornu hat in den vergangenen Wochen alle Hebel in Bewegung gesetzt, um mit den diversen Fraktionen der Opposition von links und rechts ins Gespräch über Zugeständnisse und Kompromisse zu kommen. Aber auch murrende Abgeordneten seines eigenen Lagers musste er mehrfach mit Entgegenkommen versöhnlich stimmen.

Ran an die Milliardäre

Das Angebot von Konzessionen wiederum hat dazu geführt, dass sich die Konservativen (Les Républicains) nicht mehr für eine allzu aufgeweichte Regierungsvorlage einsetzen wollten. Ihnen ging jede zusätzliche Steuerbelastung der Reichen und Unternehmen zu weit. Den linken Fraktionen dagegen meinen, die Regierung hole das für den Schuldenabbau notwendige Geld nicht dort, wo es haufenweise vorhanden sei: bei Frankreichs Milliardären.

Für die Übergangszeit und bis zur Annahme eines regulären Staatshaushalts muss die Regierung jetzt ein Sondergesetz (Loi spéciale) verabschieden. Dieses Gesetz macht es ihr grundsätzlich möglich, ab dem 1. Januar 2026 auch ohne Staatshaushalt weiterhin Steuern ein- und neue Kredite aufzunehmen, um so die Staatsgeschäfte am Laufen zu halten.

Die Krise ist damit nicht beendet, die Suche nach einer Lösung wird lediglich verschoben. Lecornu hat keine Mehrheit hinter sich. Dennoch hofft er, durch seine Dramatisierung der Lage in der Öffentlichkeit die zerstrittenen Fraktionen „im Interesse des Allgemeinwohls“ doch noch konziliant zu stimmen.

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